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China

Veranstaltung: Was passiert da?

NürnbergMesse_Seidenstrasse2018_0472 © Thomas Geiger/NürnbergMesse

Deutsch-chinesischer Austausch: IHK-Präsident Dirk von Vopelius, Deputy Managing Director der CCILP GmbH Andi Popescu, CEO der Changchun International Land + Port (CCILP) Roger Zhang, Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer, Messe-Geschäftsführer Peter Ottmann und IHK-Vizepräsident Harald Leupold.

Seidenstraßen-Initiative der VR China: Kongress in der NürnbergMesse analysierte Chancen und Risiken für Unternehmen.

Seidenstraße 2018 – Handeln auf neuen Wegen“ war der Titel eines Kongresses, der über das interkontinentale Infrastrukturprojekt „Belt and Road Initiative“ der chinesischen Regierung informierte. Organisiert wurde die Veranstaltung von der NürnbergMesse, dem Bayerischen Wirtschaftsministerium und den bayerischen Industrie- und Handelskammern. Der Kongress sei als „Weckruf“ für deutsche Unternehmer gedacht, sich näher mit dem Thema zu befassen, erklärte IHK-Präsident Dirk von Vopelius. Peter Ottmann, Geschäftsführer der NürnbergMesse, ergänzte: „Während die ‚Seidenstraße‘ in anderen Teilen der Welt bereits Form annimmt, läuft die Diskussion in Europa gerade erst an.“ Mit Erfahrungsberichten von Unternehmen und Vorträgen über Projekte sowie Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten konnten sich die rund 250 Teilnehmer umfassend über das Megaprojekt „Neue Seidenstraße“ informieren.

Schon vor über 2 000 Jahren wurden auf der antiken Seidenstraße Waren zwischen China und Europa gehandelt. An diese Tradition will der chinesische Staatspräsident Xi Jinping anknüpfen: Im Jahr 2013 rief er bei einem Staatsbesuch in Kasachstan die „Belt and Road Initiative“ (BRI) aus. Mit einem prognostizierten Investitionsvolumen von 900 Mrd. US-Dollar im Verhandlungs- und Planungsstadium ist die „Neue Seidenstraße“ ein gigantisches Infrastrukturprojekt. Die BRI sieht zwei Haupttransportrouten vor: Der Seidenstraßen-Wirtschaftsgürtel („Belt“) führt über den Landweg von China über Zentralasien und den Nahen Osten bis nach Europa. Die maritime Seidenstraße („Road“) führt auf dem Seeweg von Südchina über Südostasien, Indien, Sri Lanka und vorbei an Ostafrika ebenfalls nach Europa. Entlang dieser Hauptstrecken soll ein Netzwerk von Routen entstehen, um Waren auf Straßen, Schienen sowie per Schiff zu transportieren. Dazu muss die entsprechende Infrastruktur gebaut werden, etwa Kraftwerke und Pipelines, Brücken, Häfen, Straßen und Eisenbahnstrecken. Mit über 60 Ländern hat China bereits entsprechende Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet.

Diese Marktpotenziale, die sich durch die BRI auftun, sollten auch mittelständische Unternehmen nutzen, wie Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer in seiner Eröffnungsrede auf dem Kongress in Nürnberg betonte. Er erwartet von der „Neuen Seidenstraße“ Wachstumsimpulse für die Wirtschaft im Freistaat. Aktuell ist China Bayerns größter Handelspartner: 2017 beliefen sich die Importe aus dem Reich der Mitte auf 15,3 Mrd. Euro, die Exporte aus dem Freistaat nach China erreichten ein Volumen von 16 Mrd. Euro. Pschierer betonte die wirtschaftlichen Chancen für heimische Unternehmen, die sich in Seidenstraßen-Projekten engagieren. Allerdings müsse man gegebenenfalls auch aufzeigen, wo Vorsicht geboten sei. Die neue Seidenstraße dürfe keine Einbahnstraße sein, an deren Ende nur China als Gewinner sitze.

Jingqiu Mao, Generalkonsulin der Volksrepublik China in München, unterstrich die Bedeutung der BRI als „Straße der Kooperation“, die gerade zur rechten Zeit komme: „Wir können nicht zurück in ein Zeitalter der Abschottung“, so die Diplomatin. Gerade jetzt müssten die Kräfte zusammenstehen, die die protektionistischen Tendenzen im Welthandel ablehnen. Ihre Hoffnung sei, dass Deutschland und China die „historische Gelegenheit beim Schopf packen“. Der gemeinsame Aufbau der „Neuen Seidenstraße“ sei für beide Länder von enormer Bedeutung.

Nach Insider-Schätzungen gehen aktuell jedoch bis zu 90 Prozent der Projekte an chinesische Firmen. Laut einer Umfrage der Deutschen Handelskammer in China wünschen sich die deutschen Unternehmer mehr Transparenz und eine bessere Informationspolitik bei Auftragsvergaben. Auch dieses Thema wurde auf dem Kongress beleuchtet: Experten betonten, dass internationale Vergabestandards eingehalten werden müssen. Derzeit ist es für den Mittelstand noch schwierig, sich unter dem BRI-Schirm an Großprojekten zu beteiligen – in diesem Punkt herrschte Konsens unter den Teilnehmern der Diskussionspanels auf dem Kongress. Aber Armin Siegert, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs International, sieht Chancen „in der Kooperation mit Dax-Riesen“ und rät Mittelständlern, das Projekt „Neue Seidenstraße“ mit langem Atem anzugehen: „Entlang der Route werden neue Städte entstehen, die Verkehrsinfrastruktur benötigen, Kanalisation und Krankenhäuser.“

Prof. Gabriel Felbermayr, Leiter des Münchener Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, wies auf die „ungeheuren Entwicklungschancen“ und die „großen ungehobenen Potenziale“ des eurasischen Zwischenraums hin. „Europa braucht dringend eine Eurasien-Strategie“, so Felbermayr. Eine Verlagerung der Warentransporte vom Seeweg auf die Schiene könnte die Transportkosten senken und das Handelsvolumen zwischen der Europäischen Union und Eurasien erhöhen.

Als Logistik-Standort liegt Nürnberg schon heute an der Seidenstraße: Seit 2015 rollen pro Jahr etwa 100 Intermodalzüge auf der Bahnstrecke zwischen der Frankenmetropole und der Mega-City Chengdu im Südwesten Chinas. Im Juni 2018 schickte das Hersbrucker Eisenbahnunternehmen IGE GmbH & Co. KG den ersten Container-Zug auf die Schiene, der Güter in die rund 11 000 Kilometer entfernte nordchinesische Provinz Jilin beförderte.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2018, Seite 52

 
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