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DIHK-Studie

Weltwirtschaft im Aufwind

Die Weltwirtschaft wächst dynamisch. Aber protektionistische Tendenzen, Brexit und andere Risiken trüben den Ausblick.

In nahezu allen Weltregionen entwickelt sich die Gesamtwirtschaft positiv, vor allem in den drei für deutsche Unternehmen wichtigsten Wirtschaftsräumen Nordamerika, Euro-Zone und China. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) unter den Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs), Delegationen und Repräsentanzen. Die Befragungen geben Einblick in die Geschäftslage und Erwartungen sowie die Herausforderungen der Unternehmen weltweit. Derzeit sieht ein gutes Drittel der weltweit mehr als 4 000 von den AHKs befragten Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten eine positive Entwicklung der Konjunktur vor Ort. Lediglich 16 Prozent erwarten eine Verschlechterung. Die Einschätzung der Unternehmen ist damit deutlich positiver als in den vorherigen Umfragen.

Aufgrund von Krisen in etlichen Regionen der Welt und einer Zunahme an Protektionismus und handelsfeindlichen Äußerungen, zum Beispiel von der US-Regierung, bleiben die Entwicklungen für die deutschen Unternehmen aber mit großen Unsicherheiten verbunden. Knapp jedes zweite Unternehmen nennt die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für die Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten – ein Rekordwert.

Dass die Belebung der Weltwirtschaft trotz der großen wirtschaftspolitischen Verunsicherung gelingt, liegt auch daran, dass viele Länder bei einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik bleiben. So wird etwa die chinesische Wirtschaft weiterhin massiv durch die Regierung gestützt. Auch in den USA hat die Regierung solche Wachstumsimpulse angekündigt – die Nebenwirkungen aufgrund von Rückzahlungspflichten, höheren Inflationsraten oder Preisblasen bei Vermögenswerten kommen allerdings später. Immerhin haben einige Euro-Länder, vor allem Spanien und Irland, die Zeit der lockeren Geldpolitik genutzt, um wirksame Reformen durchzuführen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Auch die Euro-Zone profitiert weiterhin von den niedrigen Zinsen und den Aufkaufprogrammen der Europäischen Zentralbank. In anderen europäischen Ländern, die den Euro nicht eingeführt haben
(z. B. Großbritannien, Dänemark und Norwegen), liegen die Zinsen ebenfalls sehr niedrig. Fraglich bleibt, ob die Länder die Spielräume im Staatshaushalt nutzen, um Effizienz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. In der Zwischenzeit zahlen die Privathaushalte die Zeche in Form von niedrigen Sparzinsen. Einen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik hat die US-Fed vorgenommen, auch die Zentralbanken von China, von Südafrika und der Türkei haben ihre Zinsen erhöht.

Bei den Rohstoffen hat sich das Bild etwas gewandelt: Die Preise haben sich im Vergleich zum Vorjahresniveau erhöht, was den rohstoffexportierenden Schwellenländern mehr Spielräume eröffnet und die dortige Konjunktur ankurbelt. Für die Staaten mit einem hohen Bedarf an Rohstoffimporten sind die etwas gestiegenen Preise (z. B. für Kohle, Erdgas und Öl) noch kein Problem. Mit den höheren Ölpreisen wurde auch das Fracking in den USA wieder lukrativ, Investitionen in diesem Bereich ziehen an und sorgen für wirtschaftliche Impulse.

Eine Reihe von Risiken

Zwar überwiegt aktuell die konjunkturelle Zuversicht im Vergleich zu den eingeschätzten Risiken – diese lauern aber an vielen Stellen und sie begrenzen den Aufschwung des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und des Welthandels. Erstmals stufen die international tätigen deutschen Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als das Top-Risiko für ihre Geschäfte ein. So dürfte beispielsweise der Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union – und damit aus dem gemeinsamen Binnenmarkt – für zahlreiche Einschränkungen der Geschäftstätigkeit sorgen.

Das Risiko des Fachkräftemangels verharrt auf hohem Niveau. Es bleibt für die Unternehmen weiterhin schwierig, geeignetes Personal zu finden. Das Problem von Handelsbarrieren bzw. der Bevorzugung einheimischer Unternehmen steigt. Die Zunahme von Handelshemmnissen und protektionistische Tendenzen wie die „America First“-Strategie der US-Regierung sorgen für mehr Unsicherheit. Insofern ist es keine Überraschung, dass der Welthandel in diesem Jahr kaum mehr als vier Prozent zulegen wird, eine bescheidene Rate während eines weltwirtschaftlichen Aufschwungs. Er schöpft auch deshalb sein Potenzial nicht aus, weil die internationale Arbeitsteilung ins Stocken geraten ist. Immerhin haben Japans Ministerpräsident Shinzo Abe und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Grundsatzvereinbarung über ein Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU bekannt gegeben – ein wichtiges Signal für wieder offenere Märkte mit sinnvollen Regeln weltweit.

Insgesamt sind die Aussichten für die Weltwirtschaft aber so positiv wie lange nicht. Der DIHK erwartet 2017 ein Wachstum von 3,6 Prozent. In Bezug auf Handelsthemen ist es aber gerade jetzt wichtig, die Wirtschaft weltweit auf feste Füße zu stellen. Dringend nötig sind klare Signale aus der internationalen Politik für freien Welthandel und für fairen Wettbewerb. Erfolgreiche Unternehmen brauchen gute Standortbedingungen und offene Weltmärkte mit fairen Spielregeln, denn die wirtschaftliche Entwicklung ist kein Selbstläufer.

Autor/in: 

Dr. Volker Treier ist Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in Berlin (www.dihk.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2017, Seite 26

 
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