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Business-to-Business

Was wollen die Firmenkunden?

Die Kommunikation zwischen Unternehmen folgt anderen Gesetzen als die Ansprache der Endkunden. Was sind die Unterschiede? Von Bernhard Pluskwik

Technisch komplexe und erklärungsbedürftige Produkte an den Mann zu bringen: Das ist die Herausforderung im Business-to-Business (B2B). Bei Geschäften zwischen Unternehmen greifen die Mechanismen der Konsumgüterwerbung und der Kommunikation mit den Verbrauchern (B2C) nur bedingt. So zielt B2C meist auf individuelle und impulsive Kaufentscheidungen ab, bei denen der Wert des Produktes für das eigene Ich oder das persönliche Umfeld im Vordergrund steht. Der B2B-Kaufprozess ist dagegen deutlich vielschichtiger: Hier entscheidet meist eine ganze Gruppe von Beteiligten – das „Buying Center“, das beispielsweise aus Geschäftsführung, Einkauf sowie kaufmännischer und technischer Leitung besteht.

Deren Entscheidung geht meist ein mehrstufiger Prozess von der Bedarfsfeststellung über die Budgetfreigabe bis zur Ausschreibung und Erteilung des Zuschlags voraus – ein zeitintensiver Vorgang, der dem Verkäufer auch in der Kommunikation Stehvermögen abverlangt. Ein weiterer Unterschied: B2B-Produkte gehen nicht in millionenfacher Ausführung über den Ladentisch. Während deshalb im B2C Absatzmittler wie der Einzelhandel eine wichtige Rolle spielen, sind viele B2B-Prozesse von langjährigen persönlichen Beziehungen zwischen Verkäufer und Kunde geprägt.

Maßgeschneiderte Botschaften

Der Anbieter muss während des langen Informations- und Verhandlungsprozesses besonders punktgenau auf die individuellen Interessenlagen von Entscheidern, Anwendern und Meinungsführern im Kundenunternehmen eingehen. Deshalb müssen wie auch im B2C vor einer Kampagne für ein neues Produkt klare Botschaften erarbeitet werden, die die Kaufgründe und den Nutzen für jede Zielgruppe deutlich machen. Dieser Baukasten dient allen Beteiligten, die Kontakt mit den Kunden haben, als Grundlage für die Kommunikation. Auf diese Weise wird stets eine durchgängige und einheitliche Botschaft vermittelt. Alle sprechen mit einer Stimme – vom Geschäftsführer über die Marketing-Abteilung und die Pressestelle bis zu Vertrieb, Call-Center und Service.

Den Kunden auf der Reise begleiten

Diese Konsistenz ist umso wichtiger, als sich in den letzten Jahren die Kontaktpunkte eines Interessenten mit dem werbetreibenden Unternehmen (sogenannte Touchpoints) vervielfacht haben. Auf der „Reise“ des Kunden vom ersten Kontakt zum Kauf können zahlreiche unterschiedliche Stationen liegen: Er meldet sich zu einem Webinar des Unternehmens an. Er bekommt einen interessanten Link über ein Produkt zugeschickt. Er stößt bei seiner Recherche auf einen Blog, der das Produkt mit Angeboten der Wettbewerber vergleicht. Er besucht ein Fachsymposium und vieles mehr.

Rund 60 Prozent dieser Kontakte – so eine Gartner-Studie – durchläuft ein Interessent aus eigenem Anstoß, bevor es zum ersten Kontakt mit der Vertriebsabteilung kommt. Trotzdem hat das Unternehmen viele Möglichkeiten, die Kundenreise gezielt zu begleiten. Je früher und genauer es den potenziellen Käufer kennenlernt, desto zielgerichteter lassen sich Inhalte bereitstellen, die einem Interessenten wichtig sind. Dabei helfen heute u.a. digitale Systeme, die den einzelnen Kunden automatisiert die passenden Informationen zuleiten. Die B2B-Kommunikation läuft heute zu einem beträchtlichen Teil digital ab, die Entscheider in den Unternehmen informieren sich laut Gartner Group zu zwei Dritteln zuallererst über das Internet. Dort erwarten sie auf Grund der meist hohen Investitionen tiefergehende Informationen, als dies bei Endkunden der Fall ist.

Gleichzeitig – und dies ist kein Widerspruch – wird B2B-Kommunikation „konsumiger“. Denn jeder Entscheider ist im privaten Leben auch Endkunde und hat sich dort an komfortable, oft auch spektakuläre Möglichkeiten der Interaktion mit Unternehmen gewöhnt. Dafür steht etwa der Trend der „Gamification“, also zur Einbeziehung von Videospielen in das Marketing (z.B. sogenannte Serious Games: lehrreiche Spiele, die komplexe Produkte erklären und erlebbar machen).

In einem anderen Punkt unterscheidet sich die B2B-Kommunikation jedoch grundlegend von B2C, und zwar hinsichtlich der persönlichen Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer. Zwar haben sich für Routinebeschaffungen „anonyme“ Formate wie Ausschreibungs- oder Bieterplattformen etabliert. Je komplexer aber das Investitionsvorhaben ist, desto entscheidender wird das Vertrauen in den Anbieter und in dessen Lösungskompetenz, Produktqualität, Servicenetz und finanzielle Stabilität. Ein Vertriebsmitarbeiter, der seine A-Kunden jede Woche sieht, ist in diesem Prozess eine Schlüsselfigur – und muss in der internen Kommunikation entsprechend behandelt werden. Er muss kontinuierlich mit allen wichtigen betrieblichen Informationen versorgt und in vertriebsunterstützende Maßnahmen eingebunden werden.

Aktive Rolle der Geschäftsführung

Eine Schlüsselrolle bei der B2B-Kommunikation kommt dem Top-Management zu: Ein paar vom Blatt abgelesene Zahlen und eine Standardpräsentation reichen definitiv nicht mehr aus. Stattdessen vermittelt ein starker Auftritt des Vorstandes oder Geschäftsführers auf Kundenveranstaltungen Präsenz und Wertschätzung. Auch bei anderen Anlässen ist die Kommunikationsstärke der Vorstände und Geschäftsführer ein wesentlicher Faktor, um Kunden für sich zu gewinnen.

Autor/in: Bernhard Pluskwik, ist Geschäftsführer der Agentur Gernbotschaft Gesellschaft für Kommunikation GmbH, Fürth (pluskwik@gernbotschaft.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2014, Seite 48

 
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