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Brezen Kolb

Laugenbrezen und Lebkuchen

Am laufenden Band: Geschäftsführer Peter Kolb an der Backstraße.

Zwischen Tradition und Innovation: Die Brezen-Dynastie treibt die Modernisierung voran.

Der Spagat ist geglückt: Ein Jahr nach der Umsiedlung von der Fürther Straße in die Ostenendstraße ist Nürnbergs neue Brezen-Zentrale etabliert. „Wir sind sehr zufrieden. Der Umzug hat sich gelohnt. Die Kunden ziehen mit, die Qualität hat sich sogar leicht verbessert“, sagt Geschäftsführer Peter Kolb.

Zwölf Mio. Euro hat sich Brezen Kolb den neuen Firmensitz kosten lassen. Die im Oktober 2014 eröffnete Produktionsstätte samt Café und Drive-In-Schalter ist der ganze Stolz des 30-Jährigen. Über das Herzstück der Backstraße, den zwölf Meter langen Steinbackofen aus Italien, gerät Kolb ins Schwärmen: „Vom Naturstein wandert die Wärme direkt in die Brezen. So bräunen sie nahtlos, entwickeln eine aromatische Bodenkruste.“

45 Jahre lang war Brezen Kolb in der Fürther Straße beheimatet. Doch zuletzt war der Standort nicht mehr zeitgemäß und ein Neubau war notwendig. „Lieber einmal was gescheit machen, dann hat man seine Ruhe“, begründet der Geschäftsführer die mutige Investition. Wobei das mit der Ruhe ein frommer Wunsch ist, denn Peter Kolb steht permanent unter Strom, hat seine wachen Augen überall: In der Produktionshalle, im Café, in der Küche, ja sogar auf dem Parkplatz und am Autoschalter.

Für den Juniorchef ist es mehr Lust als Last, das Traditionsunternehmen in die Zukunft zu führen. Wie viel er diesem Ziel unterordnet, zeigt sich etwa daran, dass er seinen Nachnamen von Wolfschmidt in Kolb änderte. Die Bäckerei Kolb, 1957 von Heinz und Anneliese Kolb gegründet, war zwischenzeitlich von deren Tochter und jetzigen Seniorchefin Karin und ihrem Mann Erich Wolfschmidt weitergeführt worden. 2013 ging das Geschäft von der Mutter auf den Sohn über. „Ich wurde so oft mit Herr Kolb angeredet, dass ich mich entschlossen habe, den Familiennamen meiner Großeltern anzunehmen“, erläutert er den Tausch.

Gebacken im Granitsteinofen

Rund 100 Mitarbeiter beschäftigt Kolb inzwischen, produziert wird im Zweischichtbetrieb. Pro Schicht arbeiten vier Mitarbeiter in der Backstube, darunter mindestens ein gelernter Bäcker. Um 23 Uhr laufen die Vorbereitungen an, ab 2 Uhr purzeln die ersten Brezen aus dem Granitsteinofen auf das Transportband, eine Stunde später starten die ersten Lieferfahrzeuge.

Ob die Kantinen von Datev, Siemens, MAN oder Bosch, der Bundesagentur für Arbeit oder der Stadtverwaltung – sie alle haben eines gemeinsam: Brezen vom Kolb. Daneben beliefert das Traditionsunternehmen mehr als 30 Stände, Buden und Cafés – und das bis zu sechsmal täglich. Vor den Ständen wie dem nahe der Lorenzkirche, der in Spitzenzeiten 300 Brezen pro Stunde geliefert bekommt, oder dem im Mitteltunnel des Hauptbahnhofs bilden sich in Stoßzeiten lange Schlangen.

Letzter Vertreter einer aussterbenden Zunft ist der „fliegende Händler“ Günter Seifert. Der 86-Jährige, der mit seinem rustikalen Handwagen am Rande des Hauptmarkts steht und seit 32 Jahren Kolb-Brezen verkauft, ist längst ein Nürnberger Original. Wohin die Reise geht, wird hingegen im Hauptbahnhof deutlich: Im September eröffnete in der Mittelhalle ein weiteres Brezen-Café im Landhaus-Stil. „Das ist unser Schmuckkästlein“, sagt Kolb. Wohingegen das Restaurant-Café am Hauptsitz, mit Drive-In und Brezenrutsche direkt vom Ofen in den Laden, ein Prestigeprojekt sei. Dort gibt es die größte Produktvielfalt, z.B. auch Brezen-Pommes, Schnitzel in Brezenpanade oder Brezenknödel.

Der Landhaus-Stil ist Merkmal der drei jüngsten Kolb-Filialen am Bahnhof, am Stammsitz und in der Schwabacher Straße in Fürth. Die Idee dazu hatte Kolbs Ehefrau Jessica. Das bodenständige Erscheinungsbild stehe für Tradition und Herkunft. Wo das nächste Café entstehen wird, weiß Kolb auch schon: 2016 an der künftigen Straßenbahn-Endhaltestelle Am Wegfeld.

Brezen-Food-Truck

Weitere Standorte an markanten VAG-Haltepunkten seien ebenso in Planung wie ein stylischer Food-Truck, der etwa Firmenparkplätze anfahren könne. Trotzdem bleibt Kolb bescheiden: „Wir haben es abgelehnt, unser Konzept zu exportieren. Zu viel ist nicht gut. Lieber kleiner, dafür feiner.“ Expandiert wird nach „Bauchgefühl“. Die Produktion gibt es jedenfalls her, die Kapazitäten sind vorhanden. Derzeit reicht es aus, täglich bis zu 40 Teigmischungen im Knetbottich aus Mehl, Wasser, Meersalz, Malzmehl und Hefe anzurühren: je 100 Kilogramm Teig für rund 1 000 Brezen.

Auf ihrem Weg zur fertigen Breze durchlaufen die Teiglinge mehrere Stationen: Nach dem Strangroller werden sie von einer der drei Schlingmaschinen in weniger als zwei Sekunden zur Breze geformt. Anschließend wandern die Rohlinge für 40 Minuten in einen Gärautomaten, dort herrscht mit 30 Grad Celsius „Urlaubstemperatur“. Weiter geht es durch einen Kühlschrank und die Laugendusche in den mehr als 250 Grad heißen Bandofen. Am Ende der Backstraße werden die Brezen mit einem Gemisch aus Feinsalz und Mehl bestreut. Ein Teil gelangt über eine Brezenrutsche direkt ins Café. Zu kaufen gibt es die Teilchen pur, mit Butter bestrichen, mit Schnittlauch, mit Wurst, Käse oder Gemüse belegt.

In zwei Stunden zur fertigen Breze

Rund zwei Stunden vergehen vom Teig bis zur fertigen Breze – eine gute halbe Stunde länger als früher. „Der Teig bekommt mehr Ruhe, das bekommt der Breze gut“, verrät Kolb. Die maximale Produktionskapazität beträgt 6 000 Stück pro Stunde. Allerdings laufen die Bänder nicht durchgängig von 2 Uhr bis 13 Uhr. Dazwischen liegen Pausen, schließlich wird je nach Anforderung und Bedarf immer wieder neu gebacken. „Wir verzichten auf Fett und backen lieber frisch. Das ist unser jahrzehntealtes Erfolgsrezept“, erläutert Kolb.

Rund 20 Prozent der Fertigung wandern in den Schockfroster. Die Tiefkühlschiene ist eine Neuerung, auf die sich Kolb erst nach langem Abwägen eingelassen hat, gibt er damit doch den entscheidenden Fertigungsschritt, das Backen, in fremde Hände. Denn die gefrorenen Rohlinge sind ausschließlich für die Gastronomie gedacht. Etwa Biergärten, die so flexibler auf den Bedarf reagieren und das Risiko umgehen können, auf fertigen Backwaren sitzenzubleiben.

Rechtzeitig zu Weihnachten wartet Kolb außerdem mit einer Überraschung auf: „Von September bis Dezember backen wir jetzt auch Elisen-Lebkuchen.“ 300 Stück pro Stunde kommen da zusammen. Für einen Bäcker liege es eben nahe, das Nürnberger Traditionsgebäck schlechthin herzustellen. „Den Brezen gehört unsere Leidenschaft, für die Lebkuchen schlägt unser Herz“, sagt Peter Kolb.

Autor/in: 

mei.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2015, Seite 74

 
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