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Gewerbeabfall

Sauber trennen

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Wie hat sich die seit 2017 geltende Gewerbeabfallverordnung bewährt? Eine IHK-Veranstaltung zog eine Zwischenbilanz.

Bürokratiemonster“ oder „Chance für den Recyclingstandort Deutschland“: Sehr gemischt fällt das Echo auf die Novelle der Gewerbeabfallverordnung aus, die am 1. August 2017 in Kraft getreten ist. Doch wie ist die derart kontrovers bewertete Neufassung in der Praxis angekommen? Diese Frage diskutierten 140 Vertreter von abfallerzeugenden Unternehmen, Entsorgungswirtschaft und Behörden beim „Fachforum Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement: Kreislaufwirtschaft | Gewerbeabfälle“ der IHK Nürnberg für Mittelfranken.

Ob Kleinstunternehmen oder Großkonzern – die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) betrifft alle Betriebe. Ihre Spielregeln gelten für die Erzeuger oder Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen oder bestimmten Bau- und Abbruchabfällen. Gewerbliche Siedlungsabfälle ähneln in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung dem Hausmüll. Welche Abfallarten dieser Kategorie zuzuordnen sind, steht in der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (sogenannte Abfallverzeichnis-Verordnung AVV).

Deutschland gilt in der Statistik der Europäischen Union als Recycling-Champion: Etwa zwei Drittel der Haushaltsabfälle werden stofflich verwertet. „Auf den ersten Blick sind diese Recyclingquoten sehr positiv“, erklärte Dr. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation | Umwelt, zum Auftakt des Fachforums. Der zweite Blick offenbare allerdings, dass die Fraktionen Glas, Papier, Metall und Biomüll mit fast 100-prozentigen Recyclingquoten die Statistik aufhübschen. Bei anderen Stoffströmen, etwa Verbundmaterialen, Kunststoffen oder Textilien, sei noch Luft nach oben.

Dieses Potenzial auszuschöpfen, ist ein wesentliches Anliegen einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die auf die Ressourceneffizienz einzahlt. Bei der Eröffnung der Ifat, der internationalen Leitmesse für Umwelttechnologien in München, forderte Bayerns Umweltminister Marcel Huber vor Kurzem „eine Rohstoffwende mit Konzepten und Technologien für weniger Rohstoffeinsatz und mehr Recycling“.

Deshalb sieht das 2012 verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine fünfstufige Hierarchie im Umgang mit Abfällen vor: Die beste Strategie zur Senkung des Ressourcenverbrauchs ist es, die Entstehung von Abfall von vornherein zu vermeiden. Dann folgen Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung (insbesondere thermische Verwertung und Verfüllung) und Beseitigung.

Diese Anforderungen des KrWG sollten sich auch in der Gewerbeabfallverordnung wiederfinden – was eine grundlegende Reform erforderlich machte. Die alte Fassung der GewAbfV aus dem Jahr 2002 stellte nämlich die energetische und stoffliche Verwertung gleich. So wurden etwa 90 Prozent der gemischten Gewerbeabfälle verbrannt. Nun soll durch die Novelle der Recycling-Anteil deutlich steigen.

Stoffe getrennt sammeln

Bei diesem Ziel gilt eine Grundregel der Abfallwirtschaft: Je genauer die Trennung der Stoffströme, desto besser die Optionen für das Recycling. Insofern sieht die Novelle der Gewerbeabfallverordnung vor, dass Unternehmen die Abfallfraktionen Papier, Pappe, Karton, Glas, Kunststoffe, Metalle, Bioabfälle, Holz und Textilien getrennt sammeln. Bei Bau- und Abbruchabfällen sind wie bisher die Fraktionen Glas, Kunststoff, Metalle, Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik zu trennen. Nach der GewAbfV-Neufassung gilt die sogenannte Getrenntsammlungspflicht nun außerdem für Holz, Dämmmaterial, Bitumengemische und Baustoffe auf Gipsbasis.

Ausnahmen von der Getrenntsammlungspflicht gibt es nur in Ausnahmefällen, „soweit die getrennte Sammlung der jeweiligen Abfallfraktion technisch nicht möglich ist oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist“. Leider handelt es dabei um „unbestimmte Rechtsbegriffe“, wie Rüdiger Weiß bedauerte. Der Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Entsorgungsunternehmen (VBS) erwartet deshalb, dass diese Termini zeitnah in der Praxis konkretisiert werden.

Diesen Versuch unternahm auf dem Fachforum Dr. Klaus Köppel, Leiter des Umweltamts der Stadt Nürnberg. Technische Unmöglichkeit liege beispielsweise vor, wenn der Platz auf dem Firmengelände für die erforderlichen Behälter einer getrennten Sammlung nicht ausreiche. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei laut § 2 Abs. 2 GewAbfV dann gegeben, wenn „die Kosten für die getrennte Sammlung, insbesondere auf Grund einer sehr geringen Menge der jeweiligen Abfallfraktion, außer Verhältnis zu den Kosten für eine gemischte Sammlung und eine anschließende Vorbehandlung stehen“. Dies muss ein Unternehmen allerdings belegen, erklärte Köppel, etwa durch eine Gegenüberstellung der Kosten der vermischten Erfassung mit den Kosten der Getrenntsammlung.

Diese Vorgaben können offenbar noch nicht alle Betriebe nachvollziehen. Rainer Hofmann, Geschäftsführer des in Büchenbach ansässigen Entsorgers Friedrich Hofmann Betriebsgesellschaft mbH, berichtete aus seinen Kundengesprächen von einer „gewissen Verunsicherung“. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen fehle bisweilen das abfallrechtliche Hintergrundwissen, um die neuen Regelungen der GewAbfV richtig einzuordnen und umzusetzen. Bei großen Unternehmen, die Umweltmanagementsysteme professionell betreiben, laufe die Umsetzung der Novelle dagegen „in der Regel völlig problemlos“.

Die alte Fassung der Gewerbeabfallverordnung ließ Schlupflöcher offen, um Abfallgemische an der Sortieranlage vorbei direkt in die Müllverbrennung zu fahren. Die Novelle handhabt diese Regelungen wesentlich strenger: Gemische sind nun grundsätzlich einer Vorbehandlung in einer Sortieranlage zuzuführen. Der direkte Weg des Abfalls in die Verbrennung (energetische Verwertung) ist nur noch in Ausnahmefällen möglich, wenn eine Vorbehandlung technisch nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Die Pflicht zur Vorbehandlung entfällt auch, wenn der Betrieb im vergangenen Kalenderjahr für alle seine gewerblichen Siedlungsabfälle eine Getrenntsammelquote von 90 Prozent erreicht hat. Diese Quote muss von einem zugelassenen Sachverständigen geprüft und bestätigt werden.

Die Novelle der Gewerbeabfallverordnung schraubt auch die technischen Anforderungen für Sortieranlagen höher. Ab 1. Januar 2019 müssen als Mittelwert eines Kalenderjahres eine Sortierquote von mindestens 85 Masse-Prozent und eine Recyclingquote von 30 Prozent erreicht werden.

Die Neufassung der GewAbfV bürdet Unternehmen eine umfassende Dokumentationspflicht auf: So ist die getrennte Sammlung durch Lagepläne, Fotos, Liefer- und Wiegescheine oder ähnliche Dokumente zu belegen. Ein Unternehmen muss außerdem eine schriftliche Erklärung des Übernehmers der Abfälle vorweisen, dass die getrennt gesammelten Abfälle der stofflichen Verwendung zugeführt worden sind. Notwendige Angaben, so Klaus Köppel, sind Name und Anschrift des Übernehmers, die Masse sowie der „beabsichtigte Verbleib“ der Abfälle. Für Abfallgemische ist der Nachweis erforderlich, dass sie in der Sortieranlage angekommen sind.

Trotz dieser Auflagen sah Georg Stember, Abfallbeauftragter der MAN Truck & Bus AG, diese Dokumentationspflichten gelassen: Auf dem rund 3,5 Hektar großen Nürnberger Werksgelände sei ohnehin ein Lageplan der Abfallinseln erforderlich, schon allein als Wegweiser für die Entsorger. Auch aus ökonomischen Gründen sei eine exakte Erfassung der Stoffströme sinnvoll: „Transparenz zahlt sich aus.“ Schließlich müssten für einen wirtschaftlichen Betrieb die Entsorgungskosten bekannt sein, um die Produktpreise solide zu kalkulieren. Auch Markus Lang, bei der Nürnberger GfE Metalle und Materialien GmbH für Umwelt und Sicherheit verantwortlich, kommentierte die GewAbfV-Novelle unaufgeregt: „Man braucht keine Angst zu haben vor der Neufassung, wenn man sich schon mit dem Thema Abfall beschäftigt hat.“

Autor/in: 

(aw.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 40

 
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