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Bauleitplanung

Was ist wo geplant?

Die IHK hat Einsicht in die Planungsunterlagen der Kommunen und prüft, ob Standortnachteile für Unternehmen entstehen können.

Wer die Suchbegriffe „Bauleitplanung“ und „Konflikt“ kombiniert, erhält bei Google über 65 000 Treffer, darunter viele Rechtsanwaltskanzleien, Mediatoren und Seminaranbieter. Die Ausbeute der Recherche zeigt, wie heikel das Thema sein kann – vor allem für Unternehmen. Sie unterschätzen bisweilen die Tragweite der Bauleitplanung. Die ist nämlich nicht nur dann relevant, wenn Unternehmen eine Baugenehmigung brauchen, sondern tangiert auch andere betriebliche Entscheidungen, etwa Umnutzung oder Erweiterung. Bei der Orientierung in diesem komplexen Themenfeld unterstützt die IHK Nürnberg für Mittelfranken ihre Mitgliedsbetriebe. „Die Bauleitplanung ist ein zentraler Aspekt der Standortsicherung und der Wirtschaftsförderung“, erklärt Martina Stengel, die im IHK-Geschäftsbereich Standortpolitik und Unternehmensförderung für den Bereich Raumplanung und Standortberatung verantwortlich ist.

Flächennutzungs- und Bebauungsplan

Mit der Bauleitplanung gibt das Baugesetzbuch (BauGB) den Kommunen ein Instrument an die Hand, um die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gebiet verbindlich zu ordnen. Die Bauleitplanung umfasst zwei Stufen, den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan. Im Flächennutzungsplan, dem vorbereitenden Bauleitplan, stellt eine Kommune die Weichen, welche bauliche Nutzung für das Gemeindegebiet vorgesehen ist. Areale können als Gewerbegebiete, Mischgebiete (Wohnen und Gewerbe) oder als Wohngebiete ausgewiesen werden. Der Flächennutzungsplan muss mit den Zielen der Raumordnung konform gehen und von der Regierung von Mittelfranken als höherer Verwaltungsbehörde genehmigt werden. Auf Basis des Flächennutzungsplans wird dann für ein bestimmtes Gebiet ein Bebauungsplan erstellt. Dabei soll die Öffentlichkeit frühzeitig in anstehende Planungen einbezogen werden, so die Vorgabe des Baugesetzbuchs. Der Bebauungsplan legt fest, wie die Grundstücke in einem abgegrenzten Areal genutzt werden. Er wird als Satzung beschlossen und ist mit seiner Bekanntgabe rechtsverbindlich.

Nach §1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen insbesondere die Belange der Wirtschaft zu berücksichtigen. Und in §1 Abs. 7 ist festgeschrieben, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen „die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind“. Die IHK hat einen wichtigen Anteil, dass dieser Anspruch eingelöst wird: Die jeweils zuständige IHK wird bei der Aufstellung von Bauleitplänen beteiligt und vertritt im Anhörungsverfahren die Interessen der Wirtschaft. Als Trägerin öffentlicher Belange bekommt die IHK frühzeitig Einsicht in die kompletten Planungsunterlagen und prüft, ob Standortnachteile für Unternehmen entstehen können. „Wichtige Aspekte sind dabei unter anderem Verkehrsanbindung, Grünordnung und ausreichender Abstand zwischen Wohn- und Gewerbeflächen“, erklärt Martina Stengel.

Bei der Prüfung hat die Einschätzung der lokalen Akteure großes Gewicht, wie Stengel betont: „Die IHK-Gremien als Vertreter der regionalen Wirtschaftsinteressen spielen hier eine wesentliche Rolle. Sie kennen die Gegebenheiten und Anforderungen vor Ort am besten.“ Nach der Prüfung gibt die IHK eine Stellungnahme ab. Diese ist weit mehr als eine bloße Formalie: „Die Kommunen sind verpflichtet, sich mit unseren Argumenten auseinanderzusetzen“, erklärt Stengel. Äußert die IHK „Bedenken“ oder „Anregungen“, so die Terminologie im BauBG, muss der Stadt- oder Gemeinderat dazu Position beziehen. Von den 307 Stellungnahmen, die 2015 von der IHK Nürnberg für Mittelfranken verfasst wurden, enthielten 44 Bedenken oder Anregungen. Von 2006 bis 2015 wurden insgesamt 3 299 Stellungnahmen abgegeben, davon 288 mit Bedenken oder Anregungen.

Ein immer wieder auftauchender Konflikt in der Bauleitplanung ist das Aneinanderrücken unterschiedlicher Nutzungen. Da ist beispielsweise ein Betrieb des verarbeitenden Gewerbes seit Jahrzehnten am Ortsrand ansässig. In Hörweite gab es keine Anwohner, die an der Geräuschkulisse der Produktion oder der Lieferfahrzeuge hätten Anstoß nehmen können. Nun weist die Gemeinde in der Nähe Baugrundstücke für Reihen- und Einfamilienhäuser aus. Das Unternehmen genießt zwar Bestandsschutz, fürchtet aber dennoch Beschwerden – oder schlimmstenfalls Klagen – der neuen Nachbarn. Solche Fälle begegnen der IHK-Referentin häufig: „Wir versuchen dann, Nutzungskonflikte von vornherein zu vermeiden, etwa durch größere Abstandsflächen.“ Prinzipiell bemüht sich Martina Stengel um einen „Interessenausgleich im konstruktiven Dialog“. Dabei gilt der Grundsatz, Einzelbelange wahrzunehmen, sofern sie nicht den gesamtwirtschaftlichen Interessen widersprechen.

Nutzungskonflikte zwischen Wohnen und Gewerbe dürften in Zukunft zunehmen, denn der Bedarf an Wohnraum in Ballungsgebieten wächst rasant. Gleichzeitig beklagen gerade kleine und mittlere Unternehmen den Mangel an Gewerbeflächen, wie auch die IHK-Standortumfrage zeigt. So war auf einem Fragebogen folgende Bemerkung eines Unternehmens aus dem IHK-Gremiumsbezirk Erlangen zu lesen: „(Es ist) wichtig, dass es auch in Zukunft in der Region Erlangen/Nürnberg Gewerbeflächen für kleinere Handels- und Handwerksbetriebe gibt, (...) nicht nur Zentren für Großfirmen und Technologiebetriebe.“ Aber angesichts der Flächenknappheit zeichnet sich die Tendenz ab, Gewerbegebiete in Mischgebiete mit gewerblicher und wohnbaulicher Nutzung umzuwidmen.

Städte und Gemeinden haben keine gesetzliche Bringschuld, direkt oder indirekt betroffene Grundstückseigentümer oder Betriebe und Geschäfte zu informieren. Deshalb sind Unternehmen gut beraten, den Flächennutzungsplan und die Bebauungspläne in ihrem Umfeld im Blick zu behalten. Die Kommunen sind verpflichtet, die Auslegung von Bauleitplänen öffentlich bekannt zu machen. Diese Pflicht wird in der Regel mit einer Veröffentlichung im Amtsblatt erfüllt.

Eine Übersicht über die Planverfahren, die gerade in den bayerischen Städten und Gemeinden öffentlich ausliegen, bietet das IHK-Standortportal Bayern (www.standortportal.bayern). Dort sind mit wenigen Mausklicks alle Planverfahren im Freistaat abrufbar, zu denen die IHKs Stellungnahmen abgegeben haben (siehe WiM 7/2016, Seite 18).

Auch viele Kommunen bemühen sich um Transparenz und stellen Informationen zur Bauleitplanung online zur Verfügung: Zum Beispiel hat die Stadt Nürnberg eine Übersicht von Bebauungsplänen im digitalen Auskunftssystem „Biss“ (Bebauungsplan-Informationssystem des Stadtplanungsamtes) zusammengestellt. Sie zeigt, wo im Stadtgebiet Festsetzungen eines verbindlichen Bebauungsplans bestehen oder in Vorbereitung sind.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2016, Seite 92

 
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