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Content- und Influencer-Marketing

Werben auf schmalem Grat

Botschaften unterhaltsam und scheinbar neutral in Online-Medien platzieren: Wann ist die Grenze zur Schleichwerbung überschritten?

Das Internet eröffnet völlig neue Wege, um mögliche Kunden anzusprechen. Anders als bei Zeitungsanzeigen, Plakaten, TV-Werbung oder Radiospots muss dabei nicht das Produkt oder das Unternehmen im Mittelpunkt stehen. Die Botschaften können in vermeintlich neutrale Inhalte eingebunden werden (Content-Marketing). Oder man arbeitet gezielt mit Meinungsmachern (Influencern) zusammen, die sich im Netz zu spezifischen Themen äußern und sich auf ihrem Themenfeld hohe Prominenz und große Reichweite erarbeitet haben (Influencer-Marketing). Vor allem an junge Menschen, die sich durch klassische Werbung oft nicht mehr angesprochen fühlen, wenden sich die Werbetreibenden mit diesen Strategien. Das Problem dabei: Durch die unauffällige und unterschwellige Platzierung der Werbebotschaften bewegt man sich rechtlich auf einem schmalen Grat, weil die Grenze zur Schleichwerbung leicht überschritten wird.

Beim Content-Marketing stellt der Werbetreibende hochwertige Inhalte bereit, die unterhalten und informieren. Die Aufmerksamkeit wird also nicht direkt auf das Unternehmen und dessen Produkte gelenkt. Vielmehr agiert der Absender aus einer vermeintlich neutralen Position heraus und vermeidet damit einen werblichen Eindruck. Es gibt zahlreiche Beispiele für erfolgreiches Content-Marketing, mit denen es Unternehmen gelingt, potenzielle Kunden anzusprechen und bestehende Kunden zu binden: Hersteller von Lebensmitteln stellen Rezeptsammlungen zur Verfügung oder beschreiben aktuelle Ernährungs- und Kochtrends in Food-Blogs. Als Vorreiter des Content-Marketings gilt ein bekannter Hersteller von Energydrinks, der mit einer umfangreichen Berichterstattung über Extremsport-Events die Markenbildung stärkt. Es ist nachvollziehbar, dass hier die Grenzen zwischen redaktionellen und werblichen Beiträgen oft verschwimmen. Wer allzu subtil wirbt, kann sich schnell mit dem Vorwurf der Schleichwerbung konfrontiert sehen.

Definition von Schleichwerbung

Gemäß dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ist Schleichwerbung eine Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Marken oder Tätigkeiten zu Werbezwecken, die nicht ausreichend gekennzeichnet ist. Auch gemäß § 5a Nr. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gilt es als unlauter, wenn der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich gemacht wird. Darüber hinaus verlangt § 6 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG), dass die kommerzielle Kommunikation „klar als solche zu erkennen“ sein muss. Das TMG ist auch sehr klar formuliert, wenn es darum geht, ob jede Art von Content-Marketing automatisch Werbung ist. Diese Frage wird in § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG mit einem klaren Ja beantwortet: Demnach ist jede Form der Kommunikation in Telemedien, die der „direkten oder indirekten Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens oder einer sonstigen Organisation“ dient, als kommerziell einzustufen.

Deshalb empfehlen Rechtsexperten, kommerzielle Beiträge deutlich sichtbar mit Begriffen wie „Anzeige“ oder „Werbung“ zu markieren. Diese goldene Regel gilt unabhängig von der Online-Plattform und trifft somit auch bei sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Co zu. Nicht empfehlenswert sind Begriffe wie „sponsored by“ oder „Ad“. Laut aktueller Rechtsprechung sind solche Anglizismen nicht aussagekräftig genug, um werbliche Inhalte zu kennzeichnen. Sie werden deshalb als irreführend befunden.

Entwarnung gibt es für Unternehmer, die sich bei der Veröffentlichung ihrer kommerziellen Inhalte ausschließlich auf die eigene Website beschränken. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln kam 2013 zu dem Entschluss, dass Werbebotschaften auf der eigenen Internet-Präsenz nicht zusätzlich gekennzeichnet werden müssen. Voraussetzung ist nach Auffassung der Richter allerdings, dass sie ein „durchschnittlich aufgeklärter, verständiger Nutzer“ auch als Werbung erkennen kann.

Influencer als Markenbotschafter

Neben dem Content-Marketing hat auch das Influencer-Marketing Hochkonjunktur: Social-Media-Stars sind derzeit angesagte Markenbotschafter, um ein junges Publikum anzusprechen. Doch auch als Online-VIP ist man nicht vor dem Gesetz gefeit, wie zwei prominente Fälle zeigen: Für Negativschlagzeilen sorgte unter anderem Scarlett Gartmann, ihres Zeichen Freundin von Fußball-Nationalspieler Marco Reus. Das bekannte Model hatte auf ihrem Instagram-Account mit immerhin 130 000 Followern Bilder veröffentlicht, auf denen sie hochpreisige Mode-Accessoires in die Kamera hielt. Ein Verbraucherverband bezichtigte Gartmann der Schleichwerbung und ging vor Gericht. Die Influencerin unterlag vor dem Landgericht (LG) Hagen. Sie wurde verpflichtet, nachträglich ihre werblichen Beiträge auch als solche zu kennzeichnen und musste somit einen beträchtlichen Imageschaden hinnehmen. Gartmann wurde somit zu einem anschaulichen Beispiel dafür, dass die Art des Online-Mediums keine Rolle spielt, wenn es um verschleierte Werbung geht.

Viele potenzielle Fans und Follower erreicht man auch über die Video-Plattform YouTube, die  ebenfalls kein rechtsfreier Raum ist. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist der YouTuber „Flying Uwe“: Der Hamburger Fitness-Videoblogger hatte Ende 2016 den Unmut der Medienanstalt Schleswig-Holstein auf sich gezogen. Man warf ihm vor, seine Videobeiträge, die Produktplatzierungen enthielten, nicht ausreichend gekennzeichnet zu haben.

Der YouTube-Star gelobte Besserung und fügte sämtlichen beanstandeten Videos die Einblendung „unterstützt durch Produktplatzierung“ im Vor- und Abspann hinzu. Allerdings hatte er drei Videobeiträge, in denen er Produkte seines eigenen Unternehmens bewarb, nicht entsprechend gekennzeichnet. Die Medienaufsichtsbehörde warf „Flying Uwe“ deshalb einen Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag vor. Das Resultat: Die Behörde verhängte ein Bußgeld von 10 500 Euro. Der erfolgsverwöhnte YouTuber musste also zur Kenntnis nehmen, dass der Rundfunkstaatsvertrag nicht nur für klassische Fernsehsender gilt, sondern auch für fernsehähnliche Formate. In § 58 RStV ist nämlich von „audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf“ die Rede, was sich problemlos auf YouTube-Videos beziehen lässt.

Diese beiden prominenten Fälle sind anschauliche Beispiele dafür, wozu mangelnde Kennzeichnung werblicher Inhalte führen kann. Sie liefern werbetreibenden Unternehmen ein gutes Anschauungsmaterial, um nicht selbst in rechtliche Fallen zu tappen.

Autor/in: 

Johannes Schaack ist Content-Manager und Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die die Rechtsberatungsplattform www.anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2018, Seite 38

 
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