Telefon: +49 911 1335-1335

Adressbuchschwindel

Genau hinschauen!

Unseriöse Verlage wollen Unternehmen nutzlose Eintragungen in Adressbücher und Register unterjubeln. Wie schützt man sich?

Viele Unternehmen tappen jedes Jahr in die Falle: Sie bezahlen oft bis zu 1 000 Euro für Adressbucheintragungen, deren Nutzen zumindest zweifelhaft ist. Seit vielen Jahren müssen sich die Betriebe mit diesem ärgerlichen Massenphänomen herumschlagen, bei dem die Absender immer mehr oder weniger gleich vorgehen: Sie verlassen sich darauf, dass die Angeschriebenen nicht genau hinsehen und dann irrtümlich einen Vertrag unterschreiben oder einen unberechtigten Rechnungsbetrag überweisen.

Versandt werden in aller Regel Angebotsformulare, bei denen es um die Eintragung in Branchenverzeichnisse, Internet-Register oder Handels- und Gewerberegister geht. Der Leser soll dabei den Eindruck gewinnen, dass bereits ein erteilter Auftrag oder eine Geschäftsbeziehung besteht und nur die Richtigkeit der Angaben zu prüfen ist. Dieser Eindruck wird häufig noch dadurch verstärkt, dass die Schreiben als Rechnung bezeichnet werden oder Überweisungsformulare beigefügt sind. Oft findet sich erst im Kleingedruckten der Hinweis, dass es sich bei dem Schreiben nicht um einen verbindlichen Auftrag, sondern zunächst um ein Angebot handelt, das nicht angenommen werden muss.

Es kursieren auch immer wieder Schreiben, die den Eindruck erwecken, dass die Eintragung gesetzlich vorgeschrieben ist. Um sich einen offiziellen Anschein zu geben, benutzen die Absender oft behördliche Symbole (z.B. Bundesadler) oder Begriffe wie „Register“, „Zentrale“ oder „Verzeichnis“ in Verbindung mit Handel oder Gewerbe.

Verwechslung mit Handelsregister

Viele der angeschriebenen Unternehmen haben kurz zuvor eine Eintragung oder eine Veränderung im Handelsregister vorgenommen. Die dort vorgefundenen Adressen werten die Verlage aus und verwenden sie für den Versand ihrer dubiosen Angebote. Bei dem Empfänger entsteht dann oft der Eindruck, es handle sich um die Rechnung für diese Handelsregistereintragungen. Die Kosten für die Bekanntmachung von Eintragungen oder Veränderungen im Handelsregister werden jedoch ausschließlich von der jeweiligen Landesjustizkasse in Rechnung gestellt.

Eine nach wie vor beliebte Variante unseriöser Verlage besteht darin, Schreiben zu verschicken, die als sogenannte „Korrekturabzüge“ bezeichnet werden. Zumeist wird dem Unternehmen dabei ein Anzeigentext zugesendet, den dieses anderweitig schon einmal veröffentlicht hat. Der Leser bemerkt dabei oft nicht, dass er mit seiner Unterschrift einen neuen Anzeigenvertrag mit einem bislang unbekannten Unternehmen schließt.

Die Mitarbeiter sollten deshalb für dieses Thema sensibilisiert und dazu angehalten werden, Angebote und Rechnungen immer genau anzusehen und auf die genannten Verdachtsmomente zu achten. Sie sollten zudem klären, ob tatsächlich eine Anzeige in Auftrag gegeben wurde oder ob ein Eintrag in dem jeweiligen Adressverzeichnis überhaupt sinnvoll und gewollt ist.

Reaktion bei bereits erteiltem Auftrag

Unternehmen, die sich von einem Adressbuchverlag getäuscht fühlen, sollten bei einem ungewollt erteilten Auftrag versuchen, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten (gemäß § 123 Bürgerliches Gesetzbuch BGB). Über die Anfechtungserklärung hinaus sollte man den Vertrag vorsorglich auch noch kündigen. Damit verhindert man Folgerechnungen und -kosten, sollte man versehentlich einen Mehrfachauftrag oder eine automatische Vertragsverlängerung abgeschlossen haben.

Eine solche Anfechtung sollte zwingend schriftlich und per Einschreiben erfolgen. Auch wenn die Anfechtung vom Verlag nicht akzeptiert wurde, sollte man sich nicht von weiteren Mahnschreiben einschüchtern lassen. Unbedingt aktiv werden und Widerspruch einlegen muss man aber, wenn ein Mahnbescheid des Gerichts eintrifft. Erst nach Widerspruch kann in einem ordentlichen gerichtlichen Verfahren der Zahlungsanspruch geprüft werden. Dabei müsste dann bewiesen werden, ob die Forderung zu Recht besteht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 26. Juli 2012 (Aktenzeichen VII ZR 262/11) entschieden, dass kein kostenpflichtiger Vertrag zustande kommt, wenn die Kostenpflicht des Angebots verschleiert wird. Im konkreten Fall ging es um ein Antragsformular eines Internet-Branchenverzeichnisses: Dort war die Entgeltklausel so unauffällig eingefügt, dass sie vom potenziellen Vertragspartner kaum zu erkennen war. Die Kostenpflicht für einen Grundeintrag im Verzeichnis werde deshalb nicht Vertragsbestandteil, urteilte das Gericht.

Reaktion, wenn bereits gezahlt wurde

Wer in falschem Glauben einer Zahlungspflicht bereits gezahlt hat, sollte versuchen, die noch nicht ausgeführten Überweisungsaufträge bei der Bank zu stoppen. Ist dies nicht mehr möglich, empfiehlt es sich, den Verlag unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, den geleisteten Betrag zurückzuerstatten. Erfolgt keine Reaktion oder wird die Rückzahlung abgelehnt, bietet sich spätestens zu diesem Zeitpunkt die Einschaltung eines Rechtsanwalts an.

Die IHK unterstützt gerne bei allen Fragen rund um Adressbuch- und Registereintragungen und bei der Beurteilung von zugesandten Schreiben.

Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität

Die IHK-Organisation und der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW) kämpfen  seit Jahren gegen die dubiosen Praktiken der Verlage. Beschwerden, die bei den IHKs eingehen, werden mit Einverständnis der Unternehmen an den DSW zur weiteren Prüfung der Seriosität und der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit übergeben. Der Schutzverband leitet dann gegebenenfalls rechtliche Schritte ein.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2014, Seite 18

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick