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IHK-Kulturforum

Mit künstlerischer Leidenschaft zum Erfolg?

Herzblut war Programm - bei Puppenspiel, Musik und Talk im Nürnberger Theater „Salz + Pfeffer“.

Ist es eine philosophische Frage oder doch eine des reinen Profitrechnens? Die Diskussion beim IHK-Kulturforum im Theater Salz + Pfeffer am 10. April wogte schon eine Weile hin und her, als sich aus dem Publikum Andrea Maria Erl, Chefin des Nürnberger Kindertheaters Mummpitz, zu Wort meldete: „Künstlerischer Erfolg und wirtschaftlicher Erfolg, das sind zwei völlig unterschiedliche Kategorien. Man muss das auseinanderhalten.“ Sie sprach aus, was in einer regen und inspirierenden Diskussion mit der Frage begann, wie sehr künstlerische Leidenschaft als Erfolgsfaktor ins Gewicht fällt.

Ein bis zweimal im Jahr lädt die IHK mit ihrer Kulturstiftung zu einem programmatischen Forum ein, denn „Wirtschaft braucht Kultur und Kultur braucht Wirtschaft“, wie Diskussionsteilnehmer und IHK-Präsident Dirk von Vopelius vorausschickte. Vertreter beider Sparten treffen sich, tauschen sich aus, es gibt ein feines Kulturprogramm und eben die Diskussion auf der Bühne.

Zur Einstimmung hatte Puppen-Schauspieler Marcus Zollfrank Goethes „Zauberlehrling“ gegeben, eine Neuproduktion von Salz + Pfeffer. Das Publikum war also durch Goethe selbst vorbereitet und gewarnt, was einem blühen könnte, wenn sich neues Denken und Kunst Bahn brechen: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los.“ Als Zaubermeisterin war Stefanie Söhnchen engagiert, eine junge Social-Media-Expertin (in Nürnberg zuletzt bei der „Web Week“ im Einsatz). Sie arbeitet im Hauptberuf in Stuttgart bei einem Tochterunternehmen der Daimler AG, das sich mit Visionen der Mobilität beschäftigt und war als Moderatorin eine Bereicherung und eine geschickte Dirigentin des Gesprächsflusses. Hausherrin Wally Schmidt, Gisela Hoffmann (Gostner Hoftheater), Jürgen Enninger (Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft Bayern) und Dirk von Vopelius gaben Antworten auf die Fragen, wann Kunst erfolgreich ist und was für Künstler Erfolg bedeutet. Von Vopelius Anleihe bei Kurt Tucholsky („Kunst ist dann erfolgreich, wenn sie Gänsehaut verursacht“) zielte auf den emotionalen Gewinn ab. Doch Gisela Hoffmann war gekommen, eine Lanze für die bedrohte Theaterkultur zu brechen: Denn immer weniger (junge) Schauspieler finden „eine Festanstellung oder freie Engagements, die sie ernähren. Der ökonomische Druck ist enorm“. Und sie muss selbst diabolische Antworten finden: Soll sie also als Verantwortliche mehr Klamauk im „Gostner“ anbieten, um so durch ausverkaufte Vorführungen höhere Gagen zahlen zu können?

Jürgen Enningers Beruf findet an der Schnittstelle von Wirtschaft und Kunstgenuss statt. Sein Rat: „Freiberufler müssen auch mal ‚Nein’ sagen. Dem Markt mitteilen, wann ein Angebot inakzeptabel ist.“ Natürlich – als fest angestellter Kulturfunktionär ist das leicht gesagt. Doch auch Wally Schmidt, die Darstellerin, Regisseurin und Managerin im eigenen Haus ist, plädiert für wirtschaftliche Grundvernunft. Ihre Sicht ist leidenschaftlich aus Überzeugung, nüchtern aus Verstandeskraft: „Man tut gut daran, Herz-Jobs und Brot-Jobs mit klugem Menschenverstand zu mischen“, war ihr Rat an alle Künstler. Denn eines sei klar, wie das Wasser fürs Zauberlehrlingsbad: „Niemand will ja letztlich untergehen.“ Und Wally Schmidt macht Mut mit der Leidenschaft, die durch das Wechselbad der Lebenserfahrung ging: „Warum hat man Angst vor Niederlagen? Was ist schon dabei, wenn man mal was nicht schafft? Kinder fallen tausend Mal, bevor sie laufen können.“ So findet auch Dirk von Vopelius‘ Ansicht neues Gehör. Auch er betritt beide Welten, als Unternehmer und als passionierter Kunstfreund: „Die Kriterien für Erfolg sind für alle gleich: Leidenschaft, Fleiß und Glück.“ Und jeder kenne die Möglichkeit, dem Glück einen Landeplatz zu bereiten: „Der Zufall trifft nur den vorbereiteten Geist“ (Louis Pasteur).

Auch an einem anderen Ende des Gesprächsfadens herrschte schließlich Einvernehmen: „Die Kunst ist da, um Freude zu schaffen“. Hier treffen sich Tucholsky, Gostner-Chefin Hoffmann und auch Wally Schmidt. Wie wunderbar, dass Letztere an diesem Abend auch noch eine neue Kostprobe ihrer Leidenschaft für Experimente zum Besten gibt: „Flame“ heißt das multimediale Bühnenstück, bestehend aus moderner Klassik (Wolfgang Auer an der Querflöte) und Wallys kreativer Pyrotechnik, die per Videokamera aufgenommen und wie eine inszenierte Zündelei live und vergrößert als Film zu sehen ist. Tucholsky behält schon wieder recht, so Schönes erzeugt „Gänsehaut und Glücksgefühl“.

Autor/in: 

Peter Budig

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2014, Seite 66

 
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