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Energiemarkt

Für ein stabiles Netz

Unternehmen mit eigenen Energieanlagen können zur Stabilität des Stromnetzes beitragen, indem sie den Netzbetreibern Regelleistung zur Verfügung stellen.

Der Stresstest für das deutsche Stromnetz fand am 20. März statt, als sich der Mond über die Sonnenscheibe schob. Die partielle Sonnenfinsternis ließ die Photovoltaik-Leistung in Deutschland um 15 Gigawatt einbrechen. Schon Monate vorher wurde spekuliert, ob das temporäre Aus für den Sonnenstrom zu Versorgungsengpässen oder gar zum Blackout führen würde. Aber die vier Übertragungsnetzbetreiber (TenneT, TransnetBW, Amprion und 50Hertz) waren gewappnet und hatten für diesen Tag große Mengen an Regelleistung geordert. Deren Bereitstellung hat sich – nicht nur bei diesem seltenen Naturschauspiel – zu einem lukrativen Markt entwickelt. Hier können auch Unternehmen profitieren und aus ihrem Notstromaggregat oder Blockheizkraftwerk (BHKW) Kapital schlagen, wenn sie sich in virtuelle Kraftwerke integrieren lassen.

Dieses Geschäftsmodell bietet auch die N-Ergie Aktiengesellschaft seit 2013 an. Entstanden ist es in einer Stromerzeugerlandschaft, deren Spielregeln sich durch die Energiewende gründlich verändert haben. Damit bei den Verbrauchern in Privathaushalten und Betrieben nicht die Lichter ausgehen, müssen Stromeinspeisung und Stromentnahme stets im Gleichgewicht gehalten werden. Weil das Stromnetz selbst keine Energie speichern kann, erfolgt der Ausgleich zwischen Stromangebot und Stromnachfrage über die Frequenz der Wechselspannung, die bei 50 Hertz gehalten werden muss.

Der zunehmende Anteil der erneuerbaren Energien – ihr Anteil an der deutschen Bruttostromerzeugung lag 2014 bei knapp 26 Prozent – macht den Balanceakt zwischen Stromerzeugung (Leistung) und Stromnachfrage (Last) zu einer besonderen Herausforderung, weil die Einspeisung von dezentralen regenerativen Erzeugungsanlagen nur begrenzt regelbar ist: Sonne und Wind lassen sich nicht einfach zu- oder wegschalten. Wenn etwa bei Dunkelheit und Windflaute die Stromquellen Photovoltaik- und Windenergieanlagen versiegen, droht das Gleichgewicht im Stromnetz zu kippen. Dann müssen zusätzliche Erzeugungsanlagen zu- oder Lasten abgeschaltet werden, um die Netzstabilität zu sichern.

Drei Qualitäten der Regelenergie

Mithilfe der Regelleistung federn die Übertragungsnetzbetreiber solche Schwankungen ab. Positive Regelleistung gleicht eine plötzlich erhöhte Nachfrage aus, indem Strom schnell ins Netz eingespeist wird. Umgekehrt neutralisiert die negative Regelleistung eine plötzlich sinkende Stromnachfrage, indem Strom aus dem Netz genommen wird. Unterschieden werden drei Qualitäten der Regelenergie: Primärregelleistung muss innerhalb von 30 Sekunden für bis zu 15 Minuten zur Verfügung stehen; Sekundärregelleistung muss binnen fünf Minuten abrufbar sein, sogenannte Minutenreserveleistung nach 15 Minuten.

In allen drei Segmenten beschaffen sich die Übertragungsnetzbetreiber die Regelenergie über Ausschreibungen, an denen Stromerzeuger und größere Stromverbraucher teilnehmen können. Voraussetzung ist allerdings, dass sie mindestens ein Megawatt Primärregelleistung bzw. fünf Megawatt Sekundärregelleistung anbieten. An diesen Schwellenwerten scheitern Betreiber kleinerer, dezentraler Erzeugungsanlagen – zumindest, wenn sie die Leistung im Alleingang anbieten wollen. Aber sie können durch die Einbindung ihrer Anlagen in virtuelle Kraftwerke im Regelleistungsmarkt mitspielen.

Durch eine intelligente Vernetzung werden dabei viele kleine Anlagen zusammengefasst und vermarktet. Als sogenannter Aggregator übernimmt die N-Ergie im virtuellen Kraftwerk die Integration der dezentralen Einheiten sowie die Steuerung und Überwachung. Die Platzierung des Anlagenpools am Markt gehört ebenfalls zur Aufgabe des Aggregators, der sich außerdem um den Aufbau und die Installation der Kommunikations- und Steuerungstechnik kümmert.

Speziell an die Geschäftskunden der N-Ergie richtet sich das Angebot, über die Integration ins virtuelle Kraftwerk an der Vermarktung der Regelleistung teilzunehmen. „Wir haben viel Informationsarbeit geleistet. Die Resonanz auf dieses Angebot ist inzwischen sehr positiv“, erklärt René Lukas, Leiter der Einheit Flexibilitätsmärkte. Das Energieversorgungsunternehmen hat sich vorgenommen, der führende Aggregator in Nordbayern zu werden.

Als Mitglieder im Sekundärregelleistungs-Pool der N-Ergie kommen Betreiber einer steuerbaren, flexibel einsetzbaren Stromerzeugungsanlage infrage. Dazu gehören Notstromaggregate, Blockheizkraftwerke oder Biogasanlagen. Der Schwellenwert für die Mindestangebotsgröße liegt bei 200 Kilowatt.

Bedenken von Unternehmen, dass die Teilnahme am Regelenergiemarkt den Verschleiß ihrer Anlagen beschleunigt, zerstreut René Lukas: Die Hauptquelle der Erlöse ist der Leistungspreis, eine Art Gebühr für den Stand-by-Modus. Das heißt, die Erlöse fließen bereits durch das Vorhalten der Leistung – unabhängig von einem tatsächlichen Abruf. Durch die Höhe des im Gebot genannten Arbeitspreises kann der Anbieter die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, ob „seine“ Regelleistung auch tatsächlich abgerufen wird. 

Wie hoch die Zusatzerlöse ausfallen, schwankt je nach aktuellem Marktpreis, der Flexibilität der Anlage und dem Umfang der vorgehaltenen Regelleistung. Als „Hausnummer“ rechnet René Lukas damit, dass sich je Megawatt flexibler Leistung mit einem Notstromaggregat pro Jahr ein Erlös von etwa 30 000 Euro erzielen lässt: „Nach einem ersten Gespräch erstellen wir gerne unverbindlich eine individuelle Kalkulation als Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen.“

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2015, Seite 44

 
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