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Entgelttransparenzgesetz

Gleiches Geld?

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Neue Pflichten für Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern: Sie müssen transparent machen, ob sie Frauen und Männer gleich entlohnen. Von Christof Kühl und Elena Haft

Frauen und Männer beim Entgelt gleich behandeln: Dieses Ziel verfolgt das „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen – (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG)“, das der Bundesrat im Mai gebilligt hat. Nach Stand zum Redaktionsschluss dieser WiM tritt es mit Wirkung zum 1. Juni 2017 in Kraft. Auf folgende Neuregelungen müssen sich Unternehmen einstellen:

Individueller Auskunftsanspruch: Die Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern erhalten durch das Gesetz einen individuellen Auskunftsanspruch. Sie müssen auf Wunsch darüber informiert werden, welche Kriterien und Verfahren bei der Ermittlung ihres Entgelts herangezogen werden. Beispiele: Werden die Entgelte aufgrund von Tarifverträgen gebildet? Werden Erfahrungsstufen angewandt? Gibt es betriebliche Prämienmodelle und Zielvereinbarungen?

Außerdem muss der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter erläutert werden, wie hoch das sogenannte Vergleichsentgelt ist und nach welchen Kriterien dieses festgelegt wird. Unter dem Vergleichsentgelt versteht man grob gesagt das Entgelt, das Mitarbeitern des anderen Geschlechts für eine vergleichbare Tätigkeit bezahlt wird. Die Angabe des Vergleichsentgelts ist jedoch im Einzelfall recht kompliziert: Es ist nämlich nicht das konkrete Gehalt eines einzelnen, vergleichbaren Mitarbeiters zu nennen, sondern vielmehr ein auf das Jahr gerechneter Median der durchschnittlichen Bruttomonatsgehälter aller vergleichbaren Mitarbeiter des anderen Geschlechts. Damit nicht genug: Bei der Ermittlung wird unterschieden zwischen Unternehmen, die tarifgebunden sind bzw. einen Tarif anwenden, und solchen, die nicht tarifgebunden sind. Die einzelnen Anwendungsfälle sind in § 11 EntgTranspG zu finden. Wichtiger Nebenaspekt: Es muss kein Vergleichsentgelt bekannt gegeben werden, wenn die Vergleichstätigkeit nur von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird. Damit wird vermieden, dass der Antragssteller Rückschlüsse auf das Gehalt eines einzelnen Kollegen ziehen kann.

Die Frage der Tarifbindung spielt auch bei der Frage eine Rolle, an wen die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die Anfrage stellen muss. Grundsätzlich ist der Betriebsrat die richtige Adresse. Ist kein Betriebsrat gebildet, ist zu unterscheiden: Besteht keine Tarifbindung bzw. wird kein Tarifvertrag angewandt, muss der Arbeitgeber angesprochen werden. Bei einer Tarifbindung bzw. einer Tarifanwendung kann der Arbeitgeber mit den Tarifparteien (grundsätzlich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände) vereinbaren, dass diese die Anfrage beantworten.

Die Mitarbeiter können den Auskunftsanspruch erstmals sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes geltend machen, nach aktuellem Stand wäre das also ab 1. Dezember 2017 möglich. Wichtig ist auch, dass die Mitarbeiter nicht in willkürlichen Abständen eine Auskunft verlangen können und damit eine übermäßige Belastung verursachen. Ergeben sich keine wesentlichen Veränderungen (z. B. Antragsteller wechselt den Arbeitsplatz im Betrieb), kann die Auskunft grundsätzlich nur alle zwei Jahre verlangt werden. Die Auskunft muss in Textform (z. B. per E-Mail) beantragt werden. Außerdem müssen die anfragenden Mitarbeiter soweit möglich und zumutbar die gleiche oder gleichwertige Tätigkeit im Betrieb angeben, auf die sich die gewünschte Angabe des Vergleichsentgelts beziehen soll. Sind neben der Auskunft über das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt auch Angaben über einzelne Entgeltbestandteile (maximal zwei) gewünscht, muss dies ausdrücklich geltend gemacht werden.

Die Auskunft muss innerhalb von drei Monaten erteilt werden, andernfalls kehrt sich die Beweislast zu Lasten des Arbeitgebers um. Verstößt ein Arbeitgeber gegen die Auskunftspflicht, hat der Beschäftigte möglicherweise Anspruch darauf, dass ihm die höhere Entlohnung gezahlt wird.

Betriebliches Prüfverfahren: Der zweite Baustein des Entgelttransparenzgesetzes ist die Einführung eines betrieblichen Verfahrens, um die Entgeltgleichheit zu überprüfen. Aufgefordert sind dazu laut Gesetz private Arbeitgeber mit mehr als 500 Arbeitnehmern, eine Verpflichtung besteht allerdings nicht. Mit dem Prüfverfahren sollen die betrieblichen Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob der Grundsatz des gleichen Entgelts für Frauen und Männer tatsächlich eingehalten wird. In der Wahl der Analysemethode sowie des Verfahrens, mit der die jeweilige Arbeit bewertet wird, ist der Arbeitgeber frei. Er hat lediglich den Betriebsrat hierüber zu informieren, der seinerseits aber nicht einfordern kann, dass ein solches Prüfverfahren in Gang gesetzt wird. Die Ergebnisse der Prüfung, die im Turnus von maximal fünf Jahren durchgeführt werden soll, können betriebsintern veröffentlicht werden, aber auch dies ist nicht verpflichtend.

Da das Prüfverfahren freiwilliger Natur ist, dürfte ihm in der Praxis keine allzu große Bedeutung zukommen. Zwar sind Arbeitgeber danach verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Beschäftigten vor einer geschlechterspezifischen Entgeltbenachteiligung zu schützen. Die Verpflichtung kann aber immer nur so weit gehen, wie der Arbeitgeber rechtlich und in der betrieblichen Praxis dazu in der Lage ist.

Berichtspflichten im Bundesanzeiger: Anders sieht es bei den Berichtspflichten der Arbeitgeber bezüglich der Aspekte Gleichstellung und Entgeltgleichheit aus. Hier sieht das Entgelttransparenzgesetz eine Verpflichtung für Arbeitgeber mit mehr als 500 Arbeitnehmern vor, wenn sie gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind (§§ 264, 289 HGB). Sie müssen einen Bericht über den Stand der Gleichstellung und Entgeltgleichheit verfassen und diesen im Bundesanzeiger veröffentlichen. Der Bericht muss insbesondere folgende Inhalte umfassen: Darstellung der Maßnahmen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern, Wirkung dieser Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Herstellung der Entgeltgleichheit.

In diesem Punkt werden Arbeitgeber besser gestellt, die tarifgebunden sind bzw. einen Tarif anwenden: Sie müssen den Bericht nur alle fünf Jahre veröffentlichen. Alle tariflosen Arbeitgeber trifft die Veröffentlichungspflicht alle drei Jahre. Wenn das Entgelttransparenzgesetz wie geplant am 1. Juni 2017 in Kraft tritt, ist der Bericht erstmals im Jahr 2018 für das Jahr 2017 und danach im jeweils maßgeblichen Turnus für die dann zurückliegenden fünf bzw. drei Jahre zu erstellen.

Auswirkungen des Gesetzes

Bei der Bewertung des Gesetzes gehen die Meinungen auseinander: Für die einen ist es ein Meilenstein für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt, für die anderen nur ein weiteres Bürokratiemonster. Grundsätzlich werden die Bemühungen der Bundesregierung zwar begrüßt, einem Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit entgegenzutreten. Allerdings verursacht das neue Gesetz einen bürokratischen Mehraufwand, insbesondere die Auskunfts- und Berichtspflichten werden viel Zeit und Geld erfordern. Am Ende dürfte den betroffenen Beschäftigten jedoch kaum geholfen sein: Denn wenn ein Lohnunterschied zu Mitarbeitern des anderen Geschlechts besteht, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, bleibt den Beschäftigten wie bisher nur der gerichtliche Weg, um ein höheres Entgelt zu erstreiten. Denn es besteht zwar der Anspruch auf Auskunft über das Vergleichsentgelt, daraus leitet das Gesetz jedoch keinen Anspruch auf eine Lohnanpassung ab. Außerdem bleibt abzuwarten, wie sich das Gesetz auf den Betriebsfrieden auswirkt, sollten Entgeltvergleiche zu einem potenziell konfliktbehafteten Gesprächsthema werden.

Den Arbeitgebern ist zu empfehlen, in Zukunft besondere Vorsicht bei der Formulierung von Stellenbeschreibungen walten zu lassen: Wenn Stellen mit unterschiedlichen Anforderungen nicht genau beschrieben werden, besteht die Gefahr, dass sie als vergleichbar mit anderen Stellen erscheinen. Das könnte Forderungen der Mitarbeiter nach sich ziehen, die sich benachteiligt fühlen. Ein weiterer Rat für die betriebliche Praxis: Soll einzelnen Beschäftigten eine höhere Vergütung als vergleichbaren Mitarbeitern des anderen Geschlechts gewährt werden, müssen ausreichende sachliche Argumente (z. B. Know-how, Zusatzausbildung, Erfahrungen) dafür sprechen. Die Gründe für die abweichende Behandlung sollten zudem genau dokumentiert werden, um bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen gewappnet zu sein.

Autor/in: 

Christof Kühl (Fachanwalt für Arbeitsrecht) und Elena Haft sind Rechtsanwälte der Kanzlei Lawberg Rechtsanwälte Dr. Eibner + Kühl PartG mbB in Nürnberg (christof.kuehl@lawberg.de, elena.haft@lawberg.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2017, Seite 12

 
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