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Was gilt bei der Gewerbemiete?

Gesetzbuch Hammer Richter Urteil © Serggn - Thinkstock.com

Bundesgerichtshof urteilt über Reparaturkosten, Rechte bei Mängeln und Umsatzausfall durch Bauarbeiten.

Das Gewerbemietrecht ist gesetzlich weniger stark reglementiert als die Wohnungsmiete. Deshalb setzen vor allem die Gerichte mit ihrer Rechtsprechung die rechtlichen Standards, wobei den letztinstanzlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) besondere Bedeutung zukommt. In den vergangenen Monaten hat er u.a. zu folgenden Themen des Gewerbemietrechts Stellung bezogen und dabei teilweise auch seine langjährige Rechtsprechungspraxis geändert.

Unbegrenzte Reparaturkostenumlage unwirksam

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind Vertragsklauseln, die zur Verwendung in mehreren Verträgen von einem der Vertragspartner einseitig vorformuliert werden. Sie unterliegen besonderen gesetzlichen Regeln, weil verhindert werden soll, dass der Verwender seine Vertragspartner über den Tisch zieht. Deshalb fallen AGB häufig bei den Gerichten durch. So hatte der BGH in einem Urteil vom 10. September 2014 (Aktenzeichen XII ZR 56/11) zu klären, ob Verwaltungskosten bei Gewerbeimmobilien mittels einer vorformulierten Klausel im Mietvertrag auf die Mieter umgelegt werden dürfen.

Dies ist nach Auffassung der Richter grundsätzlich zulässig, die dabei auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Betriebskostenverordnung verwiesen. Intransparent und damit unwirksam ist jedoch eine Vertragsklausel, die ohne weitere Erläuterung zusätzliche Kosten auferlegt wie im zugrunde liegenden Fall für ein sogenanntes „Center-Management“.

Für unwirksam erklärten die Karlsruher Richter zudem eine Klausel, die Mietern anteilig die Kosten für Betrieb und Instandhaltung gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen auferlegt. Ohne Begrenzung auf eine bestimmte Höhe benachteilige eine solche Klausel die Mieter unangemessen. Schließlich könnten Vermieter ihren Mietern auf diese Weise auch solche Kosten aufbürden, die vor Mietbeginn entstanden sind oder durch Dritte verursacht wurden. Dies seien Kosten, für die der einzelne Mieter nicht verantwortlich sei und von denen er keinen Nutzen habe. Auch wenn der Vermieter nicht vorhabe, solche Kosten umzulegen, seien entsprechende Klauseln unwirksam. 

Mängelrechte auch nach Vertragsverlängerung

In einem Urteil vom 5. November 2014 hatte der BGH zu untersuchen, wie es bei der Verlängerung des Mietvertrages um die Rechte des Mieters bestellt ist, wenn dieser Mängel rügt (Aktenzeichen XII ZR 15/12). Der Hintergrund: Viele Gewerbemietverträge enthalten eine sogenannte Verlängerungsoption, sodass die Mieter einen befristeten Mietvertrag vor dessen Auslaufen einseitig verlängern können. Gemäß einer alten BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1970 (Aktenzeichen VIII ZR 230/68) wurde bisher in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich mit der Verlängerung nicht der bisherige Mietvertrag fortsetzt, sondern dass sie zu einem erneuten Vertragsabschluss führt. Das bedeutete bisher auch, dass Mieter wegen § 536b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) keine Rechte wegen Mängeln geltend machen konnten, die sie bei Vertragsschluss kannten oder leicht hätten erkennen können. Mit dem Urteil vom 5. November 2014 verabschiedete sich der BGH jedoch nun nach Jahrzehnten von dieser sogenannten Zäsur-Rechtsprechung – mit entsprechenden Folgen für die Rechte von Mietern bei Mängeln. 

Im konkreten Fall hatten die Mieter einer Arztpraxis über zwei Jahre lang ein schlechtes Raumklima bemängelt und dabei auf eine angeblich fehlerhaft arbeitende Lüftungsanlage hingewiesen. Schließlich klagten sie deshalb gegen den Vermieter auf Beseitigung des Mangels. Zwischenzeitlich hatten sie aber auch den Mietvertrag verlängert, ohne dabei allerdings einen Vorbehalt wegen der Mietmängel zu erklären. Das zuständige Oberlandesgericht urteilte zunächst – entsprechend der alten BGH-Rechtsprechung – wie die meisten anderen Gerichte, nahm einen erneuten Vertragsschluss an und versagte den Mietern deshalb ihre Mängelrechte.          

Dem widersprach als höhere Instanz der BGH, der sich damit von seiner bisherigen Rechtsprechung löste. Mit der Vorschrift des § 536b BGB solle verhindert werden, dass Mietinteressenten bewusst mangelhafte Mietsachen anmieten, um anschließend Rechte (vor allem Mietminderung und Schadensersatz) geltend zu machen. Mietern, die ihren bestehenden Mietvertrag lediglich verlängern, könne man aber nicht generell ein derart fragwürdiges Verhalten unterstellen, urteilte der BGH nun. Es komme in der Praxis nämlich regelmäßig vor, dass die Mieter erst während des Mietverhältnisses von Mängeln erfahren und sie nicht schon davor kannten. So auch im vorliegenden Fall, in dem der Mietvertrag bereits seit 1988 bestand. Die Mieter können daher die von ihnen eingeklagten Rechte bei Mängeln geltend machen. 

Nachweis unwirtschaftlicher Betriebskosten

Sowohl bei der Vermietung von Wohnraum als auch von gewerblichen Immobilien kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über die Abrechnung von Betriebskosten. In beiden Fällen gilt für die Vermieter das Gebot der Wirtschaftlichkeit, sie müssen das Mietobjekt also ordnungsgemäß bewirtschaften und dürfen den Mietern nur erforderliche und angemessene Kosten in Rechnung stellen. Andernfalls können diese die Freihaltung von diesen Kosten und gegebenenfalls auch Schadensersatz verlangen. Der BGH konkretisierte nun in einem Urteil vom 17. Dezember 2014 (Aktenzeichen XII ZR 170/13), welche Seite dabei vor Gericht was und in welchem Umfang beweisen muss. 

Im vorliegenden Fall hatte eine Mieterin in einem SB-Markt die Zahlung von angeblich zu hohen Verwaltungskosten verweigert. Dagegen klagte die Vermieterin mit Erfolg vor dem BGH. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass angeblich unwirtschaftliche Verhalten der Vermieterin sei nicht ausreichend belegt worden. Die Mieterin hatte nämlich die in Rechnung gestellten Kosten mit den Verwaltungskosten in anderen Mietobjekten verglichen. Die Richter erklärten, stichhaltig wäre nur ein Vergleich mit den anderen Mietflächen in der genutzten Immobilie gewesen. Der Mieter müsse zudem darlegen, dass der Vermieter die jeweilige Leistung deutlich billiger hätte beschaffen können. Um dies zu prüfen, dürfe er Unterlagen des Vermieters einsehen. Dieser müsse hingegen nur belegen, dass die Kosten tatsächlich entstanden sind und er sie vertragsgemäß umlegen durfte. Eigene Vergleiche, wirtschaftliches Verhalten nachzuweisen, müsse der Vermieter nicht vornehmen. 

Kein Umsatzausgleich wegen Bauarbeiten

Baustellen sind bei Geschäftsleuten gefürchtet, weil die Kunden oft wegen Lärm, Dreck und fehlender Parkmöglichkeiten ausbleiben. Bisweilen droht sogar die Geschäftsaufgabe. Im konkreten Fall, über den der BGH am 13. Mai 2015 urteilte (Aktenzeichen XII ZR 65/14), ging es um die anstehende Sanierung eines Gebäudes, in dem auch ein Restaurant untergebracht war. Die Betreiber des Restaurants verlangten von ihrer Vermieterin vorsorglich die Übernahme drohender Umsatzausfälle, andernfalls würden sie der Sanierung des Gebäudes nicht zustimmen. Außerdem minderten sie die Miete, sodass ein Rückstand von über zwei Monatsmieten entstand. Daraufhin kündigte die Vermieterin fristlos. 

Im anschließenden Räumungsprozess entschied der BGH, dass Vermieter für baustellenbedingte Umsatzeinbußen nicht einstehen müssen. Das gelte auch, wenn die Arbeiten wie in diesem Fall wegen Mängeln des Mietobjekts erfolgen. Mieter, die einerseits deren Beseitigung verlangen, andererseits aber die notwendigen Arbeiten blockieren, verhalten sich laut BGH widersprüchlich. Mindern sie zudem wegen der Mängel die Miete, dann erfolgt dies auf jeden Fall zu Unrecht für den Zeitraum, in dem die Mängel bei ungehinderter Sanierung voraussichtlich behoben worden wären. Außerdem kann bei gewerblichen Mietverhältnissen bereits ein Mietrückstand von einer Monatsmiete für die fristlose Kündigung genügen. Treten besondere Umstände hinzu (z.B. mangelnde Kreditwürdigkeit des Mieters oder Auswirkungen auf die finanzielle Situation des Vermieters), kann auch schon ein geringerer Mietrückstand die fristlose Kündigung rechtfertigen.

Im Übrigen stellte der BGH klar, dass Mieter, bei denen die Räumung droht, den gemäß § 712 Zivilprozessordnung (ZPO) möglichen Vollstreckungsschutz bereits in der Berufungsinstanz beantragen müssen. In der Revisionsinstanz vor dem BGH komme ein solcher Antrag zu spät.

Autor/in: 

Christian Günther ist Redakteur bei anwalt.de, dem Anwaltsverzeichnis und Rechtsinformationsportal aus Nürnberg.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2015, Seite 92

 
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