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Unternehmenskommunikation

Ganz großes Kino

Filme sind ein machtvolles Kommunikationsmittel, mit dem sich Unternehmen heute kostengünstig darstellen oder für ihre Produkte werben können. Von Peter Ponnath; Illustration: Anton Atzenhofer

„Broadcast Yourself“: Mit diesem Slogan ging im Jahr 2006 die Videoplattform YouTube an den Start und läutete eine Revolution ein, die bis heute andauert: Unternehmen können sich und ihre Produkte nun selbst in bewegten Bildern darstellen und sind nicht länger auf teure Schaltzeiten bei TV-Anstalten oder auf das Wohlwollen von Redakteuren angewiesen. Dennoch wird das Medium Film von Unternehmen immer noch wenig genutzt, wenngleich es neben YouTube heute weltweit rund 60 weitere Videoplattformen gibt.

Mehrere Gründe sprechen dafür, auch in der Unternehmenskommunikation verstärkt auf das Medium Film zu setzen:

  • Film spricht vor allem unser wichtigstes Organ an, die Augen. Forscher der neuen Fachdisziplin „Neuromarketing“ haben herausgefunden, dass wir über 90 Prozent unserer Informationen mit den Augen aufnehmen. Das sind über zehn Mio. Megabit von insgesamt elf Mio. Megabit, die das menschliche Gehirn je Sekunde verarbeiten kann. Nur 0,1 Megabit kommen von den Ohren und nur ganze 50 Bit, also 0,000005 Megabit, liefert die gesprochene Sprache.
  • Von keinem Medium wird das Grundbedürfnis „Inter-esse“ (lateinisch: dabei sein) besser befriedigt – also der Wunsch, etwas unmittelbar selbst mitzuerleben.
  • Film erzählt eine Story emotional – durch die Art der Bilder, die Schnittfolge, Musik und Geräusche. Wenn alle Faktoren stimmen, sickern die gesehenen Botschaften ins Langzeitgedächtnis und bleiben dort samt der Emotionen fest verankert. Die Erkenntnis ist nicht neu, sondern wurde schon in den 1990er Jahren von dem Gehirnforscher und Nobelpreisträger Eric Kandel so formuliert.
  • Die Verbreitung der Filme ist heute im Gegensatz zu Papier dank des Breitband-Internets kostenlos. Einmal erstellt, kann Film jederzeit auf Videoplattformen hochgeladen, auf die eigene Website gestellt oder als Anhang in Form eines Download-Links mit jeder E-Mail verschickt werden. Internet-Fernsehen, das sich in den 1990er Jahren nur Großkonzerne leisten konnten, ist heute so auch für kleine Mittelständler möglich.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum Filme in der Marketing- und Unternehmenskommunikation eingesetzt werden sollten: Sie fallen bei der Google-Suche möglichen Kunden besonders ins Auge – besser, als dies bei einem einfachen Texteintrag der Fall ist. Die Video-Vorschaubilder machen neugierig und motivieren dazu, sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Deshalb wird Content-Marketing (Bestreben, mit relevanten Informationen die Interessenten anzusprechen) bei zahlreichen Unternehmen bereits zu einem beträchtlichen Teil mit Videos betrieben. Treffende Titel und Schlagworte sorgen dafür, dass sie von den Nutzern auch über Suchmaschinen gefunden werden.

Edeka („Supergeil“) und Sixt („Ein bisschen Sparn muss sein“) haben mit geschicktem Content-Marketing gerade sensationelle Erfolge gefeiert. Der Videoclip von Sixt mit Roberto Blanco hatte fünf Tage nach Veröffentlichung am 14. August 2014 bereits 466 000 Views (erreichte Zuschauer) alleine auf dem firmeneigenen YouTube-Kanal. Und das ohne jegliche Schaltkosten – lediglich die Produktion des Films musste gestemmt werden. Solche große Mengen an Views kommen natürlich nur bei Videos zustande, die sich an die breite Masse richten und außerdem besonders lustig oder auffällig sind. Für Unternehmen zählt jedoch eher die Qualität der Kommunikation für eine bestimmte Zielgruppe.

Wenn diese Zielgruppe etwa Kardiologen und Herzchirurgen sind, die etwas zum Thema „Ersetzen der Herz-Aorta“ wissen wollen, kann es durchaus sein, dass der Anbieter dieses Videos mit 1 500 Views rund 90 Prozent der Chirurgen weltweit erreicht, die diese spezielle Behandlungsmethode anbieten. Werbestrategen in den großen Medizin-Konzernen wissen das und setzen intensiv auf dieses preiswerte Instrument des Content-Marketings.

Besonders erfolgreich sind Videos im Internet immer dann, wenn sie im Rahmen einer geplanten Kampagne strategisch eingesetzt werden. Sinnvoll ist es, immer auch andere Medien mit einzubeziehen und zum Beispiel über die Fachpresse auf eine Kampagne aufmerksam zu machen. Dann kann Video im Internet so erfolgreich sein, wie dies bei Classeq der Fall war, einem Hersteller von industriellen Spülmaschinen: 20 Prozent mehr Umsatz im ersten Quartal nach Start der Video-Kampagne im Web.

Viele Einsatzgebiete

Dennoch machen Filmproduzenten in der Praxis immer noch die Erfahrung, dass ein überwiegender Teil der mittelständischen Unternehmen Filme für überflüssig hält und damit Chancen verschenkt. Dabei kann das Filmmaterial – über den Einsatz auf Videoportalen im Internet hinaus – vielfach und durch Zusammenschnitte in vielen Varianten genutzt werden. Einige Beispiele:

  • Betriebe können die Filme per Link an Kunden, Mitarbeiter oder Servicetechniker übermitteln und diese damit über neue Produkte oder Entwicklungen informieren.
  • Den Endkunden kann mit Filmen Hilfestellung gegeben werden, wie ein Gerät oder eine Software zu bedienen ist.
  • Ein Filmportrait des Unternehmens kann bei Firmenempfängen und anderen Veranstaltungen gezeigt werden. Es eignet sich außerdem für den Besucherbereich des Firmenfoyers.
  • Potenzielle Messegäste kann man durch eine Mail-Einladung, die einen Video-Link enthält, neugierig machen und zu einem Besuch am Messestand motivieren. Auf der Messe selbst können Produktfilme auf großen Bildschirmen laufen und somit als Blickfang für den Messestand dienen.
  • Filme eignen sich auch als Instrument des Personal-Marketings, um Mitarbeiter für sich zu gewinnen (z.B. Image-Film im Web oder als Information bei Kontaktgesprächen mit Bewerbern).
  • Journalisten von TV-Anstalten schätzen Film als Rohmaterial für eigene Filmbeiträge.
  • Sinnvoll ist der Aufbau eines Video-Archivs, aus dem man sich bei Jubiläen, Betriebsfeiern und Präsentationen bedienen kann.
  • Videogestützte Lernprogramme (Stichwort E-Learning) ersetzen die viel teureren Mitarbeiterschulungen in Seminarzentren samt Reisekosten und Unterbringung.

Nicht gespart werden sollte an der Qualität der Filmproduktion, sonst kann sich der gewünschte Image-Effekt schnell ins Gegenteil verkehren. Nur Filme, die hochwertig fotografiert und gut ausgeleuchtet sind oder auch ungewöhnliche Perspektiven enthalten, vermitteln Stimmungen und erzeugen ein positives „Feeling“. Nur dann setzen sie sich im Gedächtnis des Zuschauers fest. Beim Film gilt naturgemäß das Gleiche wie für jede Form der Selbstdarstellung: Der „Look“ (Bildstil) bestimmt, wie hochwertig der Betrachter ein Unternehmen und dessen Produkte empfindet. Kurzum: Sie müssen sprichwörtlich ins rechte Licht gesetzt werden.

Eine Geschichte erzählen

Gute Filme sollten immer auch eine Geschichte erzählen, sie sorgen für „Inter-esse“ – vermitteln also dem Zuschauer das Gefühl, dabei zu sein. Aristoteles, der große Philosoph, hat schon vor knapp 3 000 Jahren die Regeln erforscht, die eine Geschichte erfolgreich machen, und diese als „Heldenreise“ beschrieben: Jemand unternimmt eine aufopfernde „Reise“ oder Anstrengung, um der Gemeinschaft einen Dienst zu erweisen.

Bei einem Werbe- oder Imagefilm kann der „Held“ auch ein Unternehmen oder ein Produkt sein, das einen Dienst an der Gemeinschaft vollbringt und auf nachvollziehbare Weise nützlich ist. Gute Kommunikatoren wissen das und packen ihre Inhalte in ein Erzählschema und in stimmungsvolle Bilder. Sie erzählen Geschichten, die in Erstaunen versetzen und die man anderen weiter erzählen kann.

Autor/in: 

Peter Ponnath

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 arbeitete als Autor und Regisseur für öffentlich-rechtliche Fernsehsender. Heute ist er Geschäftsführer der Telefilm Medienprojekte in Fürth, die Filme für TV-Anstalten, Unternehmen und Behörden produziert (www.telefilm.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2014, Seite 30

 
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