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Mutterschutz

Frauen und Kinder zuerst

Baby Mutter Mutterschutz Familie Kind © Lacheev - ThinkstockPhotos.de

Werdende und stillende Mütter genießen ab 2018 verbesserte Schutzrechte. Was müssen die Unternehmen beachten?

Bislang galt das Mutterschutzgesetz (MuSchG) im Wesentlichen nur für Arbeitnehmerinnen und Heimarbeiterinnen. Ab 1. Januar 2018 zählen unter anderem auch Frauen, die eine betriebliche Ausbildung absolvieren, und Praktikantinnen zum geschützten Personenkreis. Die Unternehmen müssen also genau prüfen, bei welchen Frauen nun zusätzlich die Vorschriften des Mutterschutzes beachtet werden müssen. Darüber hinaus gelten folgende Neuregelungen:

Zusätzliche Pflichten der Arbeitgeber beim Gesundheitsschutz: Die Unternehmen müssen jetzt für jede Tätigkeit schon im Vorfeld eine generelle Gefährdungsbeurteilung vornehmen für den Fall, dass diese einmal durch eine schwangere oder stillende Frau ausgeführt wird (§ 10 MuSchG in Verbindung mit § 5 Arbeitsschutzgesetz). Sobald der Arbeitgeber Kenntnis über eine schwangere oder stillende Beschäftigte erlangt, muss er diese Gefährdungsbeurteilung zur Hand nehmen und unverzüglich die konkreten Schutzmaßnahmen festlegen. Ferner muss er der Frau ein Gespräch anbieten, um zu klären, ob gegebenenfalls weitere Arbeitsbedingungen angepasst werden müssen. Wichtig: Wenn der Arbeitgeber für einzelne Tätigkeiten erforderliche Schutzmaßnahmen unterlässt, greift dafür ein sofortiges Tätigkeitsverbot, um die Schwangere und ihr Kind nicht zu gefährden.

Hohe Dokumentations- und Informationspflichten: Der Arbeitgeber muss das Ergebnis der grundlegenden Gefährdungsbeurteilung und den Bedarf an Schutzmaßnahmen für die einzelnen Tätigkeiten genau dokumentieren. Außerdem muss er alle Personen, die bei ihm beschäftigt sind, darüber informieren (§ 14 MuSchG). Auch für das Gespräch, das der Schwangeren angeboten werden muss, wird nun eine genaue Dokumentation verlangt. Der Arbeitgeber muss protokollieren, dass das Gesprächsangebot gemacht wurde oder wann das Gespräch stattfand. Ferner muss er dokumentieren, welche Schutzmaßnahmen konkret festgelegt wurden.

Damit hören die Pflichten des Arbeitgebers aber nicht auf: Er muss die getroffenen Maßnahmen im Verlauf der Schwangerschaft und Stillzeit auf ihre Wirksamkeit überprüfen, sie gegebenenfalls anpassen und das Ergebnis der Überprüfung aufzeichnen. Weitere Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten bestehen gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt als Aufsichtsbehörde, wenn beispielsweise beabsichtigt ist, eine schwangere oder stillende Frau bis 22.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen oder mit getakteter Arbeit zu beschäftigen (§ 27 MuschG).

Tätigkeiten mit vorgegebenem Arbeitstempo: Die sogenannte Taktarbeit ist – entgegen der ursprünglichen Absichten des Gesetzgebers – nun doch noch grundsätzlich möglich. Sie ist jedoch unzulässig, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo  für die schwangere Frau oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Der Begriff der „unverantwortbaren Gefährdung“ ist im Arbeitsschutzrecht neu und lässt deshalb einen Interpretationsspielraum zu. Um rechtliche Unsicherheiten in der Praxis zu vermeiden, will die Bundesregierung im Einvernehmen mit den Bundesländern Empfehlungen für die Behörden und die Arbeitgeber erarbeiten. Sie sollen vorliegen, bis das neue Mutterschutzgesetz am 1. Januar 2018 in Kraft tritt.

Rangfolge der Schutzmaßnahmen: Wenn der Arbeitgeber sogar „unverantwortbare Gefährdungen“ feststellt, muss er Schutzmaßnahmen in dieser vorgegebenen Rangfolge treffen:

  • Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
  • Einsatz der Frau an einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz – soweit verfügbar
  • Beschäftigungsverbot der Frau, wenn die Gefährdung nicht durch die beiden anderen Maßnahmen ausgeschlossen werden kann.

Mehr Flexibilität bei Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit: Das neue Mutterschutzgesetz ermöglicht, dass schwangere und stillende Frauen an Sonn- und Feiertagen sowie abends bis 22 Uhr arbeiten. Die Frauen müssen sich dazu aber ausdrücklich bereit erklären; und sie können diese Erklärung jederzeit für den weiteren Verlauf ihrer Beschäftigung widerrufen. Wichtig: Wenn Schwangere zwischen 20 und 22 Uhr arbeiten wollen, muss dies vom Gewerbeaufsichtsamt genehmigt werden. Damit dieses die Arbeitsbedingungen einschätzen kann, muss der Arbeitgeber alle erforderlichen Unterlagen einreichen (z. B. ärztliche Bescheinigung, dass die Beschäftigung bis 22 Uhr unbedenklich ist). Während die Behörde den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich bereits beschäftigen. Lehnt die Behörde nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt der Antrag als genehmigt.

Kündigungsschutz ausgedehnt: Kündigungsschutz gilt nun auch bei Fehlgeburten nach der zwölften Schwangerschaftswoche (§ 17 MuSchG). Nach Eintreten der Fehlgeburt darf für einen Zeitraum von vier Monaten keine Kündigung ausgesprochen werden. Bislang galt dies nur nach einer Entbindung. In der neuen Gesetzesfassung kann der Kündigungsschutz nach der Entbindung länger als vier Monate dauern, wenn das Beschäftigungsverbot der Mutter über diesen Zeitraum hinausreicht. Wichtige Neuerung für den Fall, dass der Arbeitgeber der Mutter nach Ablauf der Schutzfrist kündigen will: Er darf sogar die Vorbereitungen für die Kündigung (z. B. Anhörung des Betriebsrates) erst danach beginnen. Allerdings wird die Rechtsprechung noch klären müssen, welche Vorbereitungen im Einzelnen darunter fallen.

Einige Regelungen des neuen Mutterschutzrechts sind bereits seit dem 30. Mai 2017 in Kraft: Dies gilt für den neuen Kündigungsschutz nach erlittener Fehlgeburt und für das Beschäftigungsverbot nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung. Es kann jetzt auf Antrag der Mutter von acht auf zwölf Wochen verlängert werden, weil die Geburt in vielen dieser Fälle mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist.

Betriebe, die die neuen Regeln des Mutterschutzes missachten, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Allerdings gibt es dafür eine Übergangsphase bis zum 1. Januar 2019. Damit soll den Arbeitgebern eine gewisse Anlaufzeit gegeben werden, um sich mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen.

 

 

Foto: Lacheev/Thinkstock.com

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2017, Seite 16

 
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