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Südwolle

Garn zu Gold spinnen

Suedwollegroup_Headquarter_Schwaig_web © Südwolle Group

Der Stammsitz der Südwolle Group in Schwaig bei Nürnberg.

Die Unternehmensgruppe mit Sitz in Schwaig bei Nürnberg gehört zu den international führenden Anbietern von hochwertigen Garnen.

Die deutsche Textilindustrie und ihre Garnhersteller haben schon bessere Zeiten gesehen. Dagegen präsentiert sich die Südwolle Group aus Schwaig bei Nürnberg im Jahr ihres 50. Firmenjubiläums als innovativer Global Player. 1966 hatten die Brüder Erhart und Wolfgang Steger den Grundstein für den heutigen Familienkonzern gelegt. Sie belieferten zunächst von einem Kellerbüro in Nürnberg aus mit einem Woll-Garnvertrieb die damals noch florierenden oberfränkischen Webereien mit Garnen. Seitdem hat sich das Unternehmen gegen den Niedergang der Textilindustrie gerade in Oberfranken und der Oberpfalz gestemmt. Man habe „viele Wandlungen erlebt“, konstatiert Klaus Steger, der Sohn von Gründer Wolfgang Steger und Geschäftsführer der Südwolle GmbH & Co. KG, um die sich die Südwolle Group gruppiert. Er war 1985 in das Unternehmen eingetreten und übernahm Anfang der 1990er Jahre Führungsverantwortung.

Weltweites Netzwerk

Heute wird vom Verwaltungssitz in Schwaig die Produktion und der weltweite Vertrieb von Kammgarnen auf Schurwollebasis koordiniert. Diese bilden das Ausgangsmaterial für die industrielle Produktion hochwertiger Web- und Strickstoffe. Weltweit kommen sie für die Herstellung von Markenstrümpfen, Designeranzügen, Outdoor-Textilien, Uniformen, Sitzen für Autos, Bahnen und Flugzeuge oder exklusive Polsterstoffe zum Einsatz. Für all diese Produkte liefert der Global Player sein diversifiziertes Produktspektrum hochwertiger Garne. Aktuell ist die Südwolle Group, seit 2001 unter dem Dach der Familienholding Erwo AG in Schwaig angesiedelt, in zehn Ländern aktiv. Im vergangenen Jahr erfolgte die Übernahme der italienischen Kammgarnhersteller Safil und Gruppo Tessile Industriale (GTI). Anfang des Jahres kam noch die italienische HF Filati hinzu. Damit verfügt die Südwolle Group über Spinnereien in China, Bulgarien, Italien, Polen und Rumänien mit einer Jahreskapazität von rund 26 000 Tonnen Garn.

1992 war die Internationalisierung mit einer ersten Spinnerei im polnischen Lodz eingeläutet worden, bereits zwei Jahre später kam eine weitere im chinesischen Zhangjiagang hinzu. Zur Gruppe gehören auch Färbereien und Veredlungsbetriebe im hessischen Stadtallendorf und in China. Ende 2016 soll das zentrale Logistikzentrum von Weiden in ein topmodernes Hochregallager in Hof umziehen. Außerdem gibt es weitere Versandstandorte in China und den USA, aber auch in Italien, Großbritannien oder der Türkei. Mit ihnen wird sichergestellt, dass Kunden binnen 24 Stunden mit den Garnprodukten aus dem Standardprogramm der Südwolle Group beliefert werden können.

Mit den Akquisitionen im letzten Jahr legte der Gruppenumsatz der Südwolle um rund ein Drittel auf rund 440 Mio. Euro zu. Die Zahl der Mitarbeiter stieg um 600 auf 2 900, davon waren über 150 in Deutschland beschäftigt. Neben Südwolle mit seinen Webgarnen gehören Biella Yarn (Flachstrickgarne), Yarn in Motion (Rundstrickgarne), Richter (Strumpfgarne), Stöhr (technische Garne) und Soey (Air-Jet-Garne) in dieses Segment. Der Gesamtumsatz des Familienkonzerns Erwo sprang von 450 auf 640 Mio. Euro. Unter dem Holding-Dach findet sich als zweites starkes Standbein die Mehrheitsbeteiligung an der Hoftex Group mit Sitz in Hof, die sich unter anderem auf die Entwicklung und Herstellung technischer Textilien konzentriert. Außerdem finden sich unter der Erwo-Obergesellschaft eine Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft sowie eine Mehrheitsbeteiligung an der Designer Textiles International. Weltweit beschäftigt der Konzern 4 200 Mitarbeiter, 70 davon in der Zentrale in Schwaig. Die Ertragslage bezeichnet Steger als Vorstandschef der Erwo als „seit Jahr und Tag zufriedenstellend“.

Noch in den 70er Jahren setzte die Südwolle Group auf eine eigene Produktion und errichtete in Weiden und später in Berlin mehrere eigene hochmoderne Spinnereien. So konnte die Gruppe ihr eigenes Produktportfolio exakt auf die Maßgaben des Marktes ausrichten. Das Unternehmen vollzog damit den Schritt vom klassischen Auftragsspinner zum Anbieter eines Programms vorproduzierter Garne, die innerhalb kürzester Zeit geliefert werden konnten. Doch die hoch dynamische Textilbranche in Deutschland geriet mit dem industriellen Strukturwandel und der dann einsetzenden Globalisierung stark unter Druck. Viele Firmen, gerade auch in Oberfranken und der Oberpfalz, konnten sich der Verlagerung der Textilproduktion und neuer Absatzmärkte in Richtung Osteuropa und Asien nicht widersetzen. Der letzte deutsche Produktionsstandort der Südwolle musste 2012 geschlossen werden.

Im letzten Vierteljahrhundert habe sich der Markt für den Rohstoff Wolle „wertmäßig weltweit halbiert“. In dieser Zeit musste das Familienunternehmen „den Mut aufbringen, sich ständig neu auszurichten“. Mittlerweile agiert die Südwolle Group nach eigenen Angaben als Weltmarktführer im Bereich Kammgarne aus Wolle und Mischungen. „Unsere Marktanteile wachsen in einem schrumpfenden Markt“. Mit der GTI-Übernahme agiere man nun auch im Luxussegment der Garne – für Steger ein „Höhepunkt“ in der Firmengeschichte.

Textile Innovationen

Aber auch sonst trieb Südwolle die Entwicklung voran. War einst das Farbspektrum der Garne eng begrenzt, werden mittlerweile eigene Farben kreiert und Garne eingefärbt. Die neue Farbpalette finden Verbraucher im Herbst 2017 im Handel. Außerdem wird an neuen Funktionen der Materialien getüftelt, um etwa einen Wollpulli in die Waschmaschine stecken zu können, ohne dass sich Wollfussel bilden. Hierfür entwickelte die Südwolle Group das Verfahren „Naturetexx Plasma Treatment“, bei dem Wolle ohne den Einsatz von Chlor oder anderen chemischen Zusätzen bearbeitet wird. Ein Plasmafeld aus Luft und elektrischer Spannung glättet die Oberfläche der Fasern so, dass sie maschinenwaschbar sind, ohne zu filzen. Dafür gab es im letzten Jahr den renommierten „Outdoor Industry Gold Award“ in der Kategorie „Sustainable Innovators“. Für die Hersteller von Outdoor-Funktionsbekleidung wurde eigens eine Merino-Nylon-Mischfaser entwickelt. Diese Mischung aus Naturfaser und synthetischen Fasern entsteht in einem innovativen Spinnverfahren und kombiniert die natürlichen Eigenschaften der Wolle mit den funktionalen Eigenschaften von Nylon. Dieses extra-starke Merinogarn hat eine weichere Oberfläche und bei gleichem Gewicht eine stärkere Haltbarkeit. Solche Innovationen und ökologische Lösungen sind für Steger nicht nur Auftragsarbeit, „es entspricht unserer Kultur“.

Mit dem internen Programm „Südwolle Group 5.0“ ist die Gruppe noch dichter an ihre Geschäftskunden gerückt. Man wolle nicht erst dann reagieren, wenn der Kunde nach einer bestimmten Lösung fragt. Deshalb spricht die Gruppe entlang der Lieferkette frühzeitig mit Kunden – und „vertrauensvoll auch mit den Kunden der Kunden“ – um sich möglichst frühzeitig an der Entwicklung spezieller Lösungen aktiv zu beteiligen. Maßgeschneiderte Innovationen, Nachhaltigkeit und Produktsicherheit spielen eine immer größere Rolle. Über Umsätze in der Zukunft will Steger nicht sprechen: „Wachstum ist für uns per se kein Ziel.“ Vielmehr will sich die Südwolle Group in einem globalen und schnellen Textilmarkt weiter vom reinen Garnproduzenten hin zum Lösungsentwickler mit internationalen Partnern wandeln.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2016, Seite 83

 
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