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Gebraucht-Software

Aus zweiter Hand

Hand Ordner digital © Foto: Fotolia

Der Kauf von bereits genutzten Software-Lizenzen ist eine kostengünstige Alternative zum Neukauf. Was ist rechtlich zu beachten?

Computerprogramme sind urheberrechtlich geschützt. Ihre Nutzung durch Dritte ist daher nur mit Zustimmung des Software-Herstellers gestattet. Diese erfolgt in der Regel durch eine Lizenzvereinbarung zwischen dem Hersteller und dem Software-Nutzer (Endusers Licence Agreement, kurz: EULA). In diesen Vereinbarungen wurde bisher regelmäßig die Übertragbarkeit der Lizenz auf Dritte ausgeschlossen. Gleichwohl wurde Second-Hand-Software gehandelt, wogegen die Software-Hersteller gerichtlich vorgingen. In den sogenannten „UsedSoft“-Entscheidungen haben Bundesgerichtshof (BGH) und Europäischer Gerichtshof (EuGH) klargestellt, unter welchen Voraussetzungen der Vertrieb von gebrauchter Software und deren Nutzung erfolgen kann.

Bereits im Jahr 2000 befasste sich der BGH erstmals mit der Zulässigkeit eines Vertriebs von Second-Hand-Software. In der Entscheidung „OEM-Version“ vom 6. Juli 2000 stellte das Gericht fest, dass eine auf einem Datenträger gespeicherte Programmkopie von Software, die mit Zustimmung des Herstellers in der EU in den Verkehr gebracht wurde, ohne Beschränkungen weiterverkauft werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Hersteller in seinen Lizenzbedingungen eine Weiterveräußerung ausgeschlossen hat. Mit dem erstmaligen Inverkehrbringen der Programmkopie auf einem Datenträger durch den Hersteller in der EU ist sein Recht erschöpft. Er kann damit den weiteren Vertrieb der Software nicht mehr kontrollieren oder einschränken.

Heruntergeladene Software

Mit fortschreitender Technik gingen immer mehr Software-Hersteller dazu über, die Software nicht mehr auf einem Datenträger gespeichert zu vertreiben. Sie stellen die Programme stattdessen im Internet zum Download bereit. Derjenige, der die Software nutzen will, erwirbt vom Hersteller eine Lizenz und lädt die Software aus dem Internet. Es gibt also keinen Datenträger, auf dem die Software gespeichert ist und der im Falle einer Weiterveräußerung übergeben werden kann. Bei dieser Konstellation war lange umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Weiterveräußerung zulässig ist.

Der EuGH entschied am 3. Juli 2012 auf Grund einer Vorlage des BGH, dass das Recht zur Verbreitung einer Programmkopie nicht davon abhängt, ob das Programm auf einem Datenträger gespeichert ist. Das Recht des Software-Herstellers ist auch dann erschöpft, wenn er dem Download des Programmes aus dem Internet zugestimmt hat. Voraussetzung ist, dass vom Ersterwerber ein angemessenes Entgelt für die Nutzungslizenz gezahlt wurde und die Nutzungsdauer zeitlich nicht begrenzt ist. Nach Ansicht des EuGH macht es keinen Unterschied, ob eine physische oder eine digitale Programmkopie in den Verkehr gebracht wurde. Die Weitergabe einer digitalen Kopie kann somit nicht durch die Lizenzbedingungen des Software-Herstellers ausgeschlossen werden. Allerdings ist der Ersterwerber nur zu einer Weiterveräußerung berechtigt, wenn er seine eigene Programmkopie vor der Weiterveräußerung löscht. Der BGH schloss sich dieser Entscheidung des EuGH in seiner UsedSoft II-Entscheidung vom 17. Juli 2013 an.

Client-Server-Lizenzen

In dem damaligen Fall hatte es sich bei der veräußerten Lizenz um eine Client-Server-Lizenz gehandelt; es konnten also mehrere Nutzer gleichzeitig auf die auf einem Server gespeicherte Software zugreifen. Eine solche Lizenz darf nach der Rechtsprechung nicht aufgespalten werden. Dem Zweiterwerber darf also nicht nur ein Teil der Nutzungsrechte überlassen werden, eine Client-Server-Lizenz kann nur einheitlich weiterveräußert werden.

Volumenlizenzen

Im Dezember 2014 befasste sich der BGH erneut mit der Weiterveräußerung von Software-Lizenzen. Hier waren von dem Ersterwerber einzelne Lizenzen einer Volumenlizenz an einen Dritten veräußert worden. Der BGH bejahte die Möglichkeit der Aufspaltung in seinem viel beachteten Urteil vom 11. Dezember 2014 (UsedSoft III). Da bei einer Volumenlizenz – anders als bei einer Client-Server-Lizenz – der Ersterwerber berechtigt ist, entsprechend der Anzahl der erworbenen Lizenzen eigenständige Kopien des Programms anzufertigen und diese an eigenständigen Arbeitsplätzen zu nutzen, ist er auch berechtigt, diese eigenständigen Kopien einzeln weiterzuveräußern.

Auf Basis der einzelnen UsedSoft-Entscheidungen ist der Weiterverkauf von Software an einen Zweitnutzer also unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die Software muss vom Software-Hersteller oder mit seiner Zustimmung innerhalb der EU erstmals in den Verkehr gebracht worden seien. Dabei ist es unerheblich, ob die Software auf einem Datenträger gespeichert ist oder aus dem Internet heruntergeladen wurde.
  • Die Software muss dem Ersterwerber ohne zeitliche Begrenzung zur Nutzung überlassen worden sein. Wurde Software nur gemietet oder als Software as a Service (SaaS) überlassen, kann keine Weiterveräußerung erfolgen.
  • Der Software-Hersteller muss vom Ersterwerber eine Vergütung (Lizenzgebühr) für die Nutzungsüberlassung erhalten haben.
  • Eine Weiterveräußerung ist nur zulässig, wenn der Ersterwerber seine eigenen Kopien unbrauchbar gemacht hat. Dies muss der Zweiterwerber im Streitfall nachweisen. Eine notarielle Bestätigung, dass dem Notar eine Erklärung des Ersterwerbers vorgelegen hat, wonach dieser rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe, haben die Gerichte nicht als ausreichenden Beweis angesehen. Wenn man also Second-Hand-Software von einem Händler kauft, sollte man verlangen, dass entsprechende Nachweise über die Löschung der Software beim Ersterwerber vorgelegt werden (z.B. Bestätigung eines unabhängigen Dritten, der die Löschung selbst vorgenommen oder überwacht hat).
  • Schließlich muss dem Zweiterwerber der Lizenzvertrag übergeben werden, der zwischen dem Ersterwerber und dem Software-Hersteller geschlossen wurde. Dann kennt der Zweiterwerber den Umfang der bestimmungsgemäßen Benutzung (z.B. die zulässige Anzahl der Nutzer bei einer Client-Server-Lizenz).

In den Entscheidungen des BGH und des EuGH wurde der rechtliche Rahmen für einen zulässigen Zweiterwerb von Software abgesteckt und der Zweiterwerber erhält Rechtssicherheit für seine Investition. Allerdings muss dieser sehr genau darauf achten, dass er die oben genannten Voraussetzungen im Streitfall auch nachweisen kann. Dabei ist er zwingend auf die Mitwirkung des Ersterwerbers angewiesen. Gelingt dieser Nachweis nicht, liegt eine unberechtigte Nutzung der Software vor und der Zweiterwerber kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.

Autor/in: 

Von Dr. Renate Kropp. Dr. Renate Kropp ist Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Cöster & Partner Rechtsanwälte mbB in Nürnberg (info@coester-partner.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2015, Seite 46

 
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