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Berufsausbildung

Azubis in Teilzeit

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Trotz familiärer Umstände zum IHK-Abschluss: Mit einer Teilzeitausbildung lässt sich das schaffen.

Zahlreiche Menschen würden gerne eine Ausbildung absolvieren, sehen sich aber wegen ihrer familiären Umstände dazu außerstande. Eine Schwangerschaft, die Betreuung von kleinen Kindern oder die Pflege von kranken Angehörigen lassen sie oft davor zurückschrecken, doch noch einen beruflichen Abschluss zu erwerben. Für sie kann eine Teilzeitausbildung eine Möglichkeit sein, ihr Ziel mit einem flexiblen Zeitplan zu erreichen. Vor Kurzem informierten die Agentur für Arbeit Nürnberg und die IHK Nürnberg für Mittelfranken bei einer Veranstaltung im Berufsinformationszentrum (BIZ) der Arbeitsagentur über diese Form der Ausbildung.

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) sieht eine Teilzeitausbildung seit Langem ausdrücklich vor und dennoch wird sie nur selten genutzt. Nach Angaben der IHK wurden in Deutschland weniger als ein Prozent der rund 515 000 im vergangenen Jahr registrierten Ausbildungsverträge in Teilzeit abgeschlossen. Stefan Kastner, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Berufsbildung, will deshalb verstärkt für diese Möglichkeit werben: „In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels und angesichts vieler unbesetzter Ausbildungsplätze lohnt sich ein Blick auf diesen ,unentdeckten‘ Markt an Nachwuchsfachkräften.“

Die Berufsausbildung in Teilzeit ist in allen anerkannten Ausbildungsberufen möglich, wenn auf Seiten des Bewerbers ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ vorliegt. Dazu zählen neben den genannten familiären Umständen auch körperliche Beeinträchtigungen. Es empfiehlt sich laut Kastner, frühzeitig den zuständigen IHK-Bildungsberater anzusprechen und zu klären, ob eine Teilzeitausbildung je nach den persönlichen Umständen in Frage kommt. Sind die Voraussetzungen erfüllt, geht es in einem zweiten Schritt um die konkrete Umsetzung. „Die Rahmenbedingungen können durch Ausbildungsbetrieb und Azubi sehr flexibel gestaltet werden“, unterstreicht Stefan Kastner. In der Regel wird die wöchentliche Arbeitszeit reduziert, wobei der Zeitplan an die betrieblichen Abläufe im Unternehmen und an die Bedürfnisse des Auszubildenden angepasst wird. Verschiedene Varianten sind denkbar: Der Azubi reduziert die tägliche Arbeitszeit an allen Arbeitstagen oder er arbeitet nur einige Tage in der Woche. In der Praxis hat sich in vielen Fällen eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit im Betrieb auf ca. 30 Stunden bewährt, so die Beobachtung der IHK. Ein wichtiger Punkt: Der Berufsschulunterricht muss wie von den anderen Auszubildenden immer vollständig besucht werden, wird aber auf die Ausbildungszeit angerechnet. So wird gewährleistet, dass keine wichtigen Lerninhalte versäumt werden und die IHK-Prüfungen erfolgreich abgelegt werden können.

Was die Dauer der Ausbildung angeht, gibt es zwei Varianten: Beträgt die wöchentliche Ausbildungszeit mindestens 25 Wochenstunden, kann die Ausbildung sogar in der regulären Ausbildungsdauer durchgeführt werden (abhängig vom Ausbildungsberuf und der jeweiligen Ausbildungsordnung). Beträgt die wöchentliche Ausbildungszeit mindestens 20 Wochenstunden, verlängert sich die Ausbildungszeit um längstens ein Jahr.

Positive Erfahrungen

Nach Worten von Stefan Kastner bestehen bei den Unternehmen noch Vorbehalte gegenüber dieser Form der Ausbildung, diese seien aber in der Regel unbegründet: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass beispielsweise junge Mütter und Väter in Teilzeitausbildung überdurchschnittlich motiviert sind. Sie fühlen sich ihrem Ausbildungsbetrieb zudem sehr verbunden.“ Und junge Eltern zeichneten sich beispielsweise durch ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein und hohe organisatorische Fähigkeiten aus. Entkräftet werden könne auch die Befürchtung hoher Fehlzeiten: Diese seien bei den „Teilzeit-Azubis“ nach den bisherigen Erfahrungen nicht höher als bei ihren Vollzeit-Kollegen. Wer sich für die Teilzeitausbildung öffne, könne zudem als familienfreundliches Unternehmen punkten. Ein weiterer Aspekt: Die finanzielle Belastung für die Betriebe kann durch eine anteilige Ausbildungsvergütung je nach der vereinbarten Arbeitszeit verringert werden. Außerdem gibt es Förderprogramme wie beispielsweise „Fit for work“, über die Betriebe einen Zuschuss zur Ausbildung in Teilzeit erhalten können.

Die Auszubildenden werden ebenfalls nicht alleine gelassen, sondern auf Wunsch bei der Ausbildung durch Angebote der regionalen Agenturen für Arbeit und der Jobcenter begleitet: So kann die Ausbildung in Teilzeit finanziell bezuschusst werden. Die „Agentur für Familie & Beruf“ in Nürnberg unterstützt beispielsweise bei der Suche nach einer geeigneten Kinderbetreuung. Das Fazit von Stefan Kastner: „Die Praxis hat gezeigt, dass die Ausbildung auch in reduzierter Zeit – entsprechende Organisation und Planung vorausgesetzt – zu einem erfolgreichen Abschluss führt. Für Betriebe bedeutet das eine hervorragende Chance, sich langfristig gut ausgebildete Fachkräfte mit hoher Identifikation zum Unternehmen zu sichern.“

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 14

 
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