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Ressourcen

Das wird knapp!

Bei vielen Rohstoffen steigen oder schwanken die Preise stark. Deshalb wird intensiv an alternativen Materialien geforscht.

Jedes zweite bayerische Unternehmen klagt über steigende Rohstoffpreise. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage, die vor Kurzem im „Rohstoffreport Bayern 2015“ des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) veröffentlicht wurde. Im Fokus standen dabei mineralische, nicht-energetische Rohstoffe: Basismetalle, Stahlveredler, Edelmetalle, Hochtechnologiemetalle, Seltene Erden, Industrieminerale sowie Steine und Erden.

Laut BIHK-Studie sind die im Freistaat mit Abstand am häufigsten verwendeten Rohstoffe und rohstoffintensiven Vorprodukte Basismetalle (Eisen, Aluminium, Kupfer, Blei, Zinn, Zink), gefolgt von Steinen und Erden. In diesen beiden Kategorien sowie bei den Stahlveredlern (Chrom, Cobalt, Mangan, Molybdän, Nickel, Vanadium, Wolfram, Niob) sieht sich sogar jedes dritte Unternehmen mit steigenden Preisen konfrontiert. 

Der kleine Ausschnitt der Umfrageergebnisse unterstreicht die Brisanz der Rohstoffversorgung für die Industrie. Dieses Thema hat der Geschäftsbereich Innovation | Umwelt der IHK Nürnberg für Mittelfranken in seiner Veranstaltungsreihe „Produzieren für morgen“ aufgegriffen: „Rohstoffversorgung durch innovative Recyclingmethoden und intelligente Materialsubstitution sichern“ war der Titel des IHK-Fachforums, zu dem Wissenschaftler und Praktiker eingeladen waren.

Die dicht besetzten Stuhlreihen bei dieser Veranstaltung zeigten das große Interesse am Thema. Aber nach wie vor gehen einige Unternehmen eher lässig mit dem Rohstoff-Risikomanagement um und haben Informationslücken über den eigenen Ressourcenbedarf. Dies offenbarte eine Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): Zum Beispiel wusste ein Viertel der befragten Industrieunternehmen nicht, ob die verwendeten Produkte und Vorprodukte Seltene Erden enthalten. Dr.-Ing. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation | Umwelt, appellierte an Unternehmen, sich intensiv mit ihren Wertschöpfungsprozessen und den dafür benötigten Ressourcen zu befassen: „Prozess- und Materialkenntnis ist ein Muss, um Strategien für eine sichere Rohstoffversorgung zu entwickeln.“

Eine Informationsquelle ist die Deutsche Rohstoffagentur (Dera), die auf ihrer Internet-Seite (www.deutsche-rohstoffagentur.de) sowie in diversen Broschüren Analysen der globalen Rohstoffmärkte und der Versorgungsrisiken für einzelne Rohstoffe bietet. Wie Dr. Martin Schmitz von der Dera klarstellte, hängt die Verfügbarkeit von Ressourcen von vielen Faktoren ab, etwa Preisentwicklung, Infrastruktur für den Abbau und Kapazitäten für die Aufbereitung (technische Verfügbarkeit) sowie Handelshemmnisse in Gestalt von Zöllen und Quoten. Auch geostrategische Aspekte spielen eine wichtige Rolle, Stichwort Länderkonzentration. Beispielsweise entfallen bei den Seltenen Erden derzeit 95 Prozent der globalen Raffinadeproduktion auf China; aus dem Kongo stammen über 90 Prozent der Ausfuhren von Kobaltkonzentrat. Die geologische Verfügbarkeit – also die Menge der vorhandenen Reserven – sei dagegen kein „Nadelöhr“ der Rohstoffversorgung, erklärte Martin Schmitz. Weitaus stärker litten die Unternehmen unter der sprunghaften Preisentwicklung.

Index für Industriemetalle 

Diese Volatilität verdeutlicht der Industriemetallpreis-Index des IW, der die Preisentwicklung von Kupfer, Aluminium, Eisenerz und Gold als Berg- und Talfahrt abbildet; diese Rohstoffe sind entsprechend ihres Anteils an den deutschen Importen gewichtet. Der Index beginnt 1999 mit dem Wert 100, bis 2008 kletterte die Preiskurve auf 350 und stürzte durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zum Jahreswechsel auf 180 ab. Die wiederanziehende Konjunktur ließ den Index bis 2011 auf den Höchststand von 450 schnellen. Im Mai 2015 lag der Indexwert bei 350.

Der Anstieg des Preisniveaus und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten haben die Motivation erhöht, beim Recycling neue Wege zu beschreiten. Massenrohstoffe wie Papier, Altglas oder Eisenschrott werden bereits bis zu 90 Prozent wiederverwertet; dagegen bewegen sich die Recyclingquoten der meisten kritischen Rohstoffe im einstelligen Bereich, wie Stephanie Kroop auf dem IHK-Fachforum berichtete. Die Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik („Umsicht“) in Sulzbach-Rosenberg stellte Ansätze vor, um beispielsweise seltene Metalle oder Edelmetalle durch großtechnische Recyclingtechnologien zu gewinnen. Dazu zählen zwei Vorhaben im Rahmen der Fördermaßnahme „r4 – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz“. Um die dezentrale Verwertung von „Elektroschrott“ zu verbessern, arbeitet das Institut an einer Pilotanlage zum erweiterten Recycling von Elektronik-Altgeräten. Dabei soll das im Pyrolyseprozess verwendete Öl bzw. Gas energetisch genutzt werden; aus den Rückständen der Pyrolyse lassen sich die Metalle Gallium, Germanium, Neodym und Tantal zurückgewinnen. Das zweite Projekt ist die Planung einer Demontagefabrik, in der E-Schrott aufbereitet werden soll.

Neben dem Recycling ist die Substitution kritischer Rohstoffe eine Option, um Ressourcenknappheit zu lindern. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Erforschung neuer Werkstoffe und Herstellungsverfahren, mit der sich die Neue Materialien Fürth GmbH (NMF) befasst, eine Landesforschungseinrichtung des Freistaats Bayern. Auf dem IHK-Fachforum präsentierte Dr.-Ing. Andreas Lohmüller, Projektleiter Gießtechnik bei der NMF, wie neue Gießtechnologien die Ressourceneffizienz erhöhen. Im Fokus stand dabei die Herstellung von Bauteilen durch Magnesium-Spritzgießen. Dieses Verfahren verspricht im Vergleich zum konventionellen Druckgießen etliche Vorteile, beispielsweise eine geringere Porosität und engere Toleranzen, was wiederum weniger Ausschuss und Nacharbeit bedeutet. Hinzu kommt ein geringerer Energieverbrauch. Lohmüller erwartet, dass der Werkstoff Magnesium demnächst „richtig durchstartet“.

Eine ähnliche Erwartung hat Oliver Kipf, Geschäftsführer der CG Tec GmbH in Spalt, für Basaltfasern, die im Maschinenbau, in der Messtechnik sowie in der Automobil- und Luftfahrtindustrie eingesetzt werden können. „Wir suchen und erproben Möglichkeiten, die Eigenschaften dieses Materials auszunutzen“, erklärte Kipf. Basaltfasern werden aus Basaltgestein gewonnen, von dem es große Vorkommen gibt. Das Material kann mit Zugfestigkeit, geringem Gewicht bei hoher Steifigkeit und Rostfreiheit punkten – Eigenschaften, die künftig die Substitution von  Bauteilen aus Metall möglich machen könnten. Kipf lobte auf der IHK-Veranstaltung auch das „interessante Preis-Leistungs-Verhältnis“ der Basaltfasern. Während ein Kilogramm Fasermaterial aus Carbon mit 21 Euro zu Buche schlägt, kostet dieselbe Menge Basaltfaser nur 3,50 Euro. Um deren Einsatzfelder auszuweiten, ist das in Spalt ansässige Technologieunternehmen in mehrere Projekte der bundesweiten Initiative „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ eingebunden.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2015, Seite 40

 
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