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Berufsbildung

In die digitale Welt

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IT-Kompetenzen gehören zu den Schlüsselqualifikationen in der Arbeitswelt. Dies muss sich in der Ausbildung widerspiegeln.

Der zunehmende Einsatz digitaler Technologien erfordert eine inhaltliche Anpassung der bestehenden Ausbildungsberufe.“ Das unterstrichen drei Viertel der Unternehmen in einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom. In der Praxis der Berufsausbildung bewegt sich der digitale Umbruch zwischen Euphorie, Skepsis und Ignoranz, wie ein paar Eindrücke zeigen: Ein Fertigungsunternehmen hat eine App programmiert, damit die Auszubildenden auf dem Smartphone die Abläufe in der Firma kennenlernen. Die Nachwuchskräfte eines Autoherstellers bekommen ein eigenes Tablet mit E-Books und interaktiven Lehrmaterialien. Andere Betriebe verhängen dagegen ein Handy-Verbot während der Arbeitszeit.

Für Bildungsexperten des Instituts der Deutschen Wirtschaft steht fest: „Unternehmen benötigen zur Wahrung ihrer Wettbewerbsfähigkeit passend qualifizierte Mitarbeiter, die dauerhaft innovativ und beschäftigungsfähig bleiben müssen.“ Dieser Anspruch hat Konsequenzen: „Die Digitalisierung wird das System der Berufsausbildung mittelfristig deutlich verändern“, unterstreicht Stefan Kastner, Leiter des Geschäftsbereichs Berufsbildung der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Dieser Wandel habe viele Facetten: Novellierung bestehender Ausbildungsordnungen, Einführung neuer Ausbildungsberufe, Vermittlung digitaler Schlüsselkompetenzen in allen Berufsfeldern sowie Modernisierung des Berufsschulunterrichts.

Metall- und Elektroberufe

Die Metall- und Elektroindustrie (M+E) reagiert mit einer Neufassung der Ausbildungsordnungen auf die Digitalisierung: „Gerade was die Ausbildung angeht, hat die Branche die Zeichen der Zeit erkannt“, lobt das Institut der Deutschen Wirtschaft. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronik- industrie (ZVEI) und die IG Metall haben gemeinsame Handlungsempfehlungen für eine Neuordnung der M+E-Ausbildungsberufe erarbeitet. So soll der Nachwuchs fit für Industrie 4.0 werden.

Allerdings sind dafür nach Einschätzung der Sozialpartner keine neuen Berufsbilder erforderlich. Stattdessen werden die Curricula der industriellen M+E-Berufe sowie des Mechatronikers angepasst und erweitert: Ausbildungsinhalte, die mit Hinblick auf Industrie 4.0 und digitale Arbeit erforderlich sind, werden unter der Bezeichnung „Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“ in die Ausbildungsordnungen aufgenommen. Die Themen „Betriebliche und technische Kommunikation“ sowie „Planen und Organisieren der Arbeit, Bewerten der Arbeitsergebnisse“ werden um digitale Inhalte erweitert. Darüber hinaus sollen Unternehmen und Auszubildende bundeseinheitlich geregelte Zusatzqualifikationen wählen können. Für Metallberufe sind die Zusatzqualifikationen „Additive Fertigungsverfahren“, „Prozessintegration“ und „Systemintegration“ vorgesehen, für Elektroberufe „Digitale Vernetzung“, „Programmierung“ und „IT-Sicherheit“. Die geplante Novelle der Ausbildungsordnungen soll zum 1. August 2018 in Kraft treten.

Ebenfalls zum Ausbildungsjahr 2018/2019 startet der neue Ausbildungsberuf „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“. Er ist ein Beispiel dafür, wie Digitalisierung und E-Commerce zur Entwicklung eines neuen Berufsbildes beigetragen haben (siehe Bericht Seite 48). Derzeit werden außerdem die IT-Berufe überarbeitet.

Sowohl für neue als auch für bestehende Berufsbilder gilt im digitalen Zeitalter: Kompetenzen wie Prozessmanagement, Selbstständigkeit, Kommunikationsfähigkeit und systematisches Denken werden immer wichtiger. Auch neue Methoden des digitalen Lernens gewinnen an Bedeutung, wobei in diesem Bereich durchaus Luft nach oben ist: Als „digital natives“ sind die Auszubildenden mit Laptop und Smartphone aufgewachsen. Für sie ist der Umgang mit digitalen Technologien selbstverständlich, was auf Ausbilder und Lehrer nicht immer zutrifft. Dabei spielen sie eine Schlüsselrolle, wie Friedrich Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, betont: „Wie erfolgreich die Herausforderungen der Digitalisierung für die berufliche Bildung letztendlich bewältigt werden können, steht und fällt mit der Kompetenz des betrieblichen und schulischen Ausbildungspersonals. Auf sie kommt es an.“ So legen die Industrie- und Handelskammern zunehmend Wert darauf, dass in die „Ausbildung der Ausbilder“ digitale Inhalte einfließen. Entsprechende Themen sind in den Angeboten der IHK-Ausbilderakademie Bayern verankert. Auch kommerzielle Bildungsanbieter haben die „Berufsausbildung 4.0“ entdeckt, zum Beispiel hat der Management Circle das Seminar „Digitalisierung in der Berufsausbildung“ im Programm.

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung stehen die Auszubildenden in Deutschland „der digitalen Welt sehr viel offener gegenüber als ihre Lehrer und Ausbilder. Berufsschüler setzen digitale Medien – Wikis, Video-Angebote, Chat-Dienste oder soziale Netzwerke – beim Lernen zuhause wesentlich häufiger ein als im Unterricht oder im Betrieb“. Viele Auszubildende wünschen sich im Klassenzimmer einen stärkeren Einsatz digitaler Medien, so der „Monitor Digitale Bildung“ der Bertelsmann-Stiftung. Dieser Wunsch bleibt in vielen Berufsschulen noch unerfüllt. Zwar kommen häufig Präsentationsmedien wie Beamer, Whiteboards oder Dokumentenkameras zum Einsatz – aber vor allem, um analoge Inhalte zu vermitteln.

Elektronisches Berichtsheft

Die Devise „auch digital statt ausschließlich analog“ gilt seit Kurzem für den Ausbildungsnachweis: Bislang war die Schriftform obligatorisch, nach einer Änderung im Berufsbildungsgesetz muss nun der Ausbildungsbetrieb entscheiden, ob das Berichtsheft in schriftlicher oder elektronischer Form geführt wird. Diese Wahlfreiheit besteht für alle Ausbildungsverträge, die nach dem 30. September 2017 geschlossen wurden. Ob der Azubi beim Eintrag in den Ausbildungsnachweis zum Stift oder in die Tasten greifen soll, muss im Ausbildungsvertrag festgelegt werden. Die Regelungen für den elektronischen Ausbildungsnachweis hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken in einem Merkblatt zusammengefasst (www.ihk-nuernberg.de/berichtsheft-elektronisch). 

Autor/in: 

(aw.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2018, Seite 50

 
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