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Schöpferische Leistungen

Reich durch Ideenreichtum?

Erfindergeist © Thinkstock.com/agsandrew

Wenn ein Mitarbeiter schöpferische Leistungen erbringt, stellt sich die Frage: Steht das geistige Eigentum daran ihm zu oder seinem Arbeitgeber?

Die schöpferischen Leistungen, die von Mitarbeitern eines Unternehmens geschaffen werden, können vielfältig sein: Patente, Gebrauchsmuster, technische Verbesserungsvorschläge, urheberrechtlich relevante Leistungen sowie Marken und Designs. Wie verhält es sich mit dem geistigen Eigentum an diesen schöpferischen Leistungen? Steht es dem Arbeitgeber zu oder gehört es dem Arbeitnehmer?

Patent und Gebrauchsmuster: Ein Patent wird für eine technische Erfindung erteilt, die neu ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und gewerblich anwendbar ist (§ 1 Patentgesetz). Durch das Patent erhält der Patentinhaber das ausschließliche Recht, die Erfindung zu benutzen (Benutzungsrecht). Er kann Dritten die Benutzung der Erfindung verbieten (Verbietungsrecht) oder sie anderen durch Vergabe von Lizenzen zur Nutzung überlassen. Das Gebrauchsmuster schützt ebenfalls technische Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind (§ 1 Gebrauchsmustergesetz). Auch das Gebrauchsmuster gewährt ein Benutzungs- und Verbietungsrecht. Die Schutzvoraussetzungen unterscheiden sich jedoch im Detail von denen des Patents, weshalb das Gebrauchsmuster als „kleiner Bruder“ des Patents gilt. So wird es als ungeprüftes Registerrecht deutlich schneller eingetragen als ein Patent.

Patente und Gebrauchsmuster stehen nach dem Gesetz dem Erfinder zu. Ist der Erfinder aber Mitarbeiter eines Unternehmens und hat er die Innovation in dieser Funktion erarbeitet, wird diese dem Arbeitgeber zugeordnet. Voraussetzung: Es handelt sich um eine sogenannte Diensterfindung, die vom Arbeitgeber in Anspruch genommen wird.

Verbesserungsvorschläge: Man unterscheidet zwischen technischen Verbesserungsvorschlägen (technische Neuerungen, die nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig sind) und sonstigen Verbesserungsvorschlägen (kaufmännischer, organisatorischer und sozialer Art). Ein Gesetz speziell für Verbesserungsvorschläge gibt es nicht. Das Arbeitnehmer-Erfindergesetz (ArbNErfG) erfasst lediglich technische Verbesserungsvorschläge, insbesondere sogenannte qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge. Diese werden dem Arbeitgeber zugeordnet, wenn der Vorschlag im Arbeits- und Pflichtenkreis des Mitarbeiters entstanden ist und auf Erfahrungen oder Arbeiten im Betrieb beruht.

Urheberrechtlich relevante Werke: Unter den Urheberschutz fallen Werke, die persönliche geistige Schöpfungen sind und die in einem geistigen Schaffungs- bzw. Gestaltungsprozess entstehen. Dazu gehören beispielsweise Schriftwerke, Computerprogramme und Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (§ 2 Urhebergesetz). Das Urheberrecht wird grundsätzlich dem Schöpfer zugewiesen. Werke, die im Arbeits- und Pflichtenkreis eines Arbeitnehmers geschaffen werden, stehen dem Arbeitgeber zu. Dies ergibt sich aus dem Wesen des Arbeitsverhältnisses. Nur für Computerprogramme gibt es hierzu eine ausdrückliche Norm im § 69b Urhebergesetz.

Marke und Design: Als Marke können Zeichen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 3 Markengesetz). Unter Design versteht man die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon. Charakteristische Merkmale sind vor allem Linienführung, Konturen, Farben, Gestalt, Oberflächenstruktur oder besondere Werkstoffe (§ 1 Designgesetz). Das Recht an der Marke hat der Inhaber, das Recht an einem Design der jeweilige Schöpfer. Erfolgt die schöpferische Leistung jedoch im Arbeits- und Pflichtenkreis eines Mitarbeiters, werden diese Rechte dem Arbeitgeber zugeordnet (vgl. § 7 Designgesetz).

Arbeitnehmer-Erfindergesetz

Das Arbeitnehmer-Erfindergesetz erfasst im Wesentlichen Erfindungen (patent- oder gebrauchsmusterfähige Erfindungen) und technische Verbesserungsvorschläge. Wenn diese durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen werden, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass ihm eine angemessene Vergütung gezahlt wird (§ 9 ArbNErfG). Jeder Mitarbeiter ist aber verpflichtet, seinem Arbeitgeber eine Diensterfindung unverzüglich zu melden (§ 5 ArbNErfG). Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Diensterfindung vorliegt: Sie wurde während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht und sie ist entweder aus der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitnehmers entstanden oder beruht maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, handelt es sich um eine sogenannte freie Erfindung. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sie dem Arbeitgeber mitzuteilen, damit dieser überprüfen kann, ob tatsächlich nur eine freie Erfindung vorliegt oder ob es sich nicht doch um eine Diensterfindung handelt (§ 18 ArbNErfG). Wenn dem Arbeitgeber eine Diensterfindung mitgeteilt wurde, kann er sie entweder in Anspruch nehmen oder freigeben. Nimmt der Arbeitgeber sie in Anspruch, dann gehen alle vermögensrechtlichen Werte der Erfindung auf ihn über. Er muss den Arbeitnehmer aber angemessen vergüten. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Erfindung unverzüglich als Patent oder Gebrauchsmuster anzumelden (§§ 7, 9, 13 ArbNErfG). Das Arbeitnehmer-Erfindergesetz regelt also nur patent- und gebrauchsmusterfähige Erfindungen sowie technische Verbesserungsvorschläge. Für andere schöpferische Leistungen von Mitarbeitern fehlen gesetzliche Regelungen zu Vergütungsansprüchen, die über den Arbeitslohn hinausgehen. Das bedeutet: Wenn diese Leistungen wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber zuzuordnen sind, wird der Arbeitnehmer normalerweise keine Vergütung beanspruchen können. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter dennoch dazu motivieren wollen, sich mit Innovationen einzubringen, können ein betriebliches Vorschlagswesen einrichten. In der Praxis wird es in der Regel für einfache technische Verbesserungsvorschläge genutzt oder für Vorschläge, die kaufmännischer, organisatorischer oder sozialer Art sind. Eine gesetzliche Regelung zum betrieblichen Vorschlagswesen findet sich nur in § 87 Abs. 1 Nr. 12 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), in dem die Rechte des Betriebsrats geregelt sind. Das bedeutet, dass dieses Instrument des betrieblichen Ideenmanagements mitbestimmungspflichtig ist. Unternehmen mit einem Betriebsrat haben die Möglichkeit, Betriebsvereinbarungen dazu abzuschließen. Andere Unternehmen können einseitig Regelungen schaffen, um das Ideenmanagement zu regeln.

Betriebliche Regelungen

Gibt es im Betrieb Regelungen zum Vorschlagswesen, so beinhalten diese normalerweise auch die Frage, ob und unter welchen Umständen Mitarbeiter eine Vergütung für einen Verbesserungsvorschlag beanspruchen können. Fehlen solche Regelungen, können sich Vergütungsansprüche von Mitarbeitern im Einzelfall aus § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. In der Praxis wird es aber sehr schwierig sein, entsprechende Ansprüche auch zu beziffern und durchzusetzen. Wer die Kreativität seiner Mitarbeiter deshalb aktiv fördern möchte, sollte darüber nachdenken, gewisse Grundsätze inklusive der Vergütungsfrage festzulegen und im Unternehmen publik zu machen. Der Gesetzgeber hat also eine Reihe von Gesetzen erlassen, die sich mit dem geistigen Eigentum beschäftigen. Grundsätzlich liegt dieses bei demjenigen, der die schöpferische Leistung erbracht hat. Wenn diese aber von einem Mitarbeiter im Zuge eines Arbeitsverhältnisses geleistet wurde, kann das geistige Eigentum von ihm auf den Arbeitgeber übergehen. Damit kann der Mitarbeiter wiederum Vergütungsansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend machen. Das grundlegende Problem: Das Arbeitnehmer-Erfindergesetz deckt nur einen Teil der schöpferischen Leistungen ab, die von Mitarbeitern erbracht werden. Für alle anderen Fälle empfiehlt es sich, betriebliche Regelungen zu schaffen, um den Mitarbeitern über zusätzliche Vergütungsansprüche eine gewisse Rechtssicherheit zu geben und ihre Kreativität anzuspornen.

Prof. Dr. Rolf Otto Seeling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei Thorwalt Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB in Nürnberg. Zudem lehrt er Wirtschaftsrecht an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Nürnberg. Christiane Eifler ist Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Thorwart und lehrt gewerblichen Rechtsschutz an der FOM Hochschule (www.thorwart.de).
Autor/in: 

Prof. Dr. Rolf Otto Seeling und Christiane Eifler

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2017, Seite 14

 
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