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Krisenkommunikation

Sicher durch den Sturm

Sturm Schiff © GettyImages/valio84sl

Damit Unternehmen brenzlige Situationen erfolgreich bestehen können, kommt es auf die richtige Kommunikation an – doch das braucht Vorbereitung.

In herausfordernden Zeiten richtig zu kommunizieren, kann für Unternehmen überlebenswichtig sein. Denn Szenarien, in denen man unfreiwillig Negativschlagzeilen produziert, gibt es zur Genüge. Dafür reicht es schon, wenn ein einzelner Mitarbeiter durch sein Fehlverhalten die Reputation des Unternehmens aufs Spiel setzt. Genauso kann es passieren, dass ein IT-Ausfall die Arbeitsprozesse lahmlegt, durch ein Datenleck Informationen über die Kunden im Internet landen, eine wirtschaftliche Schieflage Entlassungen nötig macht oder ein Lieferant mit krummen Methoden die Qualität der eigenen Produkte gefährdet. Krisen lauern also an allen Ecken und Enden. Eine Haltung nach dem Motto „Das betrifft mich doch nicht“ wäre grob fahrlässig im Medienzeitalter, in dem permanent über alle Kanäle kommuniziert wird.

Was eine Krise auszeichnet: Sie kommt ungeplant und ungewollt, ist komplex, verläuft in Wellen und trifft in der Regel auf ein hohes Interesse in der Öffentlichkeit. Schnell können Image und Glaubwürdigkeit des Unternehmens auf dem Spiel stehen. Ob es dauerhaft Schaden nimmt, kann der Zufall entscheiden, wenn z. B. neue Skandale an anderer Stelle die mediale Aufmerksamkeit ablenken, oder die Zeit, also wenn das Thema in Vergessenheit gerät. Auf solche unsicheren und unplanbaren Faktoren sollten sich Firmen aber nicht verlassen, sondern sich schon in ruhigen Zeiten auf mögliche Krisen vorbereiten. Krisenprävention sollte ein fester Bestandteil der Kommunikationsstrategie sein – das kann im Fall der Fälle schnell zur Lebensversicherung werden.

Krisenhandbuch und Kommunikationsplan

Am Anfang steht die kritische Bestandsaufnahme: Welche Themen im Unternehmen sind krisenanfällig? Wie groß ist deren Wahrscheinlichkeit, wie hoch ist die öffentliche Relevanz? Im zweiten Schritt richtet sich der Blick auf die Zielgruppen: Mit wem steht das Unternehmen in Kontakt und wie kann man die für das Unternehmen wichtigen Zielgruppen charakterisieren und priorisieren? In einer Krisensituation sollte z. B. die interne Kommunikation immer vor der externen stehen, damit kein Mitarbeiter aus der Zeitung oder den sozialen Medien davon erfährt. Diese Bedürfnisse muss man kennen, um im Ernstfall zielgruppenorientiert agieren zu können.

Nach der Analyse müssen Prozesse definiert und Zuständigkeiten festgelegt werden: Welche Personen bilden einen Krisenstab, welche internen und externen Fachberater stehen dem Stab zur Verfügung und wer ist der Sprecher nach außen? Welche Kommunikationskanäle gibt es intern und extern, wer übernimmt die Medien-Beobachtung und wie gestaltet sich die Meldekette? Zudem ist es hilfreich, präventiv Listen mit den Kontaktdaten der wichtigsten Zielgruppen anzulegen, um im Notfall nicht wertvolle Zeit zu verlieren. All diese Informationen werden abschließend im  Krisenkommunikations-Handbuch zusammengefasst – eine Art interner Leitfaden und Ratgeber. Wichtig dabei: Das Handbuch sollte kompakt gehalten werden, für alle relevanten Personen im Unternehmen zugänglich sein und regelmäßig auf Aktualität geprüft werden.

Eines der wichtigsten Instrumente, um schwierige Situationen zu meistern, ist ein Krisenkommunikationsplan. Er ist quasi das Drehbuch für einen Film, dessen Ende man als Autor nicht kennt. Hat man die Bestandteile des Plans vorher verinnerlicht, kann man während einer Krise eine klare und strukturierte Kommunikationsstrategie erarbeiten. Darin werden beispielsweise die Faktenlage protokolliert, Kernbotschaften definiert und Szenarien inklusive Maßnahmen entwickelt. Gleichzeitig dient der Krisenkommunikationsplan auch als Dokumentation der Aktivitäten – was durchaus relevant sein könnte, falls es im Nachgang zu juristischen oder versicherungstechnischen Nachfragen kommt.

Ernstfälle trainieren

Das Krisenhandbuch vorzubereiten und den Kommunikationsplan zu verinnerlichen, reicht aber alleine noch nicht – denn keiner kann Auto fahren, nur weil er die Verkehrsregeln kennt.  Um sicher, schnell und souverän zu reagieren, braucht es Training, beispielsweise mit einem Krisen-Planspiel. Dabei nimmt man einen für das Unternehmen realistischen Krisenfall, skizziert einen möglichen Verlauf mit spontan eintretenden Ereignissen, z. B. Medienanfragen, versammelt alle relevanten Personen und probt den Ernstfall. So zeigt sich schnell, ob Zuständigkeiten klar verteilt sind, Abläufe gut funktionieren und die definierten Prozesse auch in der Praxis Bestand haben: Kann man unter Zeitdruck alle wichtigen Zielgruppen bedienen, Presseerklärungen verfassen, die Geschäftsführung einbeziehen und vielleicht sogar vor der Kamera Stellung beziehen? Ein Planspiel hilft dabei, Souveränität für den Ernstfall zu gewinnen und gleichzeitig aufzudecken, wo noch nachzubessern ist. Denn am Ende steht immer – wie auch nach der Krise – die Evaluation: Wie gut und schnell haben sich die Teilnehmer organisiert, welche Maßnahmen wurden ergriffen, wie haben sie gewirkt und wurde die festgelegte Kommunikationsstrategie eingehalten? Das kann wichtige Erkenntnisse für die weitere Krisenprävention liefern, die man sonst im Ernstfall vielleicht teuer bezahlen würde. Krisenmanagement ist ein Prozess, bei dem die Beteiligten stets dazulernen, deshalb fängt man am besten schon vor der Krise damit an.

Ein wichtiges Augenmerk sollte man in der Präventionsphase auch auf die sozialen Medien und ihre ganz eigenen Kommunikationsregeln richten – und zwar auch dann, wenn man als Unternehmen dort gar nicht aktiv vertreten ist. Früher war es vielleicht „nur“ ein negativer Leserbrief in der Zeitung, eine wütende Mail an den Vorstand oder der Flurfunk zwischen den Mitarbeitern, durch die Ärger, Angst oder Unwissenheit zum Ausdruck kamen. Heute werden diese Emotionen in aller Öffentlichkeit geteilt, verbreitet und kommentiert  – in einer Geschwindigkeit, die keine Zeit für lange Überlegungen lässt. Nicht jeder Beitrag auf Facebook, Twitter und Co. erfordert eine Reaktion, aber auf jeden Fall Aufmerksamkeit. Dann gilt es, schnell abzuwägen: Lässt man die Aussage so stehen, fängt man die Kommunikation im nicht-öffentlichen Bereich ab, z. B. über eine private Nachricht, oder äußert man sich öffentlich, vielleicht sogar in angemessen humorvoller Art.

Was alle Kommunikationskanäle in der Krise eint, egal, ob die klassischen Medien oder soziale Netzwerke: Es ist wichtig, klar, konsistent und schnell zu kommunizieren, denn die relevanten Zielgruppen brauchen Orientierung. Diese Aufgabe liegt beim Unternehmen, da es immer besser ist, das „Schiff der Kommunikation“ selbst durch die unruhige See zu lenken, als sich von tosenden Wellen umwerfen zu lassen. Eine professionelle Krisenprävention ist dann das Navigationssystem durch den medialen Sturm.

Autor/in: 

Klaus Schardt ist Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Kontext Public Relations GmbH in Fürth. Sie bietet Dienstleistungen rund um Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, darunter Beratung zu Strategie und Konzept, Corporate Publishing und Corporate Design, Krisenkommunikation, Bewegtbild-PR und Social Media (www.kontext.com).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2020, Seite 50

 
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