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Rechts- und Steuerausschuss

Recht kompliziert

191017_IHK_Albert Fueracker © Kurt Fuchs/ IHK

Experten-Meeting im Business-Tower der Nürnberger Versicherung: Nürnbergs Stadtkämmerer Harald Riedl, Ausschussvorsitzende Gerlinde Wanke, Bayerns Finanzminister Albert Füracker, IHK-Vizepräsident Dr. Armin Zitzmann und stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Oliver Baumbach (v. l.).

Austausch der IHK mit Finanzminister Albert Füracker über die Reform der Grundsteuer, komplexe Steuerregelungen und umfangreiche Meldepflichten.

Über aktuelle steuerpolitische Entwicklungen informierte Bayerns Finanzminister Albert Füracker beim IHK-Rechts- und Steuerausschuss, der im Business-Tower der Nürnberger Versicherung tagte. Ausführlich ging er auf die Reform der Grundsteuer ein: Die Bundesregierung habe sich entschieden, das Grundvermögen anhand von aktuellen Marktwerten der Grundstücke und Gebäude zu bewerten. Das könne aber in der Praxis zu Problemen und Streitigkeiten führen, zudem müssten die Unternehmen den aktuellen Wert ihrer Grundstücke und Gebäude aufwändig ermitteln. Denn bei diesem wertabhängigen Modell werden alle unternehmerischen Immobilien gesondert nach dem Sachwertverfahren bewertet. Hierfür müssen beispielsweise die Nutzungsart und das Baujahr eines Gebäudes ermittelt werden. Letzteres sei besonders bei Gebäuden schwierig, die in mehreren Etappen entstanden sind, so Füracker. Zudem müsse diese aufwändige Bewertung alle sieben Jahre durchgeführt werden. Deshalb habe sich die Staatsregierung für das Flächenmodell entschieden, bei dem nur die Fläche des Grundstückes sowie die Nutzfläche des Gebäudes für die Höhe der Grundsteuer maßgeblich sind.

Nürnbergs Stadtkämmerer Harald Riedl zeigte sich erleichtert, dass sich die Koalition endlich auf ein Gesetzespaket über die Reform der Grundsteuer geeinigt habe, die für die Kommunen eine der wichtigsten Steuern sei. Damit sei ein wichtiges Etappenziel erreicht, um die Grundsteuer für die Kommunen über das Jahr 2020 hinaus zu sichern. Denn es gehe um mehr als 14 Mrd. Euro jährlich, mit denen die Städte Teile ihrer Infrastruktur wie Schulen, Kitas und öffentlichen Nahverkehr finanzieren. Die Stadt Nürnberg könne mit der Öffnungsklausel für die Länder und mit der Anwendung des Flächenmodells im Freistaat Bayern leben, wenngleich man das wertabhängige Modell für detaillierter und damit für die gerechtere Variante halte. Riedl bekannte sich zur Aufkommensneutralität, die Reform solle also unter dem Strich nicht zu höheren Gesamteinnahmen führen. Im Einzelfall könne der einzelne Steuerbescheid aber naturgemäß niedriger oder höher ausfallen als bisher. Das lasse sich jedoch nicht vermeiden, wenn eine veraltete und verfassungswidrige Berechnungsbasis verfassungskonform gemacht werden müsse.

Grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Ausschussvorsitzende Gerlinde Wanke betonte, viele Unternehmen machten gegenüber der IHK ihrem Ärger über die hohen Bürokratielasten Luft. Als Beispiel nannte sie die bevorstehende Einführung einer Mitteilungspflicht bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen: Sie werde zu einer Flut von Meldungen grenzüberschreitender steuerlicher Sachverhalte führen, die erkennbar weder missbräuchlich noch aggressiv sind. Angesichts der in Teilen sehr unbestimmten Tatbestände und wegen des umfassenden Katalogs der Kennzeichen („Hallmarks“) sei es sehr fraglich, ob die neuen Anzeigepflichten tatsächlich geeignet sind, unerwünschte Steuergestaltungen frühzeitig zu identifizieren und zu verhindern. Zudem könne eine überbordende Meldeflut von steuerlichen Sachverhalten weder im Interesse der meldepflichtigen Unternehmen noch im Interesse der Finanzverwaltung sein, die dafür viele Mitarbeiter einsetzen müsste, die dann an anderer Stelle fehlen. Aus diesen Gründen empfehle sich aus Sicht des IHK-Rechts- und Steuerausschusses eine Umsetzung der Richtlinie mit Augenmaß. Die IHK-Organisation schlage zudem vor, eine sogenannte „White List“ mit Fällen zu veröffentlichen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen und daher nicht meldepflichtig sind.

Besonders kritisch sei, dass die genaue praktische Ausgestaltung des Gesetzes noch nicht absehbar sei, so Wanke, die die Konzernsteuerabteilung der Nürnberger Versicherung leitet. Die Steuerarten, die in der Neuregelung sehr weitreichend definiert seien, und die Komplexität der steuerlichen Prozesse ließen erwarten, dass es in den Unternehmen zu einem beträchtlichen Mehraufwand kommen wird (z. B. durch die notwendige Einführung von IT-Systemen, Prozessanpassungen, Dokumentationen, Mitarbeiterschulungen). Eine weitere Ausdehnung der Meldepflicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte, wie sie vom Bundestag beschlossen wurde, ist nach Ansicht des Ausschusses nicht sachgerecht.

Missbrauch von Abmahnungen

Stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Oliver Baumbach berichtete über die Aktivitäten der IHK-Organisation, um den weit verbreiteten Missbrauch von Abmahnungen einzudämmen. Das neue Gesetz gegen Abmahnmissbrauch sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, lasse aber noch viele Wünsche offen. Es fehle vor allem die Klarstellung, dass Verstöße gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht automatisch Wettbewerbsverstöße darstellen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2019, Seite 46

 
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