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Online-Marketing

Geschäftskunden gezielt ansprechen

Online Marketing Laptop © GettyImages/AlexSecret

Wer Unternehmenskunden als Zielgruppe hat, muss das Online-Marketing anders gestalten als gegenüber Endverbrauchern.

Für Unternehmen, die sich mit ihren Produkten und Dienstleistungen an Firmenkunden richten, also im Business-to-business-Bereich (B2B) tätig sind, sind die eigenen Zielgruppen online mittlerweile sehr gut erreichbar. Dennoch unterscheidet sich B2B-Marketing wesentlich vom Marketing für Endkunden (B2C). Auf Werbetreibende warten einige Fallstricke: Der Einkäufer eines Maschinenbauunternehmens meint mit der Google-Suche „3D-Drucker“ etwas anderes als der Hobbytüftler. Kurzum: Unternehmen kaufen anders ein. Welche Besonderheiten des digitalen Marketings im B2B-Bereich gibt es noch?

58 Stunden – so lange dauert im B2C-Umfeld ein Online-Kauf, also vom ersten Kontakt bis zum Kaufabschluss. Investitionsgüter sind nicht vergleichbar mit dem Kauf eines Mitnahmeartikels, den ein Konsument in einem Online-Shop erwirbt. Vergehen im B2C-Umfeld beim Online-Kauf bereits viele Stunden, muss der B2B-Verkäufer noch mehr Geduld mitbringen. Denn im Unternehmen wollen viele mitreden: vom Einkauf über die Produktion und die Finanzabteilung zur Geschäftsführung, manchmal sogar der Betriebsrat. Das Marketing des Verkäufers stellt dies vor große Herausforderungen, was das zielgenaue Ausspielen von Werbung (Targeting) anbelangt. Die Verkaufskette (engl. Sales Funnel) – also der Weg vom ersten Kontakt bis zur Bestellung – könnte beispielsweise so aussehen:

Montag, Woche 1: Praktikant Markus wird beauftragt, eine erste Internet-Recherche nach „3D-Druckern“ durchzuführen. Natürlich wendet er sich an Google – die Textanzeigen (Google Ads) ganz oben auf der Trefferliste wecken seine Neugier.

Freitag, Woche 3: Der Produktionsleiter unterzieht die Auswahl im Home-Office per Smartphone einem kritischen Blick und liest sich in einem Blog einen Anbietervergleich durch. „Rein zufällig“ erscheint nun das Werbebanner des 3D-Drucker-Anbieters aus der Vorauswahl.

Montag, Woche 37: Die Geschäftsführerin steht kurz davor, ihr finales „Okay“ für die Bestellung zu geben. Ihr Controlling-Naturell führt sie nochmals zu Google und von dort weiter zu Youtube. Sie wird darin bestärkt, dass ihre Mitarbeiter gut ausgewählt haben und just nachdem sie das neueste Video des Industrieverbands gesehen hat, erscheint – man kann es ahnen – die Werbung des favorisierten 3D-Spezialisten. Ihr Chefeinkäufer meldet noch am gleichen Tag zurück: „Gute Wahl Chefin, bekomme regelmäßig den Newsletter von denen. Die machen einen guten Job!“

In diesem fiktiven Beispiel hat die Werbebotschaft erfolgreich eine große zeitliche Spanne überdauert und alle Mitentscheider zielsicher erreicht – im Idealfall über verschiedene Medien, Kanäle und Endgeräte hinweg (Cross-Device-Targeting). Dass in der Realität oft noch mehr Kontaktpunkte im Spiel sind, etwa der Vertriebspartner, das Telefon oder der Messeauftritt, versteht sich von selbst.

Grundvoraussetzung, damit diese Zielgruppen-Ansprache gelingt, ist eine gut justierte Webanalyse-Anwendung wie Google Analytics, Etracker oder Matomo, die auf der eigenen Website integriert ist und mit den Werbeprogrammen der großen Werbenetzwerke von Google, Facebook, Amazon oder Criteo interagiert. Es hilft Werbetreibenden mittels Cookies, Benutzer später wieder zu identifizieren und transportiert dank Verfolgerwerbung – Retargeting oder Remarketing genannt – die Werbebotschaft immer wieder neu. Es werden sogar Anrufer erkannt, die über eine Werbeanzeige aufmerksam wurden, oder Besucher in der Filiale vor Ort. Zwar sind der Validität der so gewonnenen Daten technisch bedingt Grenzen gesetzt, die größte Herausforderung liegt indes im Datenschutz, gerade nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Herbst 2019. Denn nicht alles, was ausgelesen und genutzt werden könnte, ist auch ohne Weiteres erlaubt.

Erklärungsbedürftige Produkte

Im B2B-Marketing werden oft Produkte beworben, die einer ausführlichen Erklärung bedürfen. Ob Systemlösungen oder Nischenprodukte – ohne weitere Ausführung findet kein Verkauf statt. Eine Lösung heißt Content-Marketing: Das eigene Unternehmen präsentiert sich dabei als Experte, indem es sein Produkt in informativer, unterhaltsamer und möglichst nicht-werblicher Form präsentiert. Auf der eigenen Website, im Blog oder in den Sozialen Medien eröffnet es mehr Möglichkeiten als im Printbereich: Online können bereits veröffentlichte Inhalte jederzeit aktualisiert und weiterentwickelt werden. Hyperlinks zu vertiefenden, auch externen Quellen, Kommentare von Nutzern und Videos erlauben eine neue Dimension der Produktinszenierung. So wundert es nicht, dass für 2021 erwartet wird, dass 61 Prozent der Investitionen für Content-Marketing in digitale Medien fließen werden. Gelingt es, den eigenen Content möglichst neutral zu verfassen, zeigt sich ein weiteres Plus: Die eigenen Inhalte werden mit etwas Glück von anderen geteilt und verlinkt. Vielleicht ist unter den Teilenden ein einflussreicher Blogger und der Inhalt geht viral – Stichwort „Influencer-Marketing“.

Weiterer Nebeneffekt: Durch das Texten mit relevanten Fachbegriffen und ihren Synonymen – diese sind ja deckungsgleich mit den Keywords, die der potenzielle Kunde in den Suchmaschinen eingibt – erhöht sich fast automatisch die Sichtbarkeit des Contents im nicht-bezahlten Teil von Google & Co, womit auch der Grundstein für gute Suchmaschinenoptimierung (SEO) gelegt ist.

Verwechslungsgefahr

Google kann nicht ohne weiteres differenzieren, wer gerade nach einem Produkt sucht. Hinter der Suchanfrage „3D-Drucker“ kann sich, wie im obigen Beispiel, ein Unternehmen verbergen, das bereit ist, einen sechsstelligen Betrag zu investieren, aber auch der Amateur von nebenan, der gehört hat, dass es die Geräte jetzt schon für 300 Euro gibt. Wie kann ich also verhindern, dass ein Consumer-Kunde auf meine teure Anzeige klickt und dann eventuell meine Ressourcen am Telefon blockiert?

Eine Antwort: Keywords richtig einsetzen! Und zwar in zweierlei Hinsicht: Einerseits indem man aus mehreren Suchbegriffen bestehende, sogenannte Longtail-Keywords wie „3D-Drucker Metall“ nutzt und damit eingrenzt, wem die Anzeige gezeigt wird. Andererseits durch Verwendung sogenannter negativer Keywords, für die die eigene Google-Werbung nicht ausgespielt werden soll. Sucht der Hobbybastler nach „3D-Drucker günstig“, wird ihm die Anzeige für das hochwertige Produkt einfach nicht angezeigt. Außerdem könnten Anzeigentexte darauf hinweisen, dass nur an Fachhändler verkauft wird. Und Preisangaben helfen dem Privatkunden, sofort zu erkennen, dass er sich im falschen Preisrahmen bewegt.

Geringes Suchvolumen und Nischen

Produkte, die so neuartig sind, dass sie noch keinen Gattungsbegriff haben, der als Suchwort dienen könnte, stellt das B2B-Marketing regelmäßig vor Probleme. Nähern Sie sich über die Problemstellung: Immer mehr Nutzer suchen in Form von Fragen. Formulieren Sie ein Problem, um dann die Besonderheiten und Lösungen, die Ihr Produkt verspricht, herauszustellen. Um beim Beispiel zu bleiben: Ein Automobilrestaurator sucht einen Ersatz-Zylinderkopf für einen wertvollen Oldtimer. Er versucht, über einen spezialisierten Online-Marktplatz ein gebrauchtes Originalteil zu bekommen oder alternativ ein gefrästes Teil als Nachbau und füttert Google mit den entsprechenden Suchbegriffen. Für den 3D-Druckexperten eröffnet sich hier eine gute Chance, sich als moderne und günstige Alternative zu präsentieren.

Das Einbuchen der Mitbewerbermarke als Keyword ist eine weitere Möglichkeit, gerade für Startups, die sich gegen den konkurrierenden Platzhirsch positionieren wollen. Zwar sind diesem Gebaren enge wettbewerbsrechtliche Grenzen gesetzt, grundsätzlich ist bei der GoogleAds-Werbung die Verwendung fremder Markennamen als Keyword möglich. Eine Beeinträchtigung der Marke ist nämlich solange zu verneinen, wie die geschaltete Anzeige in einem von der Trefferliste getrennten und gesondert gekennzeichneten Bereich angezeigt wird und keine Verwechslungsgefahr besteht.

Bei all den Unterschieden, die für das Marketing des B2B-Verkäufers aufgezeigt wurden, darf eines nicht vergessen werden: Der Einkäufer auf der Kundenseite stellt die gleichen Erwartungen an Werbung und Kommunikation, die er im Consumer-Marketing gewohnt ist. Dazu gehören eine mehrsprachige, mobil optimierte Website, transparente Preisinformationen, eine reiche Auswahl an Kontaktmöglichkeiten wie Telefon, soziale Medien und Chats, aber natürlich auch das gute alte Beratungsgespräch, in Corona-Zeiten dann eben als Video-Konferenz.

Autor/in: 

Philipp Dostal ist Geschäftsführer der Onlinemarketing-Agentur Adojo GmbH in Nürnberg. Sie bietet Dienstleistungen in den Bereichen Suchmaschinenoptimierung und -marketing, Social Media, Webdesign und B2B-Online-Marketing (www.adojo.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2020, Seite 46

 
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