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IHK-Konjunkturklima

Weltwirtschaft bremst die Betriebe aus

Stau Autobahn © Adkasai/GettyImages.de

Noch läuft die mittelfränkische Wirtschaft auf hohem Niveau. Doch die Unsicherheiten auf den Weltmärkten mindern die Zuversicht.

Gespalten zeigt sich die aktuelle Lage der mittelfränkischen Wirtschaft: Bei der exportstarken Industrie sorgen die Turbulenzen auf den Weltmärkten für spürbaren Gegenwind. Dagegen verzeichnen Baugewerbe, Handel und Dienstleistungen teils noch kräftigen Auftrieb. Beim Blick auf die nächsten Monate sind sich jedoch fast alle Branchen einig: Die Geschäftserwartungen trüben sich angesichts der weltwirtschaftlichen Unsicherheiten ein, die Betriebe planen bei Investitionen und Beschäftigung deutlich zurückhaltender. Der IHK-Konjunkturklimaindex liegt nun bei 111,7 Punkten und zeigt im Vergleich zum Vorjahr (129,9 Punkte), dass die hohen Wachstumsraten der letzten zehn Jahre vorerst vorbei sein dürften. Das sind zentrale Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage im Herbst 2019.

aktuelle Geschäftslage: Aktuell sind die Umsätze aber immer noch auf hohem Niveau und die Kapazitäten noch gut oder befriedigend ausgelastet. Deshalb beurteilt die mittelfränkische Wirtschaft ihre aktuelle Geschäftslage insgesamt noch immer positiv: 41 Prozent der Betriebe bezeichnen die Lage als gut, weitere 44 Prozent sind zufrieden, 15 Prozent unzufrieden. Damit ergibt sich unter dem Strich weiterhin ein klar positiver Saldo von plus 26 Punkten – das sind allerdings 26 Punkte weniger als vor einem Jahr. Weniger zufrieden zeigten sich die Befragten zuletzt im Frühjahr 2013.

Geschäftserwartungen: Erstmals nach über zehn Jahren sind die Geschäftserwartungen ins Minus gerutscht. 65 Prozent der Befragten erwarten gleichbleibende Geschäfte, doch der Anteil der Optimisten ist von 21 auf 17 Prozent der Befragten gesunken, die Pessimisten haben um zwei Punkte auf 18 Prozent zugenommen. Damit ist der Saldo der Geschäftserwartungen von plus 5 auf minus 1 zurückgegangen. „Der zunehmende Protektionismus auf den Weltmärkten und die Unsicherheit über den Brexit machen die Unternehmer skeptisch, ob die Rückkehr zum höheren Wachstumstempo schnell zu schaffen ist“, so IHK-Präsident Dirk von Vopelius.

Investitionen: Weil die mittelfränkischen Betriebe von größeren Risiken und einer abnehmenden Kapazitätsauslastung ausgehen, werden die Investitionsbudgets nur noch zögerlich erhöht. Deshalb dominieren Ersatzbeschaffungen als Investitionsmotiv; Kapazitätserweiterungen und Innovationen spielen eine weitaus geringere Rolle. Das Investitionsklima kühlt sich ab: 76 Prozent der Betriebe in Mittelfranken planen mit unveränderten oder sogar erhöhten Investitionsbudgets, 14 Prozent wollen sie senken, jeder zehnte verzichtet auf Investitionen.

Beschäftigung: Zugleich ist die Dynamik auf dem mittelfränkischen Arbeitsmarkt, die während des laufenden Jahrzehnts für einen Boom der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gesorgt hatte, weitgehend verloren gegangen. Im Herbst 2019 planen 16 Prozent der mittelfränkischen Betriebe mit zusätzlichem Personal, 15 Prozent reduzieren ihre Beschäftigtenzahlen. Dies lässt am regionalen Arbeitsmarkt zwar kaum weiteres Wachstum, aber auch noch keine Entspannung bei den Fachkräfte-Engpässen erwarten. Die Dienstleistungen bleiben ein Jobmotor, während die mittelfränkischen Industriebetriebe bereits Belegschaften verkleinern.

Konjunkturklima nach Wirtschaftszweigen

Industrie: Die mittelfränkische Industrie zeigt sich im Herbst 2019 deutlich angeschlagen. Der Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Urteilen liegt nur noch bei plus drei Punkten und damit 25 Punkte niedriger als im Frühjahr. Die Hälfte der Befragten berichtet bereits über gesunkene Aufträge aus dem In- und Ausland. Am stärksten betroffen sind Hersteller von Investitionsgütern, ebenfalls schon überproportional die Vorleistungsproduzenten. Nahezu jeder dritte Industriebetrieb klagt über nicht mehr befriedigend ausgelastete Kapazitäten. Obwohl noch überwiegend steigende Verkaufspreise in Aussicht stehen, sind die Geschäftserwartungen der Industrie um 16 auf nun minus sieben Punkte gefallen. In Erwartung weiter sinkender Nachfrage planen insbesondere die Hersteller von Vorleistungen mit deutlich rückläufigen inländischen Investitionen. Über alle Industriebranchen hinweg wird eine sehr rasche Abkühlung das Investitionsklimas sichtbar: Der Saldo ist seit Frühjahr um 40 Prozentpunkte auf minus 18 gefallen. Vergleichbare Zurückhaltung herrscht bei den Beschäftigungsplänen: Mit wachsenden Belegschaften planen nur zwölf Prozent der Befragten, während 27 Prozent ihre Beschäftigtenzahlen verringern.

Bauwirtschaft: Die Bauwirtschaft bleibt eine Stütze der mittelfränkischen Konjunktur. Am Ende eines Sommers mit gewachsenen Auftragsvolumina ist das positive Urteil über die Geschäftslage sogar um zwölf auf plus 79 Punkte gestiegen. Bei keinem einzigen Betrieb ist der Auftragsbestand gesunken. Bei über 80 Prozent der Befragten sind die Kapazitäten voll ausgelastet. Über 90 Prozent der Betriebe erwarten, dass sich selbst im Winterquartal die gute Geschäftslage fortsetzt oder sogar noch verbessert. Die Betriebe nennen u. a. folgende Gründe für ihre Zuversicht: weiter steigende Preise, anhaltend gute Nachfrage, weiterhin niedriges Zinsniveau, volle öffentliche Kassen und wachsendes Realeinkommen der privaten Investoren. Deshalb will das Baugewerbe sowohl bei den Investitionen als auch bei Beschäftigtenzahlen in den nächsten Monaten noch zulegen.

Handel: Im mittelfränkischen Handel hellt sich die Stimmung nach dem Einbruch im ersten Halbjahr wieder auf. Sowohl bei den Großhändlern und Handelsvertretungen als auch im Einzelhandel beurteilt fast jeder zweite Befragte seine aktuelle Geschäftslage als „gut“, insgesamt nur jeder Sechste als „schlecht“. Der Saldo liegt mit plus 32 Punkten um 14 Punkte über dem Frühjahrswert. Hintergrund sind zufriedenstellende Umsätze und saisonübliche Warenbestände bei guter Preisentwicklung. Die Online-Geschäfte sind dabei stärker gewachsen als die stationären Erlöse. In den Geschäftserwartungen behalten insbesondere die international aktiven Großhandelsbetriebe ihre skeptische Einschätzung aus dem ersten Halbjahr 2019 bei (Saldo minus 16 Punkte). Im Einzelhandel hat sich die Stimmung zwar aufgehellt (Anstieg um plus 17 Punkte), bleibt jedoch insgesamt zurückhaltend. Ersatzbeschaffungen sind im Handel das wichtigste Motiv für insgesamt höhere Investitionsbudgets, die Beschäftigtenzahlen bleiben weitgehend konstant.

unternehmensnahe Dienstleistungen: Die Branche wächst auch im Herbst 2019 mit kaum verminderter Dynamik. Die Befragten schätzen ihre Geschäftslage sehr gut ein, der Saldo liegt wie im Frühjahr bei plus 42 Punkten. Immobilien-, Beratungs-, Informations- und Kommunikationsdienstleister freuen sich über gestiegene Umsätze. Transportgewerbe und Logistik – sie gelten als besonders konjunktursensibel – müssen mit Bremsspuren im internationalen Geschäft zurechtkommen. Die Befragten des Wirtschaftszweigs zeigen sich noch zufrieden (Saldo plus 21 Punkte, nach plus 50 im Frühjahr), in ihren Erwartungen jedoch zurückhaltend (Saldo 0). Über alle unternehmensnahen Dienstleister hinweg herrscht dagegen nahezu ungebrochene Zuversicht hinsichtlich der künftigen Geschäftslage (Saldo plus 15 Punkte, nach plus 18). Angetrieben durch die Expansionspläne der Immobilien-, IT- und Beratungsdienste verbessert sich das Investitionsklima, zugleich wollen die Befragten zusätzliches Personal einstellen. Vor allem aufgrund dieser Entwicklung im tertiären Sektor bleibt Fachkräftemangel das bedeutsamste Wachstumsrisiko für die mittelfränkische Wirtschaft (55 Prozent der Nennungen bei der Risikoeinschätzung).

verbrauchernahe Dienstleistungen: Die verbrauchernahen Dienstleistungen präsentieren sich im Herbst 2019 zwar noch in überwiegend guter Verfassung, aber konjunkturell angeschlagen. Der Saldo ist mit plus 13 Punkten zwar noch klar positiv, liegt aber um 31 Punkte unter dem Frühjahrswert und sogar um 37 Punkte unter dem Wert im Herbst 2018. Makler, personenbezogene Dienstleistungen, Tourismuswirtschaft und Gastgewerbe berichten über rückläufige Umsätze, die nicht saisonal erklärbar sind. Speziell unter Hotels und Gaststätten betrifft dies fast jeden zweiten Betrieb. Obwohl die Befragten auf steigende Preise hoffen, erwarten sie insgesamt keine signifikante Verbesserung ihrer künftigen Geschäftslage. Der Saldo der Geschäftserwartungen liegt über alle Teilbranchen bei minus vier Punkten, im Bereich Hotels, Gaststätten und Reisen bei plus drei Punkten. Während Makler und Finanzdienstleister Investitionen und Beschäftigung zurückfahren, wollen Hotels und Gaststätten mit spürbar höheren Investitionen und etwas mehr Personal auf die negative Umsatzentwicklung reagieren.

Ausblick

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2019 geschrumpft, das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag um 0,1 Prozent unter dem Wert des Vorquartals. Für das Gesamtjahr 2019 prognostizieren die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten ein Wachstum von 0,5 Prozent. Wesentliche Ursache ist eine Verlangsamung des Exportwachstums. Die Inlandsnachfrage kann den Verlust an außenwirtschaftlicher Dynamik noch ausgleichen, weil die Einkommen der Verbraucher weiter steigen. Aber das stark exportgestützte Wachstumsmodell der deutschen und insbesondere auch der mittelfränkischen Wirtschaft steht durch den strukturellen Wandel im weltweiten Fahrzeugbau vor zusätzlichen Unsicherheiten.

So droht bei weltweiter Investitionszurückhaltung eine weitere Schwächung der in- und ausländischen Nachfrage nach mittelfränkischen Vorleistungen und Investitionsgütern. Bei dann geringerer Auslastung der Kapazitäten wächst der Druck zu Kostensenkungen, etwa durch Abbau von Zeitarbeitsstellen oder Einführung von Kurzarbeit. Ob Impulse aus dem Ausland rasch für eine Wende sorgen können, erscheint angesichts des internationalen protektionistischen Wettlaufs wenig wahrscheinlich. Daher gewinnt die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion um eine Abkehr von der „schwarzen Null“ an Tempo. Nun könnten die – auch dank Schuldenbremse – während der Aufschwungjahre gewonnenen Ausgabenspielräume der öffentlichen Hand gut eingesetzt werden, um mit den dringend erforderlichen Investitionen in öffentliche Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zugleich die verhaltene Konjunkturentwicklung zu stützen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2019, Seite 22

 
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