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Manager-Haftung

Sicher aufgefangen

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Mit einer Manager-Haftpflichtversicherung können sich Geschäftsführer gegen die Folgen von Fehlentscheidungen absichern.

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet maximal mit 25 000 Euro – diese Annahme ist ebenso langlebig wie falsch. Die weit verbreitete Unternehmensform sieht zwar eine kapitalseitige Haftungsbeschränkung vor, aber der Geschäftsführer haftet für alle beruflichen Pflichtverletzungen grundsätzlich mit seinem Privatvermögen. Jedes Jahr werden etwa 10 000 Schadenersatzansprüche gegen GmbH-Geschäftsführer geltend gemacht. Auch für Vorstände und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften steigt das Risiko, bei beruflichen Pflichtverletzungen in Regress genommen zu werden. Die Entwicklungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung, zum Beispiel die Reform des Aktiengesetzes oder das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), machen die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen leichter und stellen höhere Anforderungen an die Compliance.

Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse an der sogenannten D&O-Versicherung: Die Directors and Officers Liability Insurance kam 1986 aus dem anglo-amerikanischen Raum auf den deutschen Versicherungsmarkt. Heute bieten in Deutschland etwa 35 bis 40 Assekuranzen die sogenannte Manager-Haftpflichtversicherung an, so die Schätzung des Industrieversicherungsmaklers Marsh. Jedes Dax-Unternehmen und etwa 70 Prozent des Mittelstandes haben mittlerweile eine D&O-Police für ihr Führungspersonal abgeschlossen, so Diederik Sutorius, Geschäftsführer der VOV GmbH. Hinter dieser Versicherungsgemeinschaft mit Sitz in Köln stehen mehrere Assekuranzen, darunter HDI Gerling, Continentale, Aachen Münchener, Generali, Inter Versicherungsgruppe und Nürnberger Versicherungsgruppe.

Das Prämien- und Schadensvolumen der D&O-Versicherung in Deutschland soll bei 3,5 Mrd. Euro liegen. Genaues weiß man nicht, denn mit Zahlen und Daten geizt die stets um Diskretion bemühte Branche. Von Ausnahmefällen wie den 3,4 Mio. Euro, die Thomas Middelhoffs Manager-Haftpflichtversicherung an den Arcandor-Insolvenzverwalter überweist, gelangen Namen und Schadenssummen nicht an die Öffentlichkeit.

Dieser Hang zur Verschwiegenheit begünstigt Wissenslücken und Legenden, die sich um das Thema D&O-Versicherung ranken. So denken manche Manager, diese Versicherung würde die Risiken des Unternehmens absichern. Andere halten die D&O-Versicherung für einen Vollkasko-Freibrief, der jeden Fehler der Chefetagen begleicht, selbst wenn er mit grobem Leichtsinn oder gar mit krimineller Energie begangen wurde.

Was ist versichert?

Zur Aufklärung: Die D&O-Versicherung ist eine Ausprägung der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Der Schutz durch die D&O-Police umfasst die Prüfung der Haftungsfrage, die außergerichtliche und gerichtliche Abwehr von unberechtigten Ansprüchen und die Regulierung berechtigter Ansprüche, also die Zahlung der zu leistenden Entschädigung. Die Höhe des Versicherungsschutzes richtet sich nach der vereinbarten Deckungssumme.

Die D&O-Versicherung ist eine Versicherung auf fremde Rechnung: Der Versicherungsnehmer – in Frage kommen eine juristische Person des Privatrechts, also ein Unternehmen, ein Verein oder eine Stiftung – schließt die Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen ab. Die versicherte Person ist in der Regel ein Mitglied der geschäftsführenden Organe des Versicherungsnehmers (Vorstand, Geschäftsführer), eines Aufsichtsorgans (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat) oder eines beratenden Organs (Beirat, Ausschuss).

Der Schutz durch die D&O-Versicherung gilt sowohl für die Innen- als auch für die Außenhaftung. Nach innen haftet der Manager „gegenüber der eigenen Gesellschaft aus der Verletzung organschaftlicher, dienstvertraglicher oder deliktischer Pflichten“, so die Fachliteratur. Außenhaftung ist die Haftung gegenüber Dritten, also Kunden, Lieferanten, Beschäftigen oder Gesellschaftern. Das Thema Innenhaftung spielt bei dem Konstrukt der „Versicherung auf fremde Rechnung“ eine besonders wichtige und bisweilen auch heikle Rolle: Die Ansprüche des Versicherungsnehmers – sprich der Gesellschaft – gegenüber der versicherten Person sind Bestandteil des Versicherungsschutzes. Kommt es hart auf hart, kann der Kunde der Versicherung im Gerichtssaal zum Gegner werden.

Bei Vorsatz keine Leistungen

Die Manager-Haftpflicht zahlt nicht bei wissentlich oder vorsätzlich begangenen Pflichtverletzungen. Aber bis zur Klärung der Beweislage begleicht die Versicherung die Abwehrkosten, zum Beispiel für externe Gutachter oder Anwälte. Es gilt: Unwissenheit schützt nicht vor persönlicher Haftung. Maßgeblich ist, was ein Manager hätte wissen können. Eine fahrlässige Pflichtverletzung genügt, um Schadensersatzforderungen aus der Privatschatulle begleichen zu müssen. Hinzu kommt die sogenannte Beweislastumkehr: Ein Manager muss gegenüber dem Unternehmen oder Dritten beweisen, dass er sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hat.

Dabei leistet die D&O-Versicherung nicht unbegrenzt. Die Deckungssumme setzt das Limit für alle Schadensfälle, die während eines Versicherungsjahres eintreten. Franz Held, Mitglied der Geschäftsleitung der VOV-GmbH: „Die Versicherungssumme der Unternehmens-D&O steht allen Mitgliedern der Führungs- und Aufsichtsgremien der versicherungsnehmenden Gesellschaft inklusive aller Tochtergesellschaften insgesamt zur Verfügung.“ Der Geschäftsführer könne somit nicht beeinflussen, ob zum Beispiel ein anderer Geschäftsführer einer in den Versicherungsschutz einbezogenen Tochtergesellschaft einen Schadenfall auslöst und dann die komplette Versicherungssumme dafür „abgeräumt“ wird. „Im schlechtesten Fall ist die Deckung dann also weg“, warnt Held.

Dasselbe gilt, wenn die Schadenssumme die Deckungssumme übersteigt. Beim VW-Abgasskandal wird in den Medien als Deckungssumme der D&O-Versicherung des Autokonzerns die Zahl von 500 Mio. Euro gehandelt. Sie würde damit weit unter der vermuteten Schadenshöhe liegen, die auf einen zweistelligen Milliardenbereich veranschlagt wird.

Um der Gefahr vorzubeugen, bei der Verteilung der Deckungssumme leer auszugehen und privat zur Kasse gebeten zu werden, entscheiden sich immer mehr Manager für eine persönliche D&O-Versicherung; sie ist unabhängig von der D&O-Police, die das Unternehmen für ihr Führungspersonal abgeschlossen hat. Nach der Anfang 2016 veröffentlichten Studie „Managerhaftung“ der VOV GmbH setzt die Hälfte der befragten Geschäftsführer auf eine persönliche D&O-Versicherung.

Dies kann sich gerade im Insolvenzfall bezahlt machen. Wenn Unternehmen in Schieflage geraten, nehmen die Haftungsrisiken für das Führungspersonal zu. Immer wieder kursieren in der Wirtschaftspresse Meldungen über klagefreudige Insolvenzverwalter, die Regress von Geschäftsführern, Vorständen, Aufsichtsräten oder Sanierungsberatern fordern. Ein Beispiel von vielen: Zwei Ex-Vorstände des Solarzellenproduzenten Q-Cells wurden wegen Insolvenzverschleppung und Beschäftigung teurer Sanierungsberater auf 100 Mio. Euro Schadensersatz verklagt. „In den letzten Jahren stellen wir einen signifikanten Anstieg insbesondere im Bereich der Insolvenzen fest“, sagt VOV-Geschäftsführer Diederik Sutorius.

Inzwischen ist die D&O-Versicherung auch im Mittelstand angekommen. Allerdings lasse sich nicht pauschal sagen, für welche mittelständischen Unternehmen und in welcher Höhe der Abschluss einer D&O-Versicherung sinnvoll ist, erklärt Ira Kutschke, Rechtsassessorin im Geschäftsbereich Recht | Steuern der IHK Nürnberg für Mittelfranken. „Letztlich handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung und eine Risikoabwägung, bei der verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind, etwa die Anzahl der abgeschlossenen Verträge, der Geldbetrag, um den es jeweils geht, die Branche und die Mitarbeiterzahl.“ Grundsätzlich gilt: Je komplexer eine Unternehmung ist, desto fehleranfälliger ist die Organisationsstruktur. „Bei der Anstellung eines Fremdgeschäftsführers durch eine Kapitalgesellschaft kann eine D&O-Versicherung sinnvoll sein, um zu verhindern, dass der Geschäftsführer aus Angst vor den finanziellen Folgen zögert, Entscheidungen zu treffen“, so die Einschätzung der Rechtsassessorin.

Branchen-Experten gehen davon aus, dass die Manager-Haftpflichtversicherung ein Wachstumssegment bleibt. Für diese Einschätzung spricht eine Aussage aus der VOV-Studie „Managerhaftung“: Zwei Drittel der befragten Geschäftsführer geben an, dass sie bei einer Entscheidung zunächst an die wirtschaftlichen Chancen für das Unternehmen denken, erst dann an die Absicherung durch Compliance-Vorschriften.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2016, Seite 14

 
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