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Kultur- und Kreativwirtschaft

Gestaltende Kräfte

bayernkreativ © bayernkreativ

Bayernkreativ bietet verschiedene Veranstaltungsformate an, um Kreative zu beraten.

In der Metropolregion Nürnberg gibt es zahlreiche Angebote, um die Kreativen besser zu vernetzen und ihr Angebot sichtbarer zu machen.

Kultur und Wirtschaft stehen in einem spannungsreichen Verhältnis“, heißt es im Abschlussbericht der Enquete-Kommission, die der Bundestag eingesetzt hatte, um die Lage der Kulturschaffenden in Deutschland zu ergründen. Gleichwohl wird in dem 2007 veröffentlichten Dokument die Wortschöpfung „Kultur- und Kreativwirtschaft“ als offizielle Branchenbezeichnung geprägt. Seitdem finden sich unter diesem Etikett völlig unterschiedliche Akteure aus elf Teilmärkten vereint.

Zur Kulturwirtschaft zählen demnach Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Darstellende Kunst, Designwirtschaft, Architekturmarkt und Pressemarkt. Die Teilmärkte Software/Games und Werbemarkt werden unter Kreativwirtschaft gefasst. Was dieses Potpourri in einer Definition zusammenhält, sei der sogenannte schöpferische Akt – als „verbindender Kern jeder kultur- und kreativwirtschaftlichen Aktivität“. 

Der Kultur- und Kreativwirtschaft (KuK) werden in Deutschland rund 249 000 privatwirtschaftliche Unternehmen mit über einer Mio. Erwerbstätigen zugerechnet. Sie setzen jährlich 146 Mrd. Euro um und tragen damit 2,4 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei, so die Zahlen aus dem Monitoring-Bericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft, den das Bundeswirtschaftsministerium im 2015 herausgegeben hat.

In der Europäischen Metropolregion Nürnberg (EMN) arbeiten knapp 36 000 Erwerbstätige, davon circa 27 400 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, in der Branche. Die Zahl der Betriebe mit einem Jahresumsatz über 17 500 Euro liegt bei rund 8 500. Gemeinsam erzielen die Unternehmen, Selbstständigen und Freiberufler in der Metropolregion einen Umsatz von 4,3 Mrd. Euro. Diese Kennzahlen aus dem „Zwischenbericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft in der Europäischen Metropolregion 2015“ zeigen das ökonomische Gewicht dieses Wirtschaftszweigs. Aber dessen Bedeutung lässt sich nicht allein in Zahlen vermessen. „Kreativität ist ein entscheidender Faktor für die Innovationsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts“, betont Dr. Michael Fraas, Wirtschaftsreferent der Stadt Nürnberg, im Zwischenbericht. „Kreative Köpfe sind gefragt, wenn es um neue Ideen, neue Geschäftsmodelle oder ganz neue Wertschöpfungsketten geht.“ Die wichtige Rolle der „kreativen Klasse“ als Impulsgeber für Innovation und Wachstum einer Region hat Richard Florida untersucht. Regionen mit einer starken „kreativen Klasse“ hätten auch eine starke Anziehungskraft für kreative Talente, so die These des US-Wirtschaftsprofessors. Aus diesem Grund war die EMN in den letzten Jahren mit dem Claim „Heimat für Kreative“ unterwegs.

Bayerisches Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft

Als Anlaufstelle für die Kulturschaffenden in Bayern wurde im März 2015 das Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft (Bayernkreativ) eröffnet, das seinen Standort in der Nürnberger Innenstadt hat. Von hier aus sind die Mitarbeiter in allen Regierungsbezirken des Freistaats unterwegs: An 18 Standorten, darunter auch in Nürnberg, bieten sie regelmäßig am „bayernkreativTAG“ kostenlose Erstberatungen für Kreativ- und Kulturschaffende an. Typische Fragen sind dabei das passende Geschäftsmodell, wirksame Kundenakquise, geeignete Netzwerke sowie Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, so die Erfahrung von Dirk Kiefer, dem Leiter von Bayernkreativ. 

Außerdem organisiert Bayernkreativ überregionale Veranstaltungen: In Nürnberg war zum Beispiel im Januar der Science-Fiction-Autor und Querdenker Bruce Sterling zu Gast. Zu den Zielen von Bayernkreativ gehört der Aufbau eines überregionalen KuK-Netzwerks; deshalb hat die Zusammenarbeit mit Initiativen und Einrichtungen einen hohen Stellenwert. So gab es bereits zahlreiche gemeinsame Veranstaltungen mit der IHK Nürnberg für Mittelfranken, der Handwerkskammer für Mittelfranken und der Stadt Nürnberg.

Kreative und Einzelhändler vernetzen

Dieses Selbstverständnis sieht Dirk Kiefer auch als Zeichen, dass die EMN und die hier ansässigen Unternehmen die Bedeutung der Branche bereits frühzeitig erkannt haben – ihre Sichtbarkeit sei hier besonders groß. Dennoch: Bei der Wahrnehmung sei durchaus noch Luft nach oben, findet Alexander Fortunato. Der Referent für Kultur- und Kreativwirtschaft bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken will die Sichtbarkeit der Branche verbessern – kein leichtes Unterfangen angesichts der kleinteiligen Struktur mit vielen Einzelkämpfern und Klein(st)betrieben. Fortunato setzt dabei auf die „Quervernetzung“ mit anderen Branchen. So hat er vor Kurzem um „IHK-Zukunftsforum Handel“ Referenten aus der Kreativwirtschaft eingeladen und Bayernkreativ als Kooperationspartner gewinnen können: „Schwerpunkt der Veranstaltung waren Herausforderungen durch die Digitalisierung. Da können die regionalen Einzelhändler von kreativen Ideen profitieren.“ Demnächst sollen weitere Formate in Kooperation mit Bayernkreativ entwickelt werden, um gemeinsame Projekte von Kreativen und IHK-Mitgliedern aus anderen Wirtschaftszweigen anzustoßen.

Alexander Fortunato hat auch den Anspruch, die Wertschätzung kreativer Arbeit in den Reihen der mittelfränkischen Unternehmer zu fördern. „Dazu gehören auch angemessene Honorare“, betont der IHK-Referent mit dem Hinweis auf die um sich greifende Unsitte, von Kreativen erst einmal Gratis-Kostproben ihrer Arbeit zu verlangen. Außerdem ist es Fortunatos Anliegen, auf die Qualität der regionalen KuK-Szene hinzuweisen: „Für tolles Design muss man nicht nach München, Hamburg oder Berlin fahren.“

„Vernetzung und Sichtbarmachung“ sind auch Ziele des „Creative Monday“. Dieses Veranstaltungsformat wurde 2010 aus der „Zentrifuge“ im Nürnberger Gewerbepark „Auf AEG“ heraus als Plattform für Kulturschaffende initiiert. Inzwischen findet diese Veranstaltung an zwei Standorten statt: im Neuen Museum Nürnberg und im Z Bau. Nach der Dramaturgie dieses Formats werden nach einem 15-minütigen künstlerischen Beitrag drei kreative Projekte in jeweils sieben Minuten vorgestellt; schließlich dürfen noch Ideen-Pitches à zwei Minuten präsentiert werden. Anschließend ist Netzwerken angesagt.

Dem Netzwerken dient auch das Online-Portal „mehrwertzone.net“: Die Plattform „zur Förderung und Unterstützung der Kulturschaffenden und Kreativen der Region Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach“ wird von der Arbeitsgemeinschaft „Kultur im Großraum“ mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung Nürnberg finanziert. Der Internet-Auftritt bietet eine regionale Jobbörse, Links zu Ausschreibungen und Wettbewerben sowie Hilfe bei der Suche nach Fördermöglichkeiten.

Symposien für Kreative

Kontakte im realen statt nur im virtuellen Raum können die Angehörigen der kreativen Klasse alljährlich im Herbst bei den Symposien knüpfen, die seit 2010 von den Foren „Kultur“ und „Wirtschaft und Infrastruktur“ der Europäischen Metropolregion organisiert werden. Jede Veranstaltung hat einen Teilmarkt der Kultur- und Kreativwirtschaft als Themenschwerpunkt. Das Symposium 2015 beschäftigte sich mit der Software/Games-Industrie; im Herbst 2016 wird der Kunstmarkt im Fokus stehen. Zu den KuK-Akteuren in der Region gehört auch der 2015 gegründete Verein „Die Vormation“, der die Interessen der Kreativen „als einflussreicher Gesprächspartner gegenüber Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“ vertreten will.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2016, Seite 40

 
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