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Schwindel mit Adressbüchern

Amtlich oder doch nicht?

Untersuchung Vertrag Test Kleingedrucktes Prüfung Unternehmer © aleksicze - Fotolia.de

Viele Unternehmen unterschreiben arglos behördlich aussehende Formulare und schließen damit unbeabsichtigt teure Verträge ab.

Unternehmen, die eine Eintragung im Handelsregister veranlasst haben, sind besonders gefährdet: Sie erhalten vielfach kurz danach Rechnungen über einen „Registereintrag“, dem oft ein ausgefüllter Überweisungsträger beigefügt ist. Bei diesen Angeboten, die oft als „Eintragungsofferte“ bezeichnet werden, ist meist nicht auf den ersten Blick erkennbar, dass keine rechtliche Pflicht zur Eintragung und Bezahlung in das genannte Register besteht. Denn bei einer Handelsregistereintragung und deren Veröffentlichung muss man ausschließlich die Rechnung des Notars und die Abrechnung des Registergerichts begleichen. Auf alle „Eintragungsofferten“, die darüber hinaus eingehen, muss nicht eingegangen werden.

Häufig werden den Unternehmen auch Briefe, Faxe oder E-Mails von offiziell klingenden Absendern zugesandt, in denen dazu aufgerufen wird, beigefügte Unternehmensdaten auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren. Diese vermeintlichen „Anzeigenkorrekturen“ beziehen sich auf einen angeblich schon bestehenden Eintrag im entsprechenden Register oder Adressbuch. Mitunter werden sogar Anzeigen in die Schreiben einkopiert, die das angeschriebene Unternehmen in einem anderen Medium geschaltet hatte. Meist ist erst im Kleingedruckten des „Angebots“ erkennbar, dass man bei der Unterschrift einen neuen Vertrag abschließt. Deshalb sollten solche „Korrekturfahnen“ stets genau überprüft werden: Kommt das Angebot von einem bekannten Anzeigenblatt, ist eine Anzeigenschaltung für das Unternehmen überhaupt sinnvoll und welche Kosten würden anfallen? Grundsätzlich sollte man sich auf nichts einlassen, wenn Adressbuchverlage Angebote per Telefon unterbreiten bzw. bei schriftlichen Angeboten telefonisch nachhaken.

Alarmsignale

Bei allen Schreiben, die einen amtlichen und rechnungsähnlichen Eindruck vermitteln, sollte man grundsätzlich misstrauisch sein. Lesen und prüfen Sie genau, bevor Sie etwas unterschreiben oder Rechnungen überweisen. Prüfen Sie, wer der Absender ist. Häufig sitzt er im Ausland, was auch an der IBAN auf dem Überweisungsträger erkennbar sein kann.

Wenn die „Angebote“ folgende Merkmale aufweisen, können dies Anhaltspunkte dafür sein, dass besondere Vorsicht geboten ist:

  • Verwendung von offiziell klingenden Begriffen, z. B. „Deutsche/s …“, „-register“, „zentrale“, „Handels-“, „Gewerbe-“, „Unternehmens-“, „Veröffentlichungen“
  • Verwendung von hoheitlich erscheinenden Insignien, z. B. Bundesadler, Europasterne, Wappen und Flaggen
  • Die Namen der Anbieter bzw. ihrer Adressbücher nehmen Bezug auf bekannte Anbieter (z. B. „Gelbes ...“, „Branchenbuch“). Es werden Logos verwendet, die an bekannte Adressbuchanbieter erinnern.
  • Die Formulare sind so gestaltet, dass sie den offiziellen Formularen von Behörden, Gerichten oder bekannten Einrichtungen ähneln (z.B. Amtsgericht, Deutsches Patent- und Markenamt).  
  • Die Formulare sind wie Rechnungen gestaltet oder enthalten die ausdrückliche Überschrift „Rechnung“, oft wird ein ausgefüllter Überweisungsträger beigefügt.
  • Es werden Fristen für die Zahlung gesetzt bzw. es wird eine schriftliche Rückmeldung verlangt – manchmal ergänzt um die drohend formulierte Ankündigung, dass sonst keine Veröffentlichung erfolgt oder Daten gelöscht werden.
  • Begriffe wie „Grundeintrag“, „Offerte“, „kostenlos“, „kostenfrei“, „Ihr Eintrag“, „Korrektur“, „Korrekturabzug“ werden hervorgehoben.
  • Es werden Daten des angeschriebenen Unternehmens oder eine eigene, bereits früher veröffentlichte Anzeige mitgeschickt – versehen mit der Aufforderung, die „Richtigkeit der Daten“ zu überprüfen und die Angaben gegebenenfalls zu korrigieren.
  • Oft sind in diese Unternehmensdaten bewusst Fehler eingebaut, die zur Korrektur und zur Rücksendung des unterschriebenen Formulars verlocken sollen.
  • Die Formulare enthalten entweder überhaupt keinen Absender oder Firmensitz bzw. nur einen im Ausland.

Auf all dies sollte man auch die Mitarbeiter – beispielsweise in der Finanzbuchhaltung – hinweisen, damit sie solche „Rechnungen“ nicht kritiklos begleichen.

Was tun, wenn doch unterschrieben wurde?

Unternehmen, die sich durch ein unseriöses Angebot getäuscht sehen und ein Formular unterschrieben haben, sollten den Vertrag anfechten und zusätzlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Nur so verhindert man eine ungewollte (meist im Kleingedruckten versteckte) automatische Verlängerung des Vertrags. Anfechtung und Kündigung sollten per Einschreiben mit Rückschein verschickt werden, damit der Zugang der Kündigung nachgewiesen werden kann. Sollte der Adressbuchverlag eine unrichtige Anschrift angegeben haben, hätte man auch darüber einen Nachweis.

Selbst wenn der Vertrag angefochten und gekündigt wurde, bestehen die Adressbuchverlage in der Regel mit Nachdruck auf der Zahlung. Sie mahnen häufig aggressiv und penetrant, indem sie durch Schreiben von Anwälten oder Inkassobüros sowie durch Hinweise wie „letzte Mahnung“ eine Drohkulisse aufbauen. Sie kündigen mitunter auch gerichtliche Schritte an (z. B. Zahlungsklage, Mahnbescheid, Zwangsvollstreckung und Pfändung) und behaupten, Schufa-Einträge zu veranlassen. Diese sind aber bei einer angefochtenen Forderung gar nicht erlaubt, eine entsprechende Meldung an die Schufa wäre also rechtswidrig. Betroffene Unternehmen sollten deshalb in ihrem Kündigungs- bzw. Anfechtungsschreiben die Weitergabe ihrer Daten an die Schufa ausdrücklich untersagen.

Muss man bezahlen?

Ob man tatsächlich bezahlen muss, wenn man auf unseriöse Angebote hereingefallen ist, ist nach der aktuellen Rechtslage nicht eindeutig zu beantworten und wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. In der Praxis werden die Drohungen deshalb in den meisten Fällen nicht wahr gemacht. Es besteht nämlich das Risiko für den Versender der Angebote, dass ein Gericht in dem betreffenden Formular eine Täuschung sieht und die Anfechtung für berechtigt hält. Insbesondere Formularbetrüger aus dem Ausland klagen in der Regel nicht. Es sind aber auch vereinzelt Fälle bekannt, in denen doch eine Zahlungsklage erhoben oder ein Mahnbescheid beantragt wurde. Dann ist auf jeden Fall eine Reaktion von Seiten des Unternehmens erforderlich. Fragen Sie bei der IHK nach, ob der Kläger dort bereits bekannt ist und ob ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden sollte.

Besser ist es auf jeden Fall, Zusendungen von Adressbuchanbietern immer sehr genau zu prüfen, bevor man eine Unterschrift leistet. Auch dabei kann die IHK unterstützen: Sie gibt Auskunft, für welche Register tatsächlich eine Eintragungspflicht besteht, ob es bei einem konkreten Angebot mit rechten Dingen zugeht. Grundsätzlich sollte die IHK immer über zweifelhafte Formulare informiert werden, damit sie sich einen Überblick über die gerade gängigen Praktiken verschaffen kann. Eine wichtige Adresse für alle Fragen rund um Adressbuch-Eintragungen ist auch der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (www.dsw-schutzverband.de), der eng mit den IHKs zusammenarbeitet, um gegen unseriöse Geschäftspraktiken professionell vorzugehen.

Autor/in: 

DIHK/IHK

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2016, Seite 14

 
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