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Urteile zur Gewerbemiete

Alles schriftlich korrekt?

Schriftform in Mietverträgen, Vermieterpfandrecht und Untervermietung waren Gegenstände aktueller Gerichtsurteile.

Wie steht es um die Schriftform bei Gewerbemietverträgen? Wie können Vermieter, denen die Miete nicht bezahlt wurde, doch noch an einen Teil des Geldes kommen? Welche Rechte hat ein Untermieter, wenn das gewerbliche Mietobjekt verkauft wird? Mit diesen Fragen des Gewerbeimmobilienrechts hatten sich die Gerichte in letzter Zeit auseinanderzusetzen.

Schriftform bei Mietverträgen: Ein immer wiederkehrender Streitpunkt ist, ob bei Immobilienmietverträgen das Erfordernis der Schriftform ausreichend eingehalten wurde. Eine nicht korrekte Schriftform hat nämlich greifbare Auswirkungen in der Praxis: Der Vertrag läuft dann rechtlich gesehen auf unbestimmte Zeit und kann deshalb ordentlich gekündigt werden – also vor Ablauf der vereinbarten, möglicherweise langen Vertragslaufzeit. So ist es in § 550 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Das Oberlandesgericht Rostock hatte über einen Vertrag mit langer Laufzeit zu entscheiden, der lediglich von zwei Geschäftsführern unterschrieben worden war. Das Unternehmen hatte aber drei Geschäftsführer. Es fehlte der Zusatz, dass die Unterzeichner ihren fehlenden Geschäftsführer-Kollegen vertreten. Allerdings war auf dem Vertrag zusätzlich ein Firmenstempel aufgebracht. Zu entscheiden war die Frage, ob damit der erforderlichen Schriftform Genüge getan wurde. Die Richter erachteten die Unterzeichnung des Vertrages ohne den Vertretungszusatz als ausreichend und begründeten dies mit dem Firmenstempel auf der Urkunde (OLG Rostock, Beschluss vom 12. Juli 2018, Aktenzeichen 3 U 23/18).

Neufestsetzung der Miete aufgrund einer Indexklausel muss schriftlich erfolgen: Um die Folgen einer nicht korrekten Schriftform ging es auch bei einem Fall, den der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden hatte. Konkret war die Schriftform bei der Vereinbarung einer sogenannten Indexmiete zu beurteilen. Wird eine Indexmiete im Vertrag vereinbart, kann eine Partei eine neue Festsetzung der Miete verlangen, wenn zum Beispiel der Verbraucherindex steigt oder fällt und dabei festgelegte Grenzen überschreitet.

Ein Vermieter hatte von diesem vertraglich vereinbarten Anpassungsrecht Gebrauch gemacht und eine höhere Miete gefordert. Die Mieter bezahlten zwar die geforderte höhere Miete, kündigten aber dann den Mietvertrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit. Sie argumentierten damit, dass beim Vertragsschluss die Schriftform nicht korrekt eingehalten worden sei. Zuletzt gab der BGH den Mietern Recht: Die Neufestsetzung der Miete hätte schriftlich vereinbart werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, fehle es an der nach § 550 BGB erforderlichen Schriftform. Die Folge: Der Vertrag lief nunmehr für unbestimmte Zeit und war damit vor Ablauf der Laufzeit ordentlich kündbar (BGH-Urteil vom 11. April 2018, Aktenzeichen XII ZR 43/17).

Fallen bei der Schriftform: Manche Vertragsparteien kommen auf die Idee, formale Fehler bei der erforderlichen Schriftform zu nutzen, um sich von lästigen Verträgen zu lösen. Umgekehrt wollen sich andere genau vor dieser Gefahr schützen, indem sie sogenannte Schriftform-Heilungsklauseln verwenden. Mit diesen Klauseln wollen sie verhindern, dass der gesamte Mietvertrag wegen einer späteren mündlichen Vereinbarung nicht mehr den Anforderungen des § 550 BGB entspricht und die langen Bindungszeiten der Verträge erlöschen. Dem hat der BGH mit einem Urteil vom 27. September 2017 (Aktenzeichen XII ZR 114/16) jedoch einen Riegel vorgeschoben: Die Klauseln seien nicht mit der Regelung des § 550 BGB vereinbar und daher unwirksam.

Der konkrete Fall: Eine Vermieterin bestand bei einem Index-Mietvertrag auf einem Nachtrag, um die Indexklausel zu ändern. Der Mieter stimmte diesem Nachtrag zu. Der Haken dabei: Bei der Vereinbarung fehlte der Bezug zum Ausgangsvertrag und auf schon vorher erfolgten Nachträge. Dieser Umstand wurde von den BGH-Richtern moniert, weil es am sogenannten Urkundenzusammenhang fehle. Damit sei das Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht erfüllt worden. Nun hätte die Vermieterin den Vertrag also eigentlich formal ordentlich kündigen können. Dennoch stellten sich die Richter auf die Seite des Mieters und erklärten, die Vermieterin habe den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt. Ihr sei der Verstoß gegen die Schriftform von vorneherein bewusst gewesen. Sie habe die Vertragsänderung allein deshalb herbeigeführt, um sich diesen formalen Umstand zunutze zu machen und um sich bei der Kündigung des nicht mehr gewollten Vertrags darauf beziehen zu können.

Vermieterpfandrecht auf abgestellte Fahrzeuge: Das Vermieterpfandrecht ist für den Vermieter oft die letzte Möglichkeit, eine unbezahlte Miete doch noch zu erhalten. Dieses Pfandrecht entsteht nach dem Gesetz jedoch nur an Gegenständen, die vom Mieter in die Immobilie eingebracht wurden. In der Praxis ist jedoch häufig umstritten, welche Teile der Einrichtung oder andere Gegenstände nun genau vom Mieter eingebracht wurden und welche nicht.

Im konkreten Fall, den der BGH zu beurteilen hatte, war streitig, ob das Vermieterpfandrecht sich auch auf Fahrzeuge erstreckt, die der Mieter regelmäßig auf seinem angemieteten Grundstück abstellt. Die Bundesrichter entschieden, dass das Vermieterpfandrecht erlischt, wenn die Fahrzeuge vom Grundstück entfernt werden, es aber jedes Mal neu entsteht, sobald diese wieder auf dem Grundstück abgestellt werden (sogenanntes revolvierendes Pfandrecht). Für den Fall, dass der Mieter insolvent ist, bedeutet das: Die Forderungen des Vermieters sind nur dann insolvenzfest gesichert, wenn die Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung gerade auf dem vermieteten Grundstück abgestellt sind (Urteil vom 6. Dezember 2017, Aktenzeichen XII ZR 95/16).

Umgang mit Untermietern beim Verkauf der Immobilie: Der Bundesgerichtshof (BGH) musste die Frage entscheiden, ob der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ auch bei der Untervermietung zur Anwendung kommt. Geregelt ist dieser Grundsatz in § 566 BGB: Demnach übernimmt der Käufer einer Immobilie die Rechte und Pflichten, die der bisherige Eigentümer als Vermieter hatte. Ansonsten könnte der neue Eigentümer von dem Mieter die Räumung der Immobilie mit dem Argument verlangen, er habe mit ihm ja keinen Mietvertrag abgeschlossen. Kurzum: Die BGB-Regelung schützt also den Mieter für den Fall, dass das Objekt verkauft wird.

Nach dem Wortlaut des BGB kann sich ein Mieter aber nur dann auf den Schutz dieser Vorschrift berufen, wenn der Vermieter auch der Eigentümer der veräußerten Immobilie ist. Das ist in der Praxis aber häufig nicht der Fall, denn aufgrund steuerlicher Vorteile lassen Eigentümer ihre Immobilien vermehrt von Dritten vermieten. Es liegt dann eine Untervermietung vor. Die Folge für den Mieter, wenn der Eigentümer die untervermietete Immobilie veräußert: Die BGB-Regelung greift nicht und der neue Erwerber kann grundsätzlich vom Mieter verlangen, dass er die Immobilie freigibt und auszieht. Der BGH hat nun entschieden, dass in diesen Fällen § 566 BGB allerdings doch zur Anwendung kommt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Der Vermieter darf selbst kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses haben und die Vermietung erfolgt mit Zustimmung im alleinigen Interesse des Eigentümers (BGH-Urteil vom 12. Juli 2017, Aktenzeichen XII ZR 26/16). Da diese Voraussetzungen in diesem Fall erfüllt waren, gab der BGH dem Mieter Recht.

Autor/in: 

Rechtsanwalt Ferdinand Mang ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2018, Seite 108

 
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