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IHK-Konjunkturklima

In dünner Höhenluft

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Der Aufschwung der mittelfränkischen Wirtschaft setzt sich fort, allerdings lässt die Dynamik etwas nach.

Die mittelfränkische Wirtschaft befindet sich weiterhin im Höhenflug, allerdings verliert das Wachstum im Herbst 2018 an Dynamik. Nach dem Rekordhoch zu Jahresbeginn 2018 und der leichten Eintrübung im Frühjahr erreicht der mittelfränkische IHK-Konjunkturklimaindex mit 129,9 Punkten wieder annähernd das Frühjahrsniveau. Die Geschäftslage erreicht fast wieder den Höchststand vom Jahresbeginn. Zugleich ist aber der große Optimismus bei den Geschäftserwartungen einer realistischeren, gesunden Zuversicht gewichen.

Die mittelfränkischen Unternehmen melden mehrheitlich eine hervorragende Auftragslage und eine sehr hohe Kapazitätsauslastung. Nun richtet sich ihr Augenmerk zunehmend auf die Begleiterscheinungen eines langjährigen Aufschwungs, die eine Fortsetzung mit unvermindertem Schwung gefährden können. Steigende Vorleistungspreise und Arbeitskosten, vor allem aber die zunehmend belastenden Engpässe auf der Suche nach Fachpersonal werden als Risiken für eine weiter dynamisch wachsende Inlandsnachfrage gesehen. „Mit Blick auf die Standortqualität fordern wir deshalb von der Wirtschaftspolitik vermehrte Anstrengungen bei der Fachkräftesicherung, außerdem eine verbesserte digitale Infrastruktur und einen Abbau bürokratischer Lasten“, so IHK-Präsident Dirk von Vopelius.

Geschäftslage fast auf Rekordhöhe 

Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 befindet sich die mittelfränkische Wirtschaft in einem lang anhaltenden Aufschwung. Die befragten Unternehmen zeigen sich mit ihrer aktuellen Geschäftslage überwiegend hoch zufrieden: Derzeit bezeichnen 58 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut, rund 36 Prozent sind zufrieden. Damit liegt der Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Meldungen bei plus 52 Punkten – das sind 22 Punkte mehr als im Herbst 2013. Die seither fast kontinuierlich gestiegene Zufriedenheit spiegelt sich in den alljährlichen Auftragszuwächsen und der höheren Kapazitätsauslastung wider.

Die mittelfränkischen Betriebe gehen von einer anhaltenden Dynamik aus, da die Nachfrage sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland weiterhin rege ist. Die Mehrheit der Befragten rechnet mit einer unverändert guten Geschäftslage. 22 Prozent der mittelfränkischen Betriebe erwarten sogar weiter verbesserte Geschäfte in den kommenden Monaten, während elf Prozent mit einer Eintrübung rechnen. In den erreichten konjunkturellen Höhen wird nun aber die Luft dünner: Die Unternehmen äußern Sorgen wegen erster Überhitzungserscheinungen (z. B. steigende Preise und Arbeitskosten, Engpässe bei Lieferungen) und wegen der zunehmend schwierigen Suche nach Fachkräften. Dies trägt zu der im Herbst üblicherweise nachlassenden Dynamik bei.

Weil die Auftragseingänge und die Auslastung der Betriebe hoch sind, stehen Investitionsentscheidungen an, um Kapazitäten zu erweitern oder Ersatzbeschaffungen vorzunehmen. Das freundliche Investitionsklima in Mittelfranken wird deshalb anhalten, wenn auch mit nachlassender Dynamik: Mehr als 80 Prozent der Betriebe in Mittelfranken planen mit unveränderten oder sogar erhöhten Investitionsbudgets, neun Prozent wollen sie senken und sieben Prozent der Befragten auf Investitionen verzichten. Per Saldo liegt die Investitionsneigung noch auf fast gleichem Niveau wie im Herbst 2017.

Über alle Branchen hinweg planen 22 Prozent der mittelfränkischen Betriebe mit zusätzlichem Personal, gerade einmal neun Prozent wollen Stellen streichen. Der aktuelle Saldo von 13 Punkten liegt nochmals um drei bzw. zwei Punkte höher als im Frühjahr bzw. im Vorjahresherbst. Die Kehrseite der Medaille: Der regionale Arbeitsmarkt ist weitgehend leergefegt. Die Unternehmen suchen vorwiegend Arbeitskräfte mit abgeschlossener dualer Berufsausbildung oder Fachwirte und Meister, finden aber keine oder zu wenige passend qualifizierte Bewerber. Der Fachkräftemangel bleibt das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, so 69 Prozent der befragten Unternehmer.

Im Folgenden die Entwicklung nach Branchen:

Industrie: Die mittelfränkische Industrie berichtet im Herbst 2018 über einen deutlichen Anstieg der Inlandsaufträge, ein gewachsenes Auftragsvolumen aus dem Ausland und eine hohe Kapazitätsauslastung (volle Auslastung: 56 Prozent; befriedigend: 35 Prozent). Dies sind charakteristische Werte nach einem mehrjährigen stabilen Wachstumskurs. Sie spiegeln sich in sehr guten Urteilen der Unternehmen über ihre aktuelle Geschäftslage: Der Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Einschätzungen liegt bei plus 47 Prozentpunkten. In dieser anhaltenden Hochphase befürchten nur jeweils elf Prozent der Befragten eine abnehmende Kapazitätsauslastung bzw. eine Verschlechterung der Geschäftslage. Noch geringer sind die Sorgen um einen Druck auf die Verkaufspreise, vielmehr geht fast jeder zweite Industriebetrieb davon aus, Preiserhöhungen durchsetzen zu können. Dennoch liegt der Saldo aus „besseren“ und „schlechteren“ Geschäftserwartungen bei nurmehr elf Punkten – das sind 20 Punkte weniger als im Frühjahr.

Diese Zahlen sprechen für eine Fortsetzung des Wachstums, wenn auch bei verminderter Dynamik. Gestützt wird dies durch die Planungen der mittelfränkischen Industriebetriebe: Hersteller von Vorleistungen, Investitionsgütern sowie Ge- und Verbrauchsgütern sehen mehrheitlich höhere Investitionen vor und planen mit zunehmenden Beschäftigtenzahlen. 

Bauwirtschaft: Die mittelfränkische Bauwirtschaft boomt weiter, denn 85 Prozent der Baubetriebe berichten von einer guten Geschäftslage, 15 Prozent sind zufrieden, von schlechten Geschäften spricht in der Baubranche aktuell niemand. Die gute Konjunktur und die zunehmend ausgelasteten Kapazitäten der Industrie sowie die wachsenden Einkommen der Verbraucher und die niedrigen Zinsen lassen die Aufträge im Wirtschafts- und im Wohnungsbau weiter steigen. Im kommunalen und staatlichen Sektor erlaubt die gute Kassenlage der öffentlichen Haushalte eine allmähliche Auflösung des Investitionsstaus bei Verkehrsinfrastruktur, Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen. So wird die saisonübliche Abkühlung des Konjunkturklimas im Bau in diesem Winterhalbjahr kaum spürbar werden: Die Geschäftserwartungen der Betriebe sind mit einem Saldo von plus 23 Punkten deutlich nach oben gerichtet. Die Befragten begegnen der boomenden Nachfrage mit steigenden Investitionen und höheren Beschäftigtenzahlen.

Handel: Im Handel beobachten wir eine insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung, die von der guten gesamtwirtschaftlichen Lage, niedrigen Zinsen, zuversichtlichen Einkommenserwartungen und dem freundlichen Konsumklima begünstigt wird. 58 Prozent der Befragten urteilen „gut“, nur zehn Prozent „schlecht“. Allerdings ist die Stimmung im Handel gespalten: Aus Großhandel und Handelsvertretungen sprechen zwei Drittel von einer guten, kein einziger Betrieb von einer schlechten Lage. 27 Prozent erwarten weitere Verbesserungen, nur zwölf Prozent Verschlechterungen. Begründet wird die Zuversicht sowohl mit wachsender Nachfrage als auch mit höheren erzielbaren Preisen. Dies erfordert und ermöglicht zunehmende Investitionen und größere Belegschaften.

Dagegen beurteilen die Einzelhändler ihre Lage zwar auch als weitgehend gut, äußern sich aber mehrheitlich skeptisch, was die geschäftlichen Erwartungen angeht. Die nachlassenden Frequenzen in Innenstädten, der Wettbewerb mit dem Online-Handel und die wachsenden Ansprüche der Kunden bei Preisen und Service werden als wesentliche Herausforderungen genannt. Dennoch geben etliche betroffene Einzelhändler an, dass sie weniger Personal einstellen und weniger Investitionen tätigen wollen. 

Unternehmensnahe Dienstleistungen: Die vorwiegend für Unternehmen tätigen Dienstleister erweisen sich erneut als stabile Säule des Wirtschaftsaufschwungs in Mittelfranken. Sie schätzen ihre Geschäftslage noch besser ein als im Frühjahr. Die Erwartungen haben sich bei Transportgewerbe, Immobilienwirtschaft und Gebäudeservices sowie Informations- und Kommunikationsdienstleister zwar etwas eingetrübt, aber die Unternehmen blicken nach wie vor mehrheitlich optimistisch auf kommenden Monate. Diese Eintrübung schlägt sich jedoch nicht auf die Investitions- oder Beschäftigungsabsichten nieder. Ganz im Gegenteil: Der Sektor erreicht die höchsten Salden im Vergleich der einzelnen Branchen. Fast jeder zweite Betrieb aus den unternehmensnahen Dienstleistungen und dem Transportgewerbe gibt an, dass er die Zahl der Beschäftigten erhöhen will. Begrenzt wird dies indes durch fehlende oder nicht passend qualifizierte Bewerber. Gerade Speditionen und IT-Dienstleister stehen ganz vorne in der Reihe der Branchen, die den Fachkräftemangel als größte Gefahr für ihre wirtschaftliche Entwicklung nennen.

Verbrauchernahe Dienstleistungen: Die mittelfränkischen Betriebe aus dem Sektor der überwiegend personenbezogenen Dienstleistungen zeigen sich erneut hoch zufrieden mit ihrer Geschäftslage. Die Nachfrage wächst stabil, und eine Weitergabe von gestiegenen Kosten über die Preise erscheint mehrheitlich durchsetzbar. Befragt nach den Geschäftserwartungen, dominiert bei den Unternehmen die Zuversicht. Hotels und Gaststätten, Reise- und Freizeitwirtschaft sowie Anbieter persönlicher Dienstleistungen erkennen die Servicequalität als Schlüssel für weitere Zuwächse und planen per Saldo mit höheren Investitionen und mehr Personal. Einigkeit herrscht im Sektor der verbrauchernahen Dienste hinsichtlich der wirtschaftlichen Risiken: Genannt werden vor allem Personalmangel, steigende Arbeitskosten sowie belastende bürokratische Regelungen und Dokumentationspflichten.

Ausblick

Die guten Werte bei der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sowie bei den Planungen für Investitionen und Beschäftigung belegen, dass sich die mittelfränkische Wirtschaft auch im Herbst 2018 nach wie vor im konjunkturellen Hoch befindet. Das Wachstum verliert an Dynamik, typische konjunkturelle Begleiterscheinungen eines langen Aufschwunges rücken zunehmend ins Bewusstsein. So sehen bei der Frage nach Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung 69 Prozent der Befragten die Engpässe bei den Fachkräften als ernstes Problem.

Auch die Sorgen um steigende Energie- und Rohstoffpreise sind im Jahresverlauf gewachsen (aktuell 33 Prozent der Befragten), Arbeitskosten und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen (jeweils ca. 40 Prozent) bleiben ebenfalls im Fokus der Betriebe. Am deutlichsten spiegelt sich die Eintrübung der Geschäftserwartungen in den gestiegenen Sorgen um die Inlandsnachfrage. Trotz der Unsicherheiten um wachsende Beschränkungen des Welthandels erscheint für die Mehrheit der mittelfränkischen Unternehmen der wirtschaftspolitische Handlungsbedarf bei den heimischen Standortbedingungen derzeit drängender.

Die drei Top-Forderungen der Betriebe lauten: Digitale Infrastruktur verbessern! Bürokratieabbau vorantreiben! Fachkräftesicherung intensivieren!IHK-Präsident Dirk von Vopelius
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2018, Seite 22

 
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