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Arbeitsleistung und Raumklima

So wird es behaglich

Büro Klima © Foto: ThinkstockPhotos - Bonninstudio

Das Raumklima hat einen entscheidenden Einfluss auf die Arbeitsproduktivität der Mitarbeiter. Durch welche Faktoren wird es beeinflusst?

Wenn es darum geht, die Arbeitseffizienz von Mitarbeitern zu optimieren, stehen meistens betriebswirtschaftliche Maßnahmen wie die Rationalisierung von Arbeitsabläufen im Mittelpunkt. „Wohlfühl-Aspekte“ wie die raumklimatischen Bedingungen am Arbeitsplatz werden dagegen kaum beachtet.

Wenn Betriebsstätten oder Büro- und Verwaltungsgebäude geplant werden, wird das Raumklima, das letztlich die Behaglichkeit der Nutzer bestimmt, meist nur im Rahmen der rechtlichen Vorgaben berücksichtigt. Das Thema ist jedoch weitaus komplexer und beinhaltet neben dem Schall- und Wärmeschutz u.a. auch folgende wesentliche Faktoren:

  • Temperatur der Raumluft
  • Feuchte der Raumluft
  • Strahlungsaustausch
  • Luftströmung (Luftgeschwindigkeit, Turbolenzgrad)
  • Kohlendioxid-Konzentration
  • Luftverunreinigungen, Gerüche
  • akustische Behaglichkeit (Lärmpegel, Frequenz)
  • visuelle Behaglichkeit (Beleuchtungsstärke, Leuchtdichte, Tageslichtanteil)

Thermische Behaglichkeit

Der Wärmehaushalt des Menschen wird hauptsächlich durch folgende Faktoren beeinflusst:

  • Luftbewegung, Lufttemperatur (Konvektion)
  • Temperatur der Raumumschließungsflächen (Strahlung)
  • Verdunstung, Atmung (Luftfeuchte)
  • Bekleidung (Wärmedämmung)
  • Wärmeleitung (Fußbodentemperatur)
  • Aktivität (Stoffwechsel)

Die vom Menschen empfundene Temperatur (Äquivalenttemperatur) setzt sich im Wesentlichen zusammen aus Raumlufttemperatur, Oberflächentemperatur, Luftbewegung und Temperaturschichtung. Da der Einfluss der Oberflächentemperatur der Wände und Decken vom Abstand der Person zu diesen Bauteilen bestimmt wird, ist die empfundene Temperatur ortsabhängig, d.h. sie hängt ab vom Abstand der Person zu den Raumumschließungsflächen. Sie ist außerdem abhängig von der Bekleidung und der Aktivität der Person. So wird sich zum Beispiel ein körperlich arbeitender Mitarbeiter bei den Temperaturbedingungen, die für einen Büromitarbeiter ideal sind, nicht wohlfühlen. Darüber hinaus unterliegt die thermische Behaglichkeit optischen und akustischen Einflüssen sowie physiologischen Bedingungen wie Konstitution, Geschlecht, Verfassung, Alter etc. In der Regel fühlt sich der Mensch dann thermisch behaglich, wenn zum Beispiel die empfundene Temperatur im Kopfbereich nicht über 24 Grad Celsius liegt und im Knöchelbereich nicht unter 22 Grad Celsius. Die thermische Behaglichkeit hat einen ganz entscheidenden Anteil an der Behaglichkeit, dem Komfort insgesamt. Ihr ist daher eine besondere Bedeutung beizumessen.

Einfluss auf die Arbeitsleistung

Die menschliche Arbeitsleistung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben Leistungswillen, Leistungsfähigkeit, Arbeitsentgelt etc. kommt den Arbeitsbedingungen eine zentrale Bedeutung zu. Hierzu gehören neben den technischen, sozialen und organisatorischen Voraussetzungen auch die physikalischen Arbeitsbedingungen, in dessen Mittelpunkt wiederum das Raumklima steht.

Mehrere Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang der Leistungsfähigkeit mit der Temperatur und der Luftwechselrate, also der Frischluftzufuhr. So ist beispielsweise einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu entnehmen, dass die raumklimatischen Bedingungen die Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten entscheidend beeinflussen. Abweichungen davon oder gar Belastungen durch Kälte oder Hitze am Arbeitsplatz führen zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit und zu Unzufriedenheit, sie können sogar die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gefährden. Die Untersuchung verdeutlicht auch, wie schwierig es ist, im Einzelfall den optimalen Klimazustand zu beschreiben und die vielen verschiedenen Einflussgrößen dementsprechend bestmöglich aufeinander abzustimmen.

Die Technische Universität Dänemarks in Lyngby kommt in einer anderen Studie zu einem ähnlichen Ergebnis und beschreibt ebenfalls die Auswirkungen einer schlechten Raumluft: Sie ziehe eine erhöhte Zahl von Krankheiten und Krankheitstagen, eine niedrigere Leistung und hohe Kosten für medizinische Behandlungen nach sich. Bei einer Optimierung des Raumklimas sei eine Leistungssteigerung um fünf bis zehn Prozent zu erzielen.

Neubauten und Modernisierung

Aus den beschriebenen Gründen lohnt es sich, dem Raumklima in Arbeitsstätten eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bei der Neuerrichtung von Gebäuden sollte dies im Zuge der Gesamtplanung berücksichtigt werden. Hierzu ist in der Regel ein in diesem Themengebiet erfahrener Bauphysiker erforderlich, der mit entsprechenden Berechnungs- und Simulationswerkzeugen die geplante Konstruktion untersucht und optimiert. Aber auch bei bestehenden Gebäuden empfiehlt es sich, über eine Optimierung des Raumklimas nachzudenken und einen Fachmann damit zu beauftragen, das tatsächliche Raumklima messtechnisch zu erfassen und zu bewerten.

Weitere raumklimatische Faktoren

Außer der thermischen Behaglichkeit beeinflusst die Qualität der Raumluft das Raumklima (z.B. durch Gerüche und Schadstoffe). Insbesondere eine zu hohe Kohlendioxid-Konzentration in der Luft führt zu Müdigkeit und verminderter Konzentrationsfähigkeit der Mitarbeiter. Auch unangenehme Gerüche beeinflussen die Leistungsfähigkeit, Schadstoffe in der Luft können sogar die Gesundheit gefährden und durch eine erhöhte Anzahl an Krankentagen zu vermeidbaren Kosten führen.

Wissenschaftlich ist hinreichend belegt, dass sich das Raumklima auf die menschliche Leistung am Arbeitsplatz auswirkt. Aus diesem Grund ist es dringend empfehlenswert, dem Thema „Raumklima“ bei der Planung neuer Büro- und Verwaltungsgebäude sowie anderer Arbeitsstätten mehr Beachtung zu schenken. Ihm sollte ein eigener Planungsschritt gewidmet werden, indem die raumklimatischen Bedingungen am Arbeitsplatz berechnet, simuliert und gegebenenfalls optimiert werden. Auch bei bestehenden Gebäuden rechnet sich eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Optimierung der raumklimatischen Bedingungen, weil dies die Mitarbeiter zufriedener macht, die Arbeitsproduktivität steigert und letztlich zu einem besseren Unternehmensergebnis führt.

Autor/in: 

Von Michael Silberhorn. Diplom-Ingenieur (FH) Michael Silberhorn, Nürnberg, ist Bauphysiker (Master of Building Physics) und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden (www.ib-silberhorn.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2015, Seite 36

 
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