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Energiekosten

Hohes Sparpotenzial

Illu_WiM_2015_07 © Anton Atzenhofer

Energieintensive Betriebe können von zahlreichen Begünstigungen profitieren. Doch die Antragsverfahren sind oft kompliziert. Von Christian Marthol und Lukas Kostrach; Illustration: Anton Atzenhofer

Die Energiekosten sind für die Unternehmen zu einem Faktor geworden, der zunehmend schwer zu kalkulieren ist. Dies liegt auch an der Energiewende mit ihren komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein Beispiel sind die Privilegierungen für bestimmte Branchen, mit denen die Auswirkungen der Energiewende auf energieintensive Unternehmen abgefedert werden sollen. Diese Ausnahmeregelungen sind oft so kompliziert, dass sie von vielen Betrieben nicht rechtzeitig erkannt und umgesetzt werden. Die optimale Ausnutzung der rechtlichen Rahmenbedingungen oder auch der Aufbau einer Eigenversorgung können jedoch einen wertvollen Beitrag zur Senkung der betrieblichen Kosten leisten. Folgende Instrumente kommen hierfür in Betracht:

Entlastung von stromintensiven Betrieben: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2014 (EEG 2014) sieht eine Umlage auf den Strompreis vor, mit der der Ausbau der regenerativen Energien vorangetrieben werden soll (sogenannte EEG-Umlage). Derzeit bezahlen Unternehmen für jede bezogene Kilowattstunde (kWh) Strom eine Umlage von 6,17 Cent. Stromintensive Unternehmen werden jedoch durch die „Besondere Ausgleichsregelung“ des EEG entlastet: Sie bezahlen nur eine verminderte EEG-Umlage von 15 Prozent, mindestens jedoch 0,1 Cent pro Kilowattstunde. Allerdings wird die erste Gigawattstunde (GWh) mit der vollen EEG-Umlage belastet.

Eine für dieses Jahr geplante Novelle soll den Kreis der antragsberechtigten Unternehmen wieder ausweiten: Privilegiert werden sollen künftig insbesondere Hersteller von Schmiedeteilen oder Betriebe der Oberflächenbehandlung. Es empfiehlt sich, das Gesetzgebungsverfahren zu verfolgen, um rechtzeitig handeln zu können.

Unternehmen, die von der verminderten EEG-Umlage profitieren wollen, müssen ihre Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellen. Informationen hierzu sind unter www.bafa.de (Rubrik „Energie / Besondere Ausgleichsregelung“) abzurufen.

Stromsteuer – Energieeffizienz wird belohnt: Eine weitere Abgabe, die Unternehmen bezahlen müssen, ist die Stromsteuer, die im Stromsteuergesetz geregelt ist: Ihr Regelsatz liegt derzeit bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Unternehmen des Produzierenden Gewerbes können für betrieblich genutzte Strommengen beim Hauptzollamt Anträge auf eine Entlastung von der Stromsteuer stellen, sodass sie nur noch 1,537 Cent pro Kilowattstunde bezahlen müssen.

Der weitergehende „Spitzenausgleich“, der eine Ersparnis von der Stromsteuer von bis zu 90 Prozent ermöglicht, wird seit dem Jahr 2013 an eine steigende Energieeffizienz im Betrieb geknüpft. Um den Spitzenausgleich weiterhin geltend machen zu können, müssen begünstigte Unternehmen zudem bis zum Ende des Jahres 2015 ein Energieeffizienzsystem vollständig betreiben. Während kleine und mittlere Unternehmen vereinfachte (alternative) Systeme einrichten können, sind große Unternehmen in der Pflicht, aufwändige Energiemanagementsysteme – etwa nach DIN EN ISO 50001– zu implementieren, um die Privilegien beanspruchen zu können.

Verpflichtende Energie-Audits: Große Unternehmen sind darüber hinaus mit neuen Pflichten konfrontiert: Laut dem Energiedienstleistungsgesetz, das Ende April 2015 novelliert wurde, müssen sie erstmalig bis zum 5. Dezember 2015 zumindest ein Energieeffizienzsystem nach DIN EN 16247-1 implementieren (siehe auch S. 38/39). Wenn sie dies versäumen, drohen Bußgelder von bis zu 50 000 Euro. Wirtschaftlich könnte es in manchen Fällen für die Betriebe aber durchaus sinnvoll sein, gleich ein aufwändiges System nach DIN EN ISO 50001 einzurichten. Denn dann würden sie die beschriebenen Voraussetzungen nach dem Stromsteuergesetz erfüllen und könnten den Spitzenausgleich bei der Stromsteuer in Anspruch nehmen. Es empfiehlt sich also eine vorausschauende Vergleichsrechnung, um die Weichen optimal zu stellen.

Strompreiskompensation: Betreiber von besonders stromintensiven Anlagen, etwa in den Bereichen Aluminiumerzeugung und Oberflächenbehandlung, können die sogenannte Strompreiskompensation beantragen. Sie ist eine staatliche Beihilfe für Kosten aus dem europäischen CO2-Emissionshandel, die über den Strompreis auf die Stromverbraucher umgewälzt werden. Die Beihilfen können jeweils nachträglich für ein abgelaufenes Kalenderjahr bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) beantragt werden, die beim Umweltbundesamt angesiedelt ist (www.dehst.de/spk). So wird den Betrieben nachträglich ein Teil der indirekten CO2-Kosten ausgeglichen, die sie zuvor über ihre Strompreisrechnung gezahlt haben. Maßgeblich ist nicht der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Unternehmens, sondern, ob Prozesse durchgeführt werden, für die diese Begünstigung gewährt wird.

Optimierung des Netzanschlusses: Bestimmte Großverbraucher oder Verbraucher mit einer atypischen Netznutzung haben einen Anspruch darauf, dass sie individuelle und günstigere Netzentgelte vereinbaren können. Die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) regelt die Fälle, in denen diese Besonderheit greift. Die zuständigen Netzbetreiber halten dafür in der Regel entsprechende Antragsformulare bereit. In einzelnen Fällen kann aus wirtschaftlicher Sicht die Umgestaltung des Netzanschlusses erwogen werden, um Netzentgelte zu reduzieren. In Betracht kommen hier der Wechsel der Spannungsebene oder ein Anschluss an das Netz eines anderen, benachbarten Netzbetreibers.

Ersparnis durch Eigenversorgung: Der Aufbau einer betriebseigenen Stromversorgung stellt aus wirtschaftlicher Sicht häufig eine interessante Option dar, um Kosten zu senken. Zu beachten ist: Selbst verbrauchter Strom aus bestehenden Anlagen wir weiterhin nicht mit der EEG-Umlage belastet, dagegen muss für den selbst erzeugten und verbrauchten Strom aus neu errichteten Erneuerbare-Energien-Anlagen gemäß dem EEG 2014 die EEG-Umlage gezahlt werden. Jedoch fällt hierfür ein ermäßigter „Tarif“ an: Zwischen dem 1. August 2014 und 31. Dezember 2015 sind dies 30 Prozent, für das Jahr 2016 sind dann 35 Prozent und ab dem 1. Januar 2017 40 Prozent der EEG-Umlage zu bezahlen. Die Eigenversorgung kann aber auch zu einem vollständigen Wegfall der Belastung mit EEG-Umlage führen: So ist beispielsweise der selbst verbrauchte Strom aus kleinen Erzeugungsanlagen bis zu zehn Kilowatt von der EEG-Umlage befreit – und zwar im Jahr der Inbetriebnahme und dann über weitere 20 Jahre.

Eine Eigenversorgung kann also zum einen dazu führen, dass auf die selbst erzeugte Strommenge keine Stromsteuer und keine EEG-Umlage bezahlt werden muss. Zum anderen hat sie den positiven Begleiteffekt, dass keine Netzentgelte und auch keine KWK-Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz anfallen. Wird zudem eine hocheffiziente Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt, können die verwendeten Brennstoffe von der Energiesteuer entlastet werden.

Vermarktung von Regelenergie: Eigene Kapazitäten der Stromerzeugung können mehrere Vorteile mit sich bringen: Autarkie, Potenzial für Kostensenkungen sowie die Möglichkeit, die erzeugte Energie zu vermarkten und dadurch zusätzliche Erlöse zu erzielen. Die Netzbetreiber haben besonderes Interesse am Bezug von sogenannter Regelenergie, die sie kurzfristig zuverlässig abrufen können. Dies ist bedeutsam angesichts der Tatsache, dass der Anteil der erneuerbaren Energieträger, deren Aufkommen wetterabhängig und schwankend ist (z.B. Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen), zunimmt. Um eine stabile Netzfrequenz zu erhalten, ist es für die Netzbetreiber unverzichtbar, dass sie über ausreichende Kapazitäten an Regelenergie verfügen. Sie halten deshalb Kapazitäten mit unterschiedlicher Reaktionsgeschwindigkeit vor, zu denen auch die Betriebe beitragen können, die selbst Energie produzieren. Bewerben können sie sich über Ausschreibungen am Markt für Regelenergie (siehe Beitrag, S. 44/45).

Unternehmen, die über regelbare Erzeugungsanlagen (z.B. Notstromaggregate, Blockheizkraftwerke oder Speicher) verfügen, können einen erheblichen Zusatzerlös erwirtschaften, wenn sie diese Leistung zur Verfügung stellen. Die Zusatzerlöse werden beim aktuellen Preisniveau in der Regel ab einer installierten Leistung von 100 Kilowatt (el) interessant, da sich dann die Kosten von Umrüstungen in kurzer Zeit refinanzieren.

Der derzeitige Rechtsrahmen auf dem Energiemarkt ist zwar kompliziert, bietet Unternehmen aber zahlreiche Möglichkeiten der Kosteneinsparung: Zum einen durch Begünstigungen von energieintensiven Unternehmen bei Steuern und Abgaben, zum anderen durch den Aufbau einer Eigenversorgung. Weil die Materie aber rechtlich, steuerlich und technisch komplex ist, ist eine umfassende Beratung und eine genaue Analyse der einzelnen Entlastungsmöglichkeiten dringend zu empfehlen.

Autor/in: 

Christian Marthol und Lukas Kostrach sind Rechtsanwälte bei Rödl & Partner in Nürnberg (christian.marthol@roedl.de, lukas.kostrach@roedl.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2015, Seite 30

 
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