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Geschäftsgeheimnisse

Das bleibt unter uns!

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Betriebliches Know-how besser geschützt: Das neue Geschäftsgeheimnis-Gesetz ist in Kraft getreten.

Das Wort „Geheimnis“ hat die deutsche Sprache Martin Luther zu verdanken. Der Reformator hat diesen Begriff als Übersetzung von „Mysterium“ verwendet. In „geheim“ steckt die Bedeutung „zum Haus gehörig, vertraut“. Und in diesem Sinne sind Geschäftsgeheimnisse für Unternehmen von existenzieller Bedeutung: Technische Innovationen sind wesentliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit. Aber auch Kunden- und Lieferantendaten, Geschäftszahlen, die strategische Planung oder Details einer Marketing-Kampagne wollen Firmen nicht der Konkurrenz oder der Öffentlichkeit preisgeben, schließlich entscheiden solche Interna maßgeblich über den Markterfolg.

Bislang war der juristische Schutz des betrieblichen Know-hows allerdings schwierig. Nun soll das am 26. April 2019 in Deutschland in Kraft getretene Geschäftsgeheimnis-Gesetz (GeschGehG) den Unternehmen schärfere Waffen gegen Geheimnisverrat und Wirtschaftsspionage an die Hand geben. Mit dem Gesetz wurde die EU-Richtlinie 2016/943 in nationales Recht umgesetzt. Mit deren Verabschiedung im Jahr 2016 wollte die Europäische Union den Know-how-Schutz verbessern und europaweit geltende Standards schaffen.

Der Status quo vor der Gesetzesreform ließ nach Auffassung vieler Juristen zu wünschen übrig, sodass das Geheimnisschutzrecht als „Stiefkind des geistigen Eigentums“ galt. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen war im Wesentlichen in den §§ 17ff. des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verankert und ansonsten auf Einzelgesetze verteilt. Inhaber von Geschäftsgeheimnissen konnten sich bisher nur eingeschränkt wehren: Unter anderem mussten sie im Rahmen eines Zivilprozesses exakt darlegen, worin die Verletzung des Know-hows bestand. Diese Beschreibung kam in vielen Fällen einer Offenlegung ebendieses Geheimnisses gleich, das man eigentlich schützen wollte. Nun gibt es im Gerichtsverfahren die Möglichkeit, Geschäftsheimnisse ganz oder teilweise auf eine begrenzte Zahl von Personen zu beschränken. Des Weiteren können Gerichte die Akteninhalte in geschwärzter Form bereitstellen, sodass die Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben.

Das neue Geschäftsgeheimnis-Gesetz hebt den Geheimnisschutz auf eine Ebene, die mit den Immaterialgüterrechten vergleichbar ist. Das bedeutet: Für Geschäftsgeheimnisse gilt nun ein einheitlicher Mindestschutz ähnlich wie bei Urheberrechten, Patenten oder Marken. Dabei ist entscheidend, was eigentlich als Geschäftsgeheimnis zählt. Als Geheimnisse im Sinne von § 2 GeschGehG gelten Informationen, die gleichzeitig folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie sind nicht allgemein bekannt, nicht ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert.
  • Sie werden von ihrem rechtmäßigen Inhaber durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt.
  • Es besteht ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung.

Maßnahmen zur Geheimhaltung

Der Schutz durch das Geschäftsgeheimnis-Gesetz ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft: Der Inhaber muss sein Know-how durch „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ schützen und diese müssen sich nachweisen lassen. Vereinfacht gesagt gilt der Grundsatz „Keine Schutzmaßnahme – kein Geheimnis“. Diese Maßnahmen können vertraglicher, technischer oder organisatorischer Natur sein.

Vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non Disclosure Agreements – NDA) gelten im Umgang mit Kooperationspartnern oder gegenüber Dritten grundsätzlich als geeignete Instrumente, um internes Know-how zu schützen. Wichtig ist dabei, den Schutzgegenstand möglichst genau einzugrenzen. Außerdem sollten Vertragsverletzungen wehtun, also mit deutlich spürbaren Sanktionen bewehrt sein (z. B. Vertragsstrafen oder Kündigungsrechte).

Die Palette technischer und organisatorischer Maßnahmen ist umfangreich und umfasst zum Teil Vorkehrungen, die bereits aus den Bereichen Datenschutz und IT-Sicherheit bekannt sind. Dazu zählen beispielsweise Zutrittsbeschränkungen zum Unternehmensgelände und zu bestimmten Bereichen innerhalb des Betriebs. In digitaler Form gespeicherte Informationen sollten durch Zugangssperren geschützt werden. Mithilfe der entsprechenden Netzwerkarchitektur lassen sich abgestufte Zugriffsrechte vergeben. Wichtig ist die Dokumentation aller Maßnahmen, die zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ergriffen werden.

Die Rolle der Mitarbeiter

Die Neuregelung des Geheimnisschutzes betrifft auch die Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Beschäftigten: Arbeitgeber müssen neue Mitarbeiter darauf hinweisen, dass sie keine Geschäftsgeheimnisse ihres ehemaligen Arbeitgebers „mitbringen“ und diese erst recht nicht nutzen dürfen, etwa Kundenlisten, Lieferantenverträge oder Konstruktionspläne. Unterbleibt diese Aufklärung, kann es für den neuen Arbeitgeber extrem unangenehm werden. Einige Straftatbestände des UWG wurden in § 23 GeschGehG überführt und teilweise verschärft. Während das UWG bislang einen Vorsatz bei der sogenannten „Geheimnishehlerei“ voraussetzte, ist nach dem Geschäftsgeheimnis-Gesetz jetzt schon das Wissen oder Wissen-Müssen für die Haftung des Unternehmens ausreichend. Nicht unter den Begriff des Geheimnisverrats fällt das Erfahrungswissen – also Erfahrungen und Fähigkeiten, die Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit ehrlich erworben haben, sowie öffentlich zugängliche Informationen.

Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen müssen angemessene und geeignete Maßnahmen vorgenommen werden, damit der Arbeitgeber sich auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen berufen und deren Verlust verhindern kann. In Betracht kommen neben technischen und organisatorischen Maßnahmen auch vertragliche Regelungen und Weisungen. Einige Beispiele: Vereinbarungen über die Verschwiegenheit, die mit Vertragsstrafen versehen sind; Einführung von Richtlinien für die Informationssicherheit; Hinweise, dass die Mitarbeiter fortwirkende Geheimhaltungspflichten zu beachten haben und dass Dokumente und Datenträger beim Ausscheiden zurückzugeben sind. Entscheidend ist, dass die getroffenen Maßnahmen sorgfältig dokumentiert werden. Experten empfehlen, die Beschäftigten für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu sensibilisieren. Auch sollten Arbeitsverträge unter dem Gesichtspunkt überprüft werden, ob sie die Geheimhaltungspflichten hinreichend definieren. Sogenannte „Catch-all-Klauseln“, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über sämtliche betriebliche Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren, sind allerdings juristisch nicht wasserdicht.

Reverse Engineering jetzt zulässig

Eine weitere im Geschäftsgeheimnis-Gesetz enthaltene Neuerung ist die Zulässigkeit des sogenannten Reverse Engineering. Bei diesen „rekonstruierenden Produktanalysen“ oder „Rückwärtsanalysen“ werden durch Beobachten, Testen, Auseinandernehmen und Rückbau eines legal erworbenen Produkts Rückschlüsse auf das darin enthaltene Know-how gezogen. Bislang wurde Reverse Engineering in Deutschland als „unlauter“ betrachtet, dagegen ist es in anderen Staaten, etwa in den USA, schon länger zulässig. Angesichts der neuen Rechtslage, die durch das Geschäftsgeheimnis-Gesetz geschaffen wurde, raten Juristen den Unternehmen, zu prüfen, ob die Konkurrenz durch Reverse Engineering Geschäftsgeheimnisse lüften kann. Es bleibt im Einzelfall (z. B. wenn das Produkt an einen Entwicklungspartner weitergegeben werden soll) nur die Möglichkeit, dieses Reverse Engineering durch vertragliche Vereinbarungen zu beschränken.

Das Geschäftsgeheimnis-Gesetz verbessert also in vielerlei Hinsicht die Möglichkeit, wertvolle Informationen zu schützen – allerdings nur, wenn das Unternehmen die vorgeschriebenen Maßnahmen für den Schutz der Geheimnisse trifft. Die Betriebe sollten deshalb dringend klären, welche Informationen als Geheimnisse gemäß dem neuen Gesetz anzusehen sind und welche Vorkehrungen für deren Schutz konkret zu treffen sind. Dabei ist auch darauf zu achten, dass diese Maßnahmen korrekt dokumentiert werden.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2019, Seite 14

 
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