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Einkaufsfinanzierung

Spielräume schaffen

Mit Zahlungsziel einkaufen und die Lieferanten dennoch sofort mit Skonto bezahlen – wie geht das? Von Wolfgang Pfeifer

Viele mittelständische Betriebe können sich derzeit über eine gute Auftragslage freuen. Dieser positive Umstand führt aber auch zu neuen Herausforderungen: Weil die Kunden auf ihren Zahlungszielen bestehen und gleichzeitig die Aufträge oft über einen längeren Zeitraum vorfinanziert werden müssen, steigt der Liquiditätsbedarf. Neben den Planungs- und Personalkosten schlagen hierbei vor allem die Waren- und Materialeinkäufe zu Buche. All dies wird  meist über den internen Cash-Flow oder über die Kontokorrent-Linie der Hausbank vorfinanziert, deren Höhe aber in der Regel begrenzt ist. Überziehungen sind teuer oder müssen teilweise erst verhandelt werden und nicht selten will die Bank dafür neue Sicherheiten.

Viele Unternehmen sehen sich daher nach flexiblen und bankenunabhängigen Lösungen um. Auf der Debitorenseite stehen hierbei vor allem die Instrumente Factoring (Vorfinanzierung der Forderungen), Forfaitierung (Verkauf einzelner Forderungen im Exportgeschäft) und Absatzfinanzierung (Verkauf per Kredit) zur Verfügung. Auf der Kreditorenseite bieten sich die Instrumente Reverse-Factoring (Ankauf von Forderungen der Lieferanten) oder Einkaufsfinanzierung (auch Finetrading genannt) an.

Das Modell der Einkaufsfinanzierung basiert auf einem Dreiecksverhältnis zwischen dem mittelständischen Unternehmen, seinem Lieferanten und einem Wareneinkaufsfinanzierer. Dieser übernimmt den Einkauf der Ware und die sofortige Bezahlung, wobei er den vereinbarten Skonto ausnutzt. Der Finanzierer überlässt dem einkaufenden Unternehmen die Ware und gewährt dabei ein verlängertes Zahlungsziel von 30 bis zu 120 Tagen. Das Unternehmen muss die Ware also erst bezahlen, wenn sie verarbeitet und weiterverkauft bzw. endabgerechnet wurde und im Idealfall vom Kunden bereits bezahlt ist. Einen fixen Rückzahlungstermin gibt es nicht, d.h. der Betrieb ist flexibel und kann die Linie innerhalb der vereinbarten 120 Tage bereits dann ausgleichen, wenn der Zahlungseingang vorliegt.

Möglich ist das Finetrading in der Regel ab einem Einkaufswert von rund 50 000 Euro. Bis 250 000 Euro erfolgt ein vereinfachtes Prüfverfahren, bei dem eine Bilanz des Vorjahres und eine aktuelle Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) verlangt werden. Wie hoch das Gesamtvolumen ist, das über das gesamte Jahr hinweg mit der Einkaufslinie finanziert werden kann, hängt von der Länge der Zahlungsziele ab. Ein Beispiel: Besteht ein Einkaufsrahmen in Höhe von 250 000 Euro und nutzt das Unternehmen jeweils ein Zahlungsziel von 90 Tagen, so kann es diesen Rahmen vier Mal pro Jahr in Anspruch nehmen, sodass insgesamt ein Einkaufsvolumen in Höhe von einer Mio. Euro finanziert werden kann. Rückversichert sind die Rahmen der Einkaufsfinanzierer über den Kreditversicherungsmarkt. Zudem dient der Eigentumsvorbehalt als weitere Sicherheit.

Das Instrument der Einkaufsfinanzierung kann also zusätzliche Liquidität und Flexibilität sowie Einkaufsvorteile mit sich bringen. Was sich banal anhört, lässt in der Praxis viele Möglichkeiten zu: Neue Skonto-Regeln mit den Lieferanten vereinbaren, Mengen- und Preisvorteile oder Boni nutzen, Transportkosten sparen oder dann einkaufen, wenn die Waren saisonal günstig sind. Da der Einkaufsfinanzierer quasi als Lieferant von Liquidität auftritt, werden bilanztechnisch keine neuen Bankverbindlichkeiten erzeugt. Stattdessen erhöhen sich der unternehmerische Handlungsspielraum und die Unabhängigkeit von der Bank. Der Lieferant freut sich über den schnellen Geldeingang und über den Wegfall von Mahnkosten und Ausfallrisiken. Außerdem verkürzt er seine Bilanz und verbessert seine Rating-Kennzahlen.

Autor/in: Wolfgang Pfeifer, ist Geschäftsführer der Bavaria Finance & Credit GmbH Kreditversicherungsmakler in Nürnberg (www.bfc-gmbh.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2014, Seite 38

 
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