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Hybride Bildproduktion

Real und digital

hl_studios_Multix_Hybrid_Studio © hl-Studios

Virtuelle Fotoproduktion: Medizintechnik wird im Hybrid-Studio in Szene gesetzt.

Die virtuelle Produktionstechnik bietet für Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre Produkte optimal ins Bild zu setzen.

Für Hersteller von großen technischen Geräten ist es eine Herausforderung: Sie haben Produkte, die zum einen hoch sensibel sind, zum anderen sehr groß und schwer zu transportieren, z. B. Röntgengeräte. Für solche Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie ihre Fabrikate fotografieren und ihrer Zielgruppe zeigen können. Bis vor Kurzem hatten sie zwei Möglichkeiten: Die erste Variante ist die klassische Fotografie – dafür muss das Gerät allerdings erst in das Fotostudio oder in eine entsprechend präparierte Umgebung direkt in der Produktion transportiert werden. Die zweite Variante ist ein digital erzeugtes Bild, das im Nachgang mit einem Realbild kombiniert wird. Beide Methoden sind heute gang und gäbe und haben ihre Vor- und Nachteile.

Nichts ist so echt wie ein Realbild: Beim Fotoshooting kann mit Posen oder Arrangements gespielt werden und die Bewegungen der abgebildeten Personen wirken authentisch, weil sie mit realen Produkten interagieren. Der Fotograf oder Regisseur kann spontane Ideen realisieren und sich kreativ entfalten. Auf Grund der immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen neuer Produkte wird jedoch auch die Halbwertszeit von Fotos immer kürzer. Zeit und Kosten stehen oft nicht mehr in Relation zum zeitlich begrenzten Nutzen.

Daher fällt die Wahl in den meisten Fällen auf die digitale Variante, nämlich auf computergenerierte Bildwelten, im Fachjargon Computer Generated Imagery (CGI) genannt. Denn CGI wiederum besticht durch ein hohes Maß an Flexibilität: Man kann Produkte zeigen, die es noch nicht gibt, oder neue Funktionen in bestehende Bilder integrieren, ohne neu fotografieren zu müssen. Doch auch CGI hat Grenzen: Was Film- und Fotoproduktionen am realen Set an Gestaltungsmöglichkeiten fehlt, das fehlt computergenerierten Bildern oft an Authentizität. Der entscheidende Moment, der das Bild zu etwas Besonderem macht, fehlt in den computergenerierten Bildwelten oder beim Kombinieren mehrerer Bilder, auch Composings genannt. Denn eine Person kann vor einem Greenscreen, den dieses Composing erfordert, ganz ohne reale Bezugspunkte nur schwer Emotionen darstellen. Jeder Handgriff muss hier exakt geplant sein, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Bewegungen und Proportionen auch stimmen, wenn in der Nachproduktion reales und digitales Bild kombiniert werden. 

Virtuelle Produktion

Daneben gibt es noch eine Möglichkeit, bei der man sich weder für Variante eins noch für Variante zwei entscheiden muss. Die Rede ist von der hybriden Produktion, in Fachkreisen auch „Virtual Production“ genannt. Dabei handelt es sich um eine Produktionstechnik, die Real und Digital kombiniert – und somit „hybrid“ stattfindet.

So wird beispielsweise das eingangs erwähnte Röntgengerät virtuell ins Film- oder Fotostudio übertragen. Über einen Monitor sehen die Models exakt das finale Produkt und dessen Details und können deshalb authentisch damit interagieren. Zudem können Kunden, Kreative und Models das Ergebnis direkt nach der Aufnahme beurteilen und freigeben oder bei Bedarf noch weiter daran arbeiten und ausprobieren, bis ein perfektes Bild herauskommt. Das ist gänzlich ohne das reale Produkt möglich, die Transportkosten entfallen und das Fotoprojekt lässt sich in deutlich kürzerer Zeit umsetzen.

Bei der hybriden Produktion verbinden sich Film, Foto und 3D-Computergrafik zu einem komplett neuen Medium. Während bei der klassischen Produktion die Prozessschritte linear stattfinden, passiert bei der hybriden Produktion vieles parallel. Das heißt: Das Fotoshooting, das Freistellen der Bildelemente und das Verknüpfen von echten und computergenerierten Bildern – all das läuft gleichzeitig ab. Das spart nicht nur Aufwand, sondern auch Kosten in der Produktion und viel wertvolle Zeit: rund 40 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Methoden.

Kreative Freiheit

Zudem eröffnet die neue Technologie ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten. So können im Hybrid-Studio reale Schauspieler in virtuelle Räume treten, um dort in Echtzeit mit virtuellen Gegenständen zu agieren. Die Produkte der Kunden müssen nicht im Studio aufgebaut werden, denn es reicht, wenn sie virtuell vorhanden sind. Sollte ein Kulissenwechsel gewünscht sein, genügt ein Knopfdruck und das komplette Set verändert sich: Man kann neue Requisiten laden oder die Hintergrundkulisse schnell wechseln. Zudem haben alle Beteiligten die Sicherheit, dass virtuelle Welt und Models auch wirklich perfekt zusammenpassen. Denn das kann direkt am Set überprüft werden und spart teure zusätzliche Fotoaufnahmen. Somit ermöglicht die hybride Produktion eine optimale Kontrolle über das Bild. Davon profitieren sowohl der Kunde, der dem Regisseur beim Dreh über die Schulter schaut, als auch das Model und der Kameramann. Denn die Verschmelzung von Real und Virtuell wird in Echtzeit im Studio sichtbar. Unmittelbar nach Betätigen des Auslösers erscheint das fertige Preview am Monitor. 

Besonderes Interesse an der hybriden Produktion zeigen Kunden, deren Produkte auf Grund ihrer Größe schwer zu transportieren oder noch nicht final produziert sind. Siemens Healthineers hat beispielsweise seine Röntgengeräte bereits mit dem neuen Aufnahmeverfahren fotografiert – ohne Transportkosten oder aufwendigen Umbau, wie er für ein Vor-Ort-Shooting in der Siemens-Produktion nötig gewesen wäre. Der Software-Anbieter Elektrobit nutzte die Technik, um Lösungen für das imaginäre Auto der Zukunft zu visualisieren. Und der Londoner Modefotograf Benjamin Kaufmann lichtete im Hybrid-Studio seine Models in einer eigens für ihn kreierten, ausgefallenen architektonischen Umgebung ab. Auf diese Weise entstanden kreative, ausdrucksstarke Bilder – ohne Suche nach einem geeigneten Standort, mit einem Minimum an Zeitaufwand, Reisekosten und damit verbundenen Kohlendioxid-Emissionen.

Tina Thiele ist Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bei der hl-Studios GmbH in Erlangen, die auf Industriekommunikation in Bereichen wie Hybrid Production, Online, Film, Foto, Print und digitale Medientechnologien wie CGI, AR und VR sowie Events und Messen spezialisiert ist (www.hl-studios.de).

Autor/in: 

Tina Thiele

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2019, Seite 40

 
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