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IHK-Resolution

Das Klima schützen

Positionspapier der IHK Nürnberg: Ökologische und ökonomische Ziele in der Klimapolitik vereinbaren.

Derzeit wird der Entwurf für ein deutsches Klimaschutzgesetz diskutiert, von dem die Wirtschaft stark betroffen sein wird. Die Fachausschüsse „Energie | Umwelt“ und „Industrie | Forschung | Technologie“ der IHK Nürnberg für Mittelfranken haben sich vor diesem Hintergrund intensiv mit dem Thema Klimaschutz beschäftigt und zehn zentrale Forderungen zur europäischen, deutschen und bayerischen Klimapolitik formuliert. Dieses Papier „IHK-Position: Klimaschutz mit der mittelfränkischen Wirtschaft“ wurde am 12. März 2019 von der IHK-Vollversammlung verabschiedet. Die zehn Forderungen in zusammengefasster Form:

Bei Klimazielen global handeln: Um Treibhausgas-Emissionen wirksam einzudämmen, ist darauf zu achten, dass die verbindlichen deutschen Klimaschutzziele im Einklang mit europäischen und internationalen Vereinbarungen stehen. Das Bestreben der Bundesregierung und der Europäischen Union muss es sein, dass auf internationaler Ebene alle Volkswirtschaften nach den gleichen Regeln spielen (sogenanntes „Level Playing Field“).

Ziele für die Minderung von Treibhausgasen realistisch und erreichbar festlegen: Hohe Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für die Energieeffizienz führen nicht zwangsläufig zu höheren Einsparungen von klimaschädlichen Treibhausgasen (sogenannter Rebound-Effekt: Einsparungen werden z. B. durch stärkere Nutzung effizienterer Produkte wieder zunichte gemacht). Eine Erhöhung des aktuellen Minderungsziels (derzeit 40 Prozent im Jahr 2030 im Vergleich zu 1990) erscheint deshalb nicht angebracht.

Emissionshandel stärken: Das Emissionshandelssystem sollte das alleinige Leitinstrument zur Erreichung der europäischen Klimaschutzziele bleiben. Durch die Einbeziehung der Emittenten aus den Sektoren Landwirtschaft, Verkehr und Wärme kann CO2 zu den geringsten möglichen Kosten reduziert werden. Staats- und Bundesregierung sollten auf internationaler Ebene darauf hinwirken, dass der Emissionshandel über die EU-Grenzen hinaus ausgeweitet wird. Die Einführung einer CO2-Steuer bzw. eines CO2-Preises ist nur sinnvoll, wenn dies im Rahmen einer internationalen Abstimmung geschieht und wenn es eine Kompensation durch die Abschaffung bestehender Umlagen- und Abgabensysteme gibt.

Internationalisierung stärken: Immer strengere Vorgaben können zur Verlagerung von (Produktions-)Standorten und Investitionen in das außereuropäische Ausland führen, wo weniger strenge Emissionsvorgaben gelten (sogenanntes „Carbon Leakage“, also Verlagerung von CO2-Emissionen in Drittstaaten). Solange keine wirtschaftlich darstellbaren Lösungen vorhanden sind und weltweit nicht ähnlich ambitionierte Klimaschutzanstrengungen unternommen werden, muss die energieintensive Industrie vor „Carbon Leakage“ geschützt und gleichzeitig die Forschung und Entwicklung neuer Technologien gefördert werden.

Kompensationen anerkennen: Die Minderung von CO2-Emissionen kann im außereuropäischen Ausland deutlich günstiger sein. Die existierenden Möglichkeiten müssen deutlich ausgeweitet und rechtlich anerkannt werden. Bayerische Unternehmen, die CO2-Emissionen im Ausland kompensieren, sollten für diese Leistung im europäischen System eine angemessene Anerkennung erhalten.

Wirtschaft besser in die Erarbeitung des Klimaschutzgesetzes einbinden: Nationale Klimapolitik darf nicht unreflektiert einmal gefasste Zielvorgaben verfolgen, sondern sollte selbstlernend auf neue Entwicklungen reagieren können. Durch eine Stärkung partnerschaftlicher Lösungen zwischen Politik und Wirtschaft nach dem Vorbild des Umweltpakts Bayern können praxisnahe Maßnahmen umgesetzt werden, die noch über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Zur schnelleren Reduzierung der Emissionen im Gebäudebereich sollten steuerliche Anreize zur energetischen Sanierung insbesondere auch von Unternehmensgebäuden geschaffen werden.

Klimaschutz durch technische Lösungen weiter entwickeln: Die Entwicklung von klimaverträglichen Technologien muss sektorübergreifend vorangetrieben werden. Gerade durch die voranschreitende Digitalisierung und die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz sind technische Fortschritte zu erwarten, die den Unternehmen helfen können, weitreichende Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Maßnahmen in Verkehr und Logistik umsetzen: Die unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Verkehrsbereichen (Personenbeförderung, Güterverkehr, Schwerlastverkehr usw.) erfordern einen Maßnahmen-Mix, um die CO2-Bilanz zu verbessern. Hierzu zählen die Förderung der Elektromobilität sowie die Entwicklung und Anwendung von alternativen Kraftstoffen.

Maßnahmen im Wärmesektor beschleunigen: Im Wärmesektor sind Umrüstungsmaßnahmen meist kostenintensiv und können deshalb durch gezielte Förderung (z. B. steuerliche Anreize zur energetischen Gebäudesanierung) deutlich beschleunigt werden. Die Kraft-Wärme-Kopplung sollte nicht durch weitere Umlagen belastet, sondern gezielt gefördert werden.

Maßnahmen im Strombereich: Nationale Alleingänge beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern sind vor dem Hintergrund des europäischen Emissionshandelssystems nur dann sinnvoll, wenn sie die klimapolitischen und wirtschaftlichen Ziele gleichermaßen unterstützen. Gegebenenfalls müssen aus dem Markt gehende fossile Kraftwerke durch neue emissionsarme Kraftwerke – wie beispielsweise hocheffiziente Gaskraftwerke – oder Reservekraftwerke ersetzt werden.

Maßnahmen an den Klimawandel anpassen: Indem die Emissionen von Treibhausgasen reduziert werden, lassen sich der Klimawandel und seine Folgen abmildern, jedoch nicht völlig vermeiden. In einer politischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel sind marktwirtschaftliche Anreize gegenüber ordnungspolitischen Regelungen vorzuziehen. Neben branchenspezifischen Aktionsplänen oder geförderten Beratungen zur praktischen Umsetzung müssen auch Fördergelder in Erwägung gezogen werden

Die IHK Nürnberg für Mittelfranken hat bei der Erarbeitung des Positionspapiers Wert darauf gelegt, sämtliche Meinungen der beteiligten Unternehmen abzuwägen und angemessen zu berücksichtigen. Deshalb wurden auch Standpunkte, die nicht der Mehrheitsmeinung entsprachen, in das Positionspapier eingefügt: So vertreten einige Unternehmen die Auffassung, dass Deutschland bzw. Bayern eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz sowie beim Ausbau der erneuerbaren Energien einnehmen sollte, die noch über die genannten Aspekte hinausgehen. Dies beinhaltet konkrete Forderungen wie eine rasche Beendigung der Kohleverstromung, die Einführung einer CO2-Steuer ohne internationale Abstimmung sowie eine noch deutlichere Stärkung dezentraler Strukturen im Rahmen der Energiewende.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2019, Seite 38

 
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