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IHK-Patentforum

Schützenswertes Wissen

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Der Mittelstand vernachlässigt oft den Schutz geistigen Eigentums. Wie kann das Know-how abgesichert werden?

Der Großraum Nürnberg gilt als Ideenschmiede: Rund fünf Prozent der deutschen und etwa ein Fünftel der bayerischen Patente werden von Unternehmen der Region eingereicht. In dieser Statistik macht sich der Mittelstand allerdings rar, obwohl der Schutz von geistigem Eigentum auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) existenziell wichtig ist. Diese Zielgruppe will das IHK-Patentforum Nordbayern ansprechen – ein Veranstaltungsformat, das von den fünf nordbayerischen IHKs angeboten wird. Die 13. Auflage mit dem Titel „Innovationskraft und Wettbewerbsvorteile durch Patente“ fand vor Kurzem in Nürnberg statt.

„Welches Potenzial haben meine Patente?“ Mit dieser Frage sollten sich Unternehmen systematisch auseinandersetzen, so das Plädoyer von Bruno Götz. Der Leiter des in Nürnberg ansässigen Patentzentrums Bayern des TÜV Rheinland stellte die „Patentakte“ vor, ein Instrument zur qualitativen Bewertung von Patenten: Es enthält nicht nur die wichtigsten Fakten zu einem Patent (Anmeldung, Laufzeit etc.), sondern auch eine Bewertung anhand eines Scoring-Modells. Das Patent wird dabei in den Kategorien Markt, Strategie, Recht, Technologien und Finanzen nach einem Punktesystem beurteilt; das Ergebnis wird grafisch dargestellt. Dieses Vorgehen habe sich in der Praxis bewährt.

Effizientes Patentmanagement war auch das Thema von Peter Meckler, Leiter Innovation und Technologie bei der E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH. Das Unternehmen mit Stammsitz in Altdorf hat den Anspruch, sich als globaler Technologieführer im Sektor Geräteschutzschalter zu behaupten. Deshalb hat die Innovationsstrategie einen hohen Stellenwert, etwa sieben Prozent des Jahresumsatzes fließen in Forschung und Entwicklung. Ein wesentlicher Baustein des Innovationsprozesses sei das Patentmanagement, unterstrich Meckler. Es umfasst verschiedene Komponenten: Patentstrategie, Recherche, Anmeldeverfahren, Vergütungen für Arbeitnehmererfinder, Patentbewertung, Kennzahlen, Aufrechterhaltung von Patenten sowie Lizenzen und Verkauf.

Viele Unternehmen stehen vor der Entscheidung, ob gewerbliche Schutzrechte tatsächlich den Königsweg zum Schutz des geistigen Eigentums weisen. Prof. Dr.-Ing. Peter Hoffmann, Gründer und Geschäftsführer der Erlas Erlanger Lasertechnik GmbH, skizzierte auf dem Patentforum, in welchen Fällen Patente ein geeignetes Instrument für den Know-how-Schutz darstellen. Er unterschied dabei zwischen geheimem Know-how und offenem Know-how. Geheimes Know-how sei am Produkt oder an der Dienstleistung nicht unmittelbar erkennbar oder nachweisbar, offenes Know-how dagegen schon, etwa durch die besondere Konstruktion. Demnach sei offenes Know-how unmittelbar nach der Einführung eines Produkts oder einer Dienstleistung frei verfügbar und kopierbar. Es könne nur mit Schutzrechten vor Nachahmung gesichert werden.

Komplexer ist die Schutzrechtsanmeldung von geheimem Know-how. „Hier gilt es, Nutzen und Risiken abzuwägen“, betonte Peter Hoffmann. Bei einer Zurückweisung der Patentanmeldung laufe ein Unternehmen nämlich Gefahr, sein bis dato geheimes Know-how öffentlich und zugleich schutzlos preiszugeben. Die Erteilungsquote des Deutschen Patent- und Markenamtes bei abgeschlossenen Prüfungsverfahren lag 2015 bei rund 44 Prozent – das Risiko einer Zurückweisung ist also durchaus real. Hinzu kommt, dass der sogenannte Erteilungsumfang in der Regel geringer sei als der angemeldete Umfang, so Hoffmanns Hinweis. Bei der Pro- und Contra-Auflistung riet der Erlas-Geschäftsführer, auch den Sekundärnutzen von Schutzrechten zu bedenken. Dazu zählte er u. a. das Image auf dem Markt, die Motivation der Mitarbeiter sowie die verbesserte Position bei Verhandlungen über patentgeschützte Produkte.

Das Thema EU-Einheitspatent stand ebenfalls auf der Agenda des Patentforums. Das „Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“ (EPmeW) soll bewirken, dass Patente mit EU-weiter Erstreckung automatisch in allen 26 Mitgliedsstaaten gelten, die an der Reform des Europäischen Patentsystems teilnehmen. Bis dato müssen europäische Patente nämlich in nationale Patente konvertiert werden – mit entsprechenden Übersetzungs- und Verwaltungskosten. An das EPmeW ist deshalb die Hoffnung geknüpft, dass der europaweite Patentschutz sicherer, billiger und einfacher wird. In seinem Vortrag skizzierte Rechtsanwalt Dr. Paul Ganter aus der Perspektive der Patentanmelder den aktuellen Stand bei der Einführung des EPmeW. Der stellte sich kurz nach dem Brexit-Votum eher ernüchternd dar: Die Unsicherheit, wann es in Kraft treten kann, ist durch die Entscheidung Großbritanniens noch größer geworden.

Förderprogramm für den Mittelstand

Dr. Elfriede Eberl, IHK-Referentin für Innovationsmanagement und Technologietransfer, appellierte auf dem Patentforum, dass der Mittelstand bei Forschung und Entwicklung keinesfalls ins Hintertreffen geraten dürfe. Die Unterstützung innovativer, kleiner und mittlerer Unternehmen sei deshalb ein wichtiges Anliegen. Ein Beispiel für deren gezielte Förderung ist das Programm Wipano (www.wipano.de), das den Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen in Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten fördern soll. Die IHK plant mit dem Patentzentrum Bayern des TÜV Rheinland und dem Enterprise Europe Network (EEN) Bayern ein neues Projekt: Unternehmen können sich im eigenen Haus rund um das Thema Schutzrechte beraten lassen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2016, Seite 32

 
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