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Dreigeist

Druck in drei Dimensionen

Dreigeist © Thomas Tjiang

Die Inhaber Mareike und Christopher König.

Das Nürnberger Technologieunternehmen ist auf den professionellen 3D-Druck für Industrie und Forschung spezialisiert.

Christopher König ist ein leidenschaftlicher Tüftler. Der technische Kopf des Nürnberger 3D-Druckspezialisten Dreigeist GbR hat beispielsweise in Corona-Zeiten an einer Tauchermaske gearbeitet, die anders als die vielen Do-It-Yourself-Bauanleitungen im Internet auch tatsächlich Schutz bieten soll. Vorhandene Lösungen dieses nichtmedizinischen Hilfsutensils beschlagen von innen und taugen im Alltag weder für Kliniken noch für Arztpraxen. Der Impuls, sich hiermit zu beschäftigen, kam von einem niedergelassenen Nürnberger Notfallmediziner, der zugleich auch am Nürnberger Klinikum als Beatmungsspezialist tätig ist. Nach zwei Wochen und vielen Versuchen war sich König sicher: „Wir sind die ersten, die die Probleme gelöst haben.“

Dafür hat sich der Diplom-Ingenieur ordentlich in die Aufgabe reingekniet. Er berechnete die Luftströmungen, um ein Beschlagen zu verhindern. Für die beiden Ausgänge an der Tauchermaske entwickelte er Ventile und Filter im Standardmaß, damit Corona-Viren weder vom Träger nach außen noch von der Umwelt nach innen übertragen werden können.

Hierfür sind geeignete 3D-Druck-Materialien und praktikable Verfahren nötig. Zudem darf das ausgewählte Material keinen unangenehmen Eigengeruch verströmen und muss Standardgrößen einhalten. Zusätzlich sollen prinzipiell alle Bauteile auch sterilisierbar sein. Seine Kleinserie sei den FFP2- oder FFP3-Masken in Sachen Schutz überlegen, so König. FFP2- oder FFP3-Masken schützten zwar den Träger vor gesundheitsschädlichem Staub und Krankheitserregern, ist der Träger allerdings infiziert, gelangten alle Viren ungefiltert in die Umwelt.

Dass seine funktionierende Lösung keinen reißenden Absatz findet, sieht er mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ein Zusatzgeschäft wäre schön gewesen, andererseits ist er auch zufrieden, wenn er ein technisches Problem bis zum produzierbaren Prototyp lösen kann. „Es geht mir um das ,Knoff-hoff´“, sagt König mit Blick auf den 3D-Druck, der als Zukunftstechnologie gilt.

Das im Jahr 2016 von Christopher König und seiner Ehefrau Mareike gegründete Unternehmen versteht sich als ein Treiber in der Anwendungsentwicklung. Einerseits gebe es mittlerweile eine Vielzahl an 3D-Technologien und unterschiedlichen Materialen, andererseits werde es immer schwieriger, im „Nebel der Möglichkeiten“ den richtigen Ansatz für ein Produkt zu finden, erklärt der ehemalige Formel-1-Konstrukteur.

Kein Ersatz für klassische Produktion

Manche Interessenten aus der Industrie kämen mit der Vorstellung, dass sie die Produktion von Bauteilen einfach auf 3D-Druck umstellen wollen. „Solche Kunden werden von uns enttäuscht“, berichtet König, der bei den Möglichkeiten der Technik ein offenes Wort pflegt. Mit diesen modernen Technologien lassen sich in der Regel keine Kunststoffteile in riesiger Auflage kostengünstiger herstellen als im Kunststoffspritzguss. Ein herkömmliches Kunststoffteil für 23 Cent kann aus dem 3D-Drucker schon einmal 23 Euro kosten, denn Verfahrens- und Vorgehensweisen klassischer Produktionsprozesse lassen sich nur selten auf den 3D-Druck übertragen. Ganz anders ist es, wenn ein spezielles Werkzeug für den Kunststoffspritzguss oder ein Ersatzteil für eine 100 Jahre alte Maschine gefragt ist.

Dreigeist nimmt die Ideen und Anforderungen der Kunden unter die Lupe, um aus der Vielfalt der unterschiedlichen Druckmaterialien und Druckverfahren nach einer passenden Lösung zu suchen. Manche Interessenten haben im Heimbetrieb bereits erste Erfahrungen mit einem Printer aus dem Supermarkt gesammelt. Das macht König eher skeptisch, denn die Anforderungen für den gewerblichen Bereich können Heimgeräte nicht erfüllen. Ist die Idee klar, definiert die Dreigeist GbR, die auch Vertriebspartner namhafter 3D-Drucker- und Materialhersteller ist, die passende Drucktechnologie. Im Anschluss folgen Entwicklungs- und Designprozesse und die ersten Druck-Tests bis zu einem fertigen Prototyp.

Welche Lösungen er für wen realisiert hat, verrät König in der Regel nicht. Gut 95 Prozent der Ergebnisse seien keine Standardlösungen, sondern kundenspezifisches Know-how und damit Firmengeheimnisse. Zu den wenigen Produkten, die doch genannt werden dürfen, gehört ein Medizinprodukt für einen Berliner Auftraggeber, das nach fast dreijähriger Entwicklungszeit für den europäischen Markt in Serienproduktion ging. Das additiv gefertigte Implantat aus Kunststoff wird temporär bei der Strahlentherapie am Gebärmutterhals eingesetzt. Andere Industriekunden kommen u. a. aus den Bereichen Automotive, Luft- und Raumfahrt, Maschinen- und Anlagenbau sowie Modellbau.

Beim 3D-Druck handelt es sich um eine sogenannte additive Fertigung. Dabei wird ein bestimmtes Material auf Basis digitaler Konstruktionsdaten schichtweise aus einem pulverförmigen Stoff per Laser generiert (sogenanntes Sintern). Selbst komplexe Strukturen lassen sich so realisieren, die mit herkömmlichen Konstruktionsverfahren nicht möglich sind. Die Vorteile liegen für König auf der Hand: Mit seinem 3D-Druck kann ein neues Spritzgusswerkzeug in rund 72 Stunden einsatzfähig hergestellt werden. Bei manch einem Kunden dauere dieser Prozess selbst bei einer eigenen Werkzeugbauabteilung sechs bis acht Wochen. „Das spart Zeit und damit echte Kosten“, hebt König hervor, auch wenn die Einsatzdauer dem Stahlwerkzeug unterlegen ist.

Anwendungszentrum in Planung

Das Geschäft von Dreigeist ist dreigeteilt: Zum einem gibt es den Vertrieb von Hardware und Software, demnächst soll noch ein Online-Shop für Druckmaterialien mit eigenem Label hinzukommen. Zum anderen die Sparte Schulung und Weiterbildung, damit die Mitarbeiter der Kunden mit der 3D-Druck-Technik zurechtkommen. Und drittens gibt es die Sparte Beratung und Entwicklungsleistungen. Mittelfristig wollen König und seine Frau, die operativ die Geschäfte führt, ein Anwendungszentrum für den 3D-Druck aufbauen. Dort sollen Kunden dann die konkurrierenden Systeme ausprobieren können, was heute praktisch am Markt kaum möglich sei. Dreigeist sieht sich international als einer der wenigen Technikanbieter, die sich nicht an einen herstellerexklusiven Vertrieb halten müssen: „Wir wollen mit dem Anwendungszentrum einen herstellerübergreifenden Wissenstransfer etablieren.“

Den Corona-Lockdown hat Dreigeist dazu genutzt, zusätzliche Räume einzurichten. Statt Kurzarbeit wurde intern geschult, das Qualitätsmanagement ausgebaut und neue Mitarbeiter eingestellt. 2019 erzielte Dreigeist mit vier Mitarbeitern einen Umsatz von knapp einer Mio. Euro. Zur Jahresmitte 2020 waren es bereits zehn Beschäftigte und die Suche nach Technikern und Ingenieuren geht weiter. Ob das Umsatzziel von rund drei Mio. Euro in diesem Jahr erreicht wird, können Mareike und Christopher König nach den Lockdown-Monaten noch nicht sicher sagen.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2020, Seite 78

 
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