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Ohris

Gesundheitszeugnis

Arbeitsschutz © TonyLomas/Thinkstock

Mit dem Managementsystem Ohris lassen sich Arbeitsschutz und Anlagensicherheit im Betrieb systematisch verbessern.

Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Dieses Schopenhauer-Zitat gilt auch in der Berufswelt, schließlich verbringt jeder Erwerbstätige einen großen Teil seiner Lebenszeit am Arbeitsplatz. Für das körperliche und seelische Wohlbefinden der Mitarbeiter spielen sichere und gesunde Arbeitsbedingungen eine Schlüsselrolle. Und sie tragen zu Motivation, Kreativität und Loyalität bei, was sowohl das Betriebsklima als auch die Produktivität fördert.

Arbeitsschutz-Managementsysteme (ASM) gelten inzwischen als bewährte Instrumente, um den betrieblichen Gesundheitsschutz zu verbessern. 1998 hat die Bayerische Staatsregierung im intensiven Austausch mit der Wirtschaft eine eigene Managementsystem-Norm für Arbeitsschutz und Anlagensicherheit entwickelt und unter der Bezeichnung „Ohris“ veröffentlicht. Das Akronym steht für „Occupational Health and Risk Managementsystem“. Die Zertifizierung nach Ohris ist für jeden Betrieb unabhängig von Größe oder Branchenzugehörigkeit möglich. Aktuell sind in Bayern über 350 Unternehmen nach Ohris zertifiziert, davon knapp 50 in Mittelfranken.

Wie nahezu alle Managementsysteme enthält Ohris bestimmte Kernelemente wie zeitlich festgelegte Ziele und Maßnahmenpläne sowie Angaben darüber, wie sie erreicht werden können. Weitere Inhalte sind Festlegungen von Hierarchien, Zuständigkeiten und Befugnissen sowie die Beschreibung von Informations- und Entscheidungsprozessen. Auf diese Weise lassen sich die Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz nachhaltig und systematisch in der Organisation eines Betriebs verankern.

Dennoch geben sich viele Unternehmen in puncto Zertifizierung reserviert. Vor allem Kleinbetriebe und Mittelständler fürchten, sich mit diesem Prozess einem Bürokratiemonster auszuliefern, das Zeit und Geld frisst. Dieter Güthler, der beim Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Mittelfranken die Ohris-Zertifizierungen betreut, kennt solche Bedenken. Er ist aber überzeugt, dass Ohris gerade den Bedürfnissen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) entspricht: „Es ist ein Managementsystem für Einsteiger, aber kein Managementsystem light.“

Ablauf der Zertifizierung

Güthler hat schon viele Firmen auf ihrem Weg zum Zertifikat begleitet: „Am Anfang steht immer ein Beratungsgespräch mit einer Bestandsaufnahme: Was hat das Unternehmen im Themenfeld Arbeitsschutz bereits erreicht, was braucht es noch.“ Dann werden die Maßnahmen und Prozesse definiert, die als verbindliche Elemente des Managementsystems dokumentiert werden. Auf dieser Basis nehmen Dieter Güthler und seine Kollegen eine Systemprüfung ab und händigen dem Unternehmen das Ohris-Zertifikat aus. Um es zu behalten, müssen die Systemprüfungen mindestens alle drei Jahre erfolgen.

Lohnt sich dieser Aufwand? „Ja“, antwortet Güthler ohne Zögern. Er sieht Ohris als Chance für Unternehmen, Prozesse zu überdenken und neu aufzusetzen: „Ohris betrifft nicht nur den Arbeitsschutz. Die Einführung dieses Managementsystems ist häufig der Anlass, Betriebsabläufe auf den Prüfstand zu stellen: Wie erledigen die Mitarbeiter eigentlich bestimmte Aufgaben? Im Ergebnis trägt die Zertifizierung zur Erhöhung der Produktivität bei.“

Die Richard Berger Holding GmbH & Co. KG (Ribe) hat sich vor zehn Jahren für die Zertifizierung entschieden. Sie erfolgte zunächst für einen Teilbereich, inzwischen sind alle fünf Firmen der in Schwabach ansässigen Gruppe zertifiziert. Jürgen Lindner, der Beauftragte für Arbeitsschutz-Management, lobt Ohris als „relativ unbürokratisches System, das stark auf die Praxis ausgelegt ist“. Er betrachtet das Managementsystem als guten Rahmen, um die gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten zu reduzieren und die gesetzlichen Vorschriften zum Arbeitsschutz im Unternehmen umzusetzen: „Aufwand und Ergebnis bewegen sich bei Ohris in einem guten Verhältnis. Das macht dieses Managementsystem gerade für Mittelständler interessant.“

Ein wichtiger Aspekt sind dabei die Erwartungen der Kunden: Im Zuge steigender Anforderungen an das Qualitätsmanagement verlangen immer mehr Abnehmer von Lieferanten eine Zertifizierung über die Einhaltung umwelt- und arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften. Da Ohris den Vorgaben nationaler und internationaler Standards entspricht (etwa dem ILO-Leitfaden Arbeitsschutz-Managementsysteme oder der Norm OHSAS 18001) können Unternehmen damit ihre Unternehmenskunden rund um den Globus zufriedenstellen. Für die Ribe-Gruppe als weltweit agierenden Entwickler und Hersteller von mechanischen Verbindungselementen, technischen Federn und Elektroarmaturen ist dies ein wesentlicher Punkt. Hinzu kommt, dass sich die einzelnen Systemelemente von Ohris problemlos in andere Qualitäts- oder Umwelt-Managementsysteme integrieren lassen, etwa in ISO 9001-2008.

Dieter Güthler räumt ein, dass die Einführung für Unternehmen durchaus aufwändig sein kann: „Ohris kostet Zeit und Geld. Man muss erst investieren, ehe man etwas zurückbekommt.“ Die Zertifizierung durch das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Mittelfranken selbst ist kostenlos, die Einführung kann für kleine und mittlere Unternehmen auf vorherigen Antrag mit 5 000 Euro gefördert werden. Der Experte betont, dass das Managementsystem lediglich einen inhaltlichen Rahmen vorgibt, den jeder Betrieb individuell ausfüllen muss.

Dieser Herausforderung hat sich auch das Staatstheater Nürnberg mit Unterstützung einer externen Unternehmensberatung gestellt. Die Gründe, weshalb die Entscheidung auf Ohris fiel, fasst Geschäftsführender Direktor Christian Ruppert zusammen: „Wir wollten Standards, die geerdet sind und sich gut an unsere überaus komplexe betriebliche Realität andocken lassen.“

Unter dem Dach des Staatstheaters arbeiten etwa 500 Festangestellte – auf der Bühne, hinter den Kulissen, in Büros und in Werkstätten. Diese Gemengelage mit unzähligen Schnittstellen ist nicht nur ein organisatorisches Kunststück, sondern auch eine Herausforderung für den Arbeitsschutz. Mithilfe von Ohris ging das Staatstheater das Thema systematisch an: „Der Prozess sollte unsere blinden Flecken beseitigen“, berichtet Ruppert. Dabei setzte er von Anfang an auf die Einbindung der Mitarbeiter: Das Konzept wurde auf Personalversammlungen vorgestellt und darüber hinaus in den Arbeitszirkeln einzelner Berufsgruppen vorgestellt und diskutiert. „Dafür muss man sich Zeit nehmen, aber es lohnt sich“, unterstreicht Ruppert, denn erst dieser Dialog führe zu Verbesserungen und mache ein Managementsystem lebendig. „Eine Urkunde an der Wand bringt nichts.“

Beim Staatstheater Nürnberg sollte Ohris mit der erfolgreichen Zertifizierung im Juni 2014 deshalb nicht einfach ad acta gelegt werden, sondern für kontinuierliche Verbesserungen sorgen. Dazu wurde eine Plattform eingerichtet, über die die Beschäftigten alle wichtigen Informationen einsehen können: Ergebnisse, Ziele, Projekte und Termine. Mit der Ohris-Zertifizierung hat das Staatstheater Nürnberg Neuland betreten: Es ist die erste Bühne Deutschlands, die sich für ein Arbeitsschutz-Managementsystem entschieden hat. „Damit wollten wir deutlich zeigen: Unsere Mitarbeiter sind uns etwas wert.“ Ein solches Signal hält Christian Ruppert für ein wichtiges Argument, um sich als Arbeitgeber im Kampf um die besten Talente zu positionieren.

Autor/in: 

(aw.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2015, Seite 14

 
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