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Iran

Weiter kompliziert

Teheran Iran © Hesam - stock.adobe.com

Die iranische Hauptstadt Teheran mit dem Elburs-Gebirge im Hintergrund.

Die internationalen Sanktionen teilweise aufgehoben, die US-Sanktionen weiter in Kraft: Geschäfte mit dem Iran bleiben schwierig.

Die Euphorie war groß vor zwei Jahren: Geschäftsleute machten sich große Hoffnungen auf gute Geschäfte, als Anfang 2016 ein Teil der internationalen Handelssanktionen gegen die Islamische Republik Iran aufgehoben wurde. Doch die Umsetzung des UN-Aktionsplans („Joint Comprehensive Plan of Action JCPOA“) erfüllte die geschäftlichen Erwartungen bislang nicht, stattdessen macht sich wegen der Probleme bei Exportrecht und Zahlungsverkehr eher Ernüchterung breit. Das wurde bei einer Iran-Veranstaltung der IHK Nürnberg für Mittelfranken und des Bayerischen Wirtschaftsministeriums deutlich.

Die Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der einstmals starken internationalen Wirtschaftskontakte waren allerdings nicht unbegründet gewesen: Denn das rohstoffreiche Land gilt als der einzige industrialisierte Staat in Vorderasien, auch wenn Anlagen und Infrastruktur wegen der jahrelangen Sanktionen stark veraltet sind. Außerdem sind viele der über 80 Mio. Einwohner – vor allem die junge Generation – ungeachtet des islamischen Regimes westlich orientiert und auch amerikafreundlich. Westliche Produkte, insbesondere solche „Made in Germany“, haben im Iran einen hervorragenden Ruf.

„Der Iran ist ein Chancenland“, sagte Florian Obermayer vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Das Land könnte wieder ein bedeutender Wirtschaftspartner werden. Deshalb lotet der Freistaat mit Delegationsreisen Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus, erste Kooperationen etwa im Bereich Energie wurden bereits geschlossen. Auch die IHK Nürnberg für Mittelfranken erkundet denkbare Kooperationen, etwa mit der iranischen Provinz Kerman. Erste kleine Erfolge zeigen sich: Die Exporte und Importe der bayerischen Wirtschaft mit dem Iran sind etwas gestiegen – allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau.

Es gibt mehrere Gründe, dass die teilweise Aufhebung der Sanktionen nicht wie erwartet Früchte trägt: Der innenpolitische Machtkampf zwischen Reformern und Hardlinern, dessen Ausgang offen ist, trägt ebenso zur Unsicherheit bei wie die geopolitische Großwetterlage, z. B. die unklare Iran-Politik der USA und der Kampf zwischen Iran und Saudi-Arabien um die Vorherrschaft in der Region.

Die Bundesregierung habe es sich zum Ziel gesetzt, die Handelsmöglichkeiten „mit Leben zu füllen“, wie Dr. Rudolf Gridl vom Bundeswirtschaftsministerium bei der IHK-Veranstaltung sagte. Ein verstärkter wirtschaftlicher Austausch würde im Iran die Motivation festigen, das Atomabkommen einzuhalten. Er verwies auf gute Grundlagen für eine verstärkte Zusammenarbeit, u. a. die von rund 40 auf unter zehn Prozent gesunkene Inflation, die junge, westlich orientierte Bevölkerung (40 Prozent jünger als 25 Jahre), den hohen Stellenwert der Bildung sowie die wachsende Bedeutung der Frauen im Wirtschaftsleben, die – anders als beim erzkonservativen sunnitischen Rivalen Saudi-Arabien – rund die Hälfte der Arbeitnehmer stellen. Gridl wies aber auch auf Hemmnisse wie die politischen Unwägbarkeiten, die Korruption und die schwerfällige Bürokratie hin.

Das größte Problem im Handel mit dem Iran dürfte aber die Unsicherheit bei der Finanzierung sein. „Die Banken sind wirtschaftlich der größte Hemmschuh“, bestätigt Stephan Müller von der Kölner Kanzlei Oppenhoff & Partner Rechtsanwälte Steuerberater. Zwar seien die UN-Sanktionen durch JCPOA abgemildert worden, die nationalen US-Sanktionen gegen den Iran bestünden aber ohne Einschränkung weiter. Insgesamt seien Geschäfte sogar noch komplizierter geworden. Für deutsche Unternehmen mit Iran-Geschäften kann das bedeuten: Sie agieren zwar im Einklang mit den Gesetzen der EU, nach US-Recht könnten sie aber rechtlich belangt werden. Müller erinnerte in diesem Zusammenhang an die französische Großbank BNP, die zu einer Strafzahlung von 6,9 Mrd. Dollar verdonnert wurde. Die international tätigen deutschen Banken, die an der US-Börse in New York gelistet sind, fürchten deshalb zu Recht eine Strafverfolgung durch die US-amerikanischen Behörden und halten sich mit Iran-Geschäften sehr zurück. Selbst die staatliche KfW-Bank bleibt in Deckung und hat bislang erst ein einziges Pilotprojekt finanziert, wie Dr. Rudolf Gridl berichtete. Denn auch die KfW refinanziere sich in New York und sei deshalb zurückhaltend. Das gilt auch für die deutschen Geschäftsbanken: Viele Unternehmen stellen fest, dass die Institute Überweisungen aus dem Iran oder von einer iranischen Bank in Deutschland nicht annehmen. Die Bundesregierung habe mehrfach in Gesprächsrunden mit deutschen Banken für Finanzierungen bzw. Finanzierungsabwicklungen von Iran-Geschäften geworben – allerdings weitgehend erfolglos.

Strafverfolgung durch US-Gerichte

Im US-Recht gibt es eine Besonderheit bei der Strafverfolgung: Ein Unternehmen muss nicht an einer US-Börse gelistet sein oder eine US-Niederlassung unterhalten, damit ein US-Richter aktiv werden kann (siehe auch Artikel auf Seite 44). „US-Recht gilt immer für US-Personen, egal wo auf der Welt“, unterstreicht Stephan Müller. Ein amerikanischer Manager in einer deutschen Firma lässt sich kaum durch eine Art juristische „Käseglocke“ von einem eventuellen Iran-Geschäft abtrennen, gesellschaftsrechtliche Begrenzungen seiner Zuständigkeit werden also in der Praxis keinen Schutz bieten. Selbst ohne US-Mitarbeiter können ausländische Unternehmen ins Visier von US-Gerichten kommen, wenn beispielsweise ein deutsch-iranisches Geschäft in Dollar fakturiert wird.

Die US-Regierung kann amerikanische Unternehmen mit einer sogenannten „general licence“ vom Handelsverbot mit gelisteten Personen oder Institutionen im Iran freistellen. Für deutsche Firmen gilt: „Schauen Sie sich potenzielle Geschäftspartner genau an“, wie Dr. Christoph Eichel von der Result Group aus Seeshaupt mahnt. Diese hat sich u. a. auf Sicherheit durch professionelles Geschäftspartner-Screening spezialisiert. Auch deutsche Mittelständler geraten immer wieder ins Visier von US-Ermittlungen, weil sie – unwissend – mit verbotenen Organisationen oder ihren verschachtelten Tochterunternehmen Handel treiben. Zu den wichtigsten Organisationen auf der Schwarzen Liste, die kontinuierlich aktualisiert wird, gehören die drei komplexen Firmengeflechte der iranischen Revolutionsgarden, außerdem das Setad-Firmenimperium, über das das geistliche Oberhaupt der Islamischen Republik unter anderem Beteiligungen in Ölindustrie und Finanzwesen kontrolliert, sowie die Bonyads, das sind rund 120 Stiftungen mit einem unübersichtlichen Beteiligungsgeflecht.

Unsicherheit über US-Politik

Für Unsicherheit sorgt zudem regelmäßig der sogenannte Iran Nuclear Agreement Review Act (INARA) der USA: Er sieht vor, dass der US-Präsident alle 90 Tage bestätigen muss, dass das JCPOA von Teheran vollständig eingehalten wird. Präsident Donald Trump hatte Mitte Oktober – im Gegensatz zur Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) – angekündigt, dass er diese „Certification“ nicht geben wolle. Wird diese „Certification“ nicht abgegeben, entscheidet der US-Kongress innerhalb von 60 Tagen, ob die Sanktionen gegen den Iran wieder eingesetzt werden sollen. Bevor dies geschieht, greift jedoch der im JCPOA vorgesehene Streitbeilegungsmechanismus (Dispute Resolution Mechanism), der mehrere Jahre dauern kann. Kommt es danach zu keiner Streitbeilegung, gilt die „Snap back“-Regel, diese würde den Handel mit dem Iran wieder auf den Stand zurückwerfen, der während der internationalen UN-Sanktionen galt.

Aber auch ohne die Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystems ist der Handel mit dem Iran nicht einfach, denn die Sanktionen sind nicht gänzlich abgeschafft, sondern nur abgemildert. Auch in Europa gelten weiterhin die spezifischen Kontrollen nach der EU-Verordnung 267/2012, das Waffenembargo sowie das allgemeine Exportkontrollrecht, insbesondere die EU-Dual-Use-Verordnung. Vor diesem Hintergrund tun sich echte „Newcomer“ im Iran-Geschäft schwer.

Prinzipiell können Exporte in den Iran durch staatliche Exportkreditgarantien, die sogenannten Hermesdeckungen, abgesichert werden. Für den Bund wird das über die Firma Euler Hermes abgewickelt (www.eulerhermes.de). Allerdings werden derzeit nur kurzfristige Geschäfte realisiert, wie René Auf der Landwehr von Euler Hermes berichtete. Für mittel- oder langfristige Absicherungen sind Sicherheiten des iranischen Finanzministeriums oder der Zentralbank erforderlich, die es aber nicht gibt. Grundsätzlich können über Hermesbürgschaften wirtschaftliche und politische Risiken abgesichert werden. Dazu zählt die Vertragsgarantie, wenn etwa der iranische Abnehmer insolvent wird oder gesetzgeberische Eingriffe bis hin zu Krieg ein Geschäft verhageln. Risiken bei Fabrikation, Versand und Fälligkeit lassen sich bis auf einen Selbstbehalt abdecken.

Die deutschen Exportbürgschaften für Geschäfte mit dem Iran sind ein gutes Indiz dafür, dass geschäftliche Chancen durch die Finanzierungsprobleme ungenutzt bleiben: Zwar gibt es eine rege Nachfrage nach den Exportbürgschaften des Bundes (über 100 Unternehmen hatten in ernsthaften Absichtserklärungen einen Bedarf von insgesamt über 28 Mrd. Euro angemeldet), aber nicht zuletzt wegen der Finanzierungsschwierigkeiten wurde im letzten Jahr nur ein Bruchteil davon tatsächlich abgewickelt.

Die österreichische Oberbank macht trotz aller Probleme Geschäfte mit dem Iran, so Sandro Saccavino von der Würzburger Oberbank-Niederlassung. Das Kreditinstitut, bei dem 15 iranische Banken eine Kontoverbindung haben, fordert von den Firmenkunden eine große Transparenz. Dazu zählen Nachweise, die ein Geschäft mit dem Iran plausibel erklären, eine Beschreibung der zu exportierenden Güter sowie der Nachweis einer validen Exportkontrolle etwa vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Aber auch Auskünfte über die iranischen Geschäftspartner, die Eigentumsverhältnisse des potenziellen Partnerbetriebes und dokumentierte Personenprüfungen werden eingefordert. Saccavino unterstrich jedoch, dass seine Bank Iran-Geschäfte aktuell nur für bestehende Kunden betreue, man sei keine Iran-Bank.

Für die IHK Nürnberg für Mittelfranken machte Außenhandelsspezialist Christian Hartmann deutlich, dass Geschäfte mit dem Iran durchaus möglich seien. Zwar hätten sich die optimistischen Erwartungen nach der teilweisen Aufhebung der internationalen Sanktionen noch nicht erfüllt, aber immerhin 176 Unternehmen aus Mittelfranken hätten Geschäftsverbindungen mit iranischen Partnern.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2017, Seite 22

 
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