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Betriebliche Altersvorsorge

Sparen für den Ruhestand

Illu_WiM_10-11-2020-web © Anton Atzenhofer

Mit einer betrieblichen Altersvorsorge (bAV) können Unternehmen ihre Mitarbeiter beim Vermögensaufbau unterstützen. Was ist zu beachten?

Für die Altersvorsorge gibt es in Deutschland drei zentrale Säulen: Die wichtigste ist die gesetzliche Rentenversicherung, sie wird durch die betriebliche Altersvorsorge sowie die private bzw. individuelle Altersvorsorge etwa durch Lebensversicherungen, Geldanlagen oder Immobilien ergänzt. Über 38,17 Mio. aktiv Versicherte ohne Rentenbezug weist die Deutsche Rentenversicherung Bund aus. Weitere 20 Mio. Menschen beziehen eine Altersrente bzw. eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Doch der durchschnittlich ausbezahlte Rentenbetrag in Höhe von monatlich 864 Euro (alte Bundesländer) nach Abzug der Krankenkassenbeiträge der Rentner (KVdR) verdeutlicht, dass die gesetzliche Rentenversicherung für den Lebensunterhalt im Alter alleine oft nicht ausreicht.

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist eine freiwillige betriebliche Sozialleistung, damit Beschäftigte einzelner Unternehmen Leistungen zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung aufbauen können. Zunächst wurde 1974 das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) verabschiedet und seitdem mehrfach novelliert. Es regelt unter anderem Aspekte wie die Insolvenzsicherung und die Unverfallbarkeit von Ansprüchen.

Gesetzliche Weichenstellung

Die „Riester‘sche“ Rentenreform im Jahr 2001 war eine der bedeutsamsten Weichenstellungen für das System der Alterssicherung. Das Ziel für Arbeiter und Angestellte, ihren Lebensstandard im Ruhestand ausschließlich durch die gesetzliche Rentenversicherung zu sichern, wurde aufgegeben, um die Beitragssätze dauerhaft unter 20 Prozent zu halten. Seit 2002 wird die private und betriebliche Altersvorsorge durch staatliche Fördermaßnahmen, etwa der „Riester-Rente“, unterstützt. Arbeitnehmer können für ihren individuellen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung auf Teile ihres Lohnes oder Gehalts verzichten. Bei dieser Entgeltumwandlung zahlen die Arbeitgeber dann in Direktversicherungen, Pensionskassen oder in die neu zugelassenen Pensionsfonds ein. Dieser Weg der bAV kann durch den Arbeitsvertrag, durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge geregelt werden.

Eine weitere wichtige Zäsur ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG), das seit 2018 die Betriebsrente stärken und verbreitern soll. Eingeführt wurde beispielsweise ein monatlicher Freibetrag von bis zu 216 Euro aus betrieblicher Altersvorsorge, der nicht auf eine mögliche Grundsicherung angerechnet wird. Außerdem wurde der Förderrahmen erhöht. Zuvor konnte ein Arbeitnehmer jährlich bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuer- und sozialversicherungsfrei in eine Betriebsrente einzahlen. Das BRSG hat den Förderrahmen auf acht Prozent verdoppelt. 

Ebenfalls neu durch das BRSG ist ein sogenannter Förderbetrag für Arbeitnehmer mit einem Einkommen von maximal 2 200 Euro brutto im Monat. Zahlen Unternehmen für die Mitarbeiter einen Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge, werden sie vom Staat gefördert. Zahlt ein Arbeitgeber in eine neue betriebliche Altersvorsorge mindestens 240 Euro bis höchstens 480 Euro im Jahr, werden die Arbeitgeberbeiträge in Höhe von 30 Prozent staatlich gefördert.

Das BRSG verpflichtet den Arbeitgeber dazu, bei neu abgeschlossenen bAV-Verträgen mit Entgeltumwandlung eingesparte Sozialversicherungsbeiträge an die Policen der Arbeitnehmer weiterzugeben. Er muss für diese Verträge einen pauschalen Zuschuss von 15 Prozent des Umwandlungsbetrages in den Vorsorgevertrag zahlen. Für Verträge, die vor Inkrafttreten des BRSG geschlossen wurden, gilt diese Zuschusspflicht erst ab Jahresbeginn 2022. 

Vor dem BRSG mussten sich die Beschäftigten aktiv für eine bAV entscheiden, um eine Betriebsrente aufzubauen. Das neue Opting-out-Verfahren kehrt das Prinzip um: Alle Beschäftigten nehmen auf Unternehmensebene an der Entgeltumwandlung teil, wenn sie nicht aktiv widersprechen. Für die Anwendung des Opting-out-Modells ist allerdings grundsätzlich ein Tarifvertrag erforderlich.

Mit dem neuen Sozialpartnermodell können erstmals auch die Tarifvertragsparteien eine Vereinbarung zur betrieblichen Altersvorsorge treffen. Dann gilt das Sozialpartnermodell in allen Unternehmen, die dem entsprechenden Tarifvertrag unterliegen. Der Gesetzgeber erlaubt mit dem Sozial- oder Tarifpartnermodell, reine Beitragszusagen gemäß Tarifvertrag einzuführen. Der Arbeitgeber muss also den vereinbarten Beitrag bei einer Direktversicherung, einem Pensionsfonds oder einer Pensionskasse einzahlen, haftet aber nicht für eine bestimmte Leistungshöhe.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Vorsorge eine Vielzahl von Leistungen anbieten, die bis hin zum betrieblichen Gesundheitsmanagement reichen können. Bei der betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitgeber mit laufenden Beträgen oder auch einmaligen Kapitalzahlungen agieren. Das Unternehmen kann eine Pensionszusage geben, eine Pensionskasse nutzen oder Lebensversicherer als Dritte hinzuziehen. Möglich sind diese Durchführungswege:

Direktzusage: Wird für die betriebliche Altersversorgung die Pensionszusage, auch Direktzusage genannt, gewählt, verpflichtet sich der Arbeitgeber, dem Beschäftigten oder dessen Angehörigen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestimmte Versorgungsleistungen zu gewähren. Die Leistungen für die Versorgung selbst muss das Unternehmen aus eigenen Mitteln mit entsprechenden Pensionsrückstellungen finanzieren.

Unterstützungskasse: Bei der Option Unterstützungskasse lagert der Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung auf eine selbstständige Versorgungseinrichtung aus. Die Unterstützungskasse gewährt den Arbeitnehmern formal keinen Rechtsanspruch auf Vorsorgeleistungen. Reicht das Kassenvermögen zur Einbringung der zugesagten Leistungen nicht aus, muss der Arbeitgeber für die versprochene Leistung einstehen. Das Vermögen wird durch direkte Zuwendungen des Arbeitgebers oder durch Entgeltumwandlung aufgebaut. Auch bei diesem Durchführungsweg kann der Arbeitnehmer an der Finanzierung beteiligt werden. Mit dem Pensionsalter wird eine lebenslange Rente oder ein einmaliger Kapitalbetrag ausgezahlt.

Pensionskasse: Ein weiterer Weg der betrieblichen Altersversorgung ist die Pensionskasse. Hierbei handelt es sich um eine rechtlich selbstständige Versorgungseinrichtung, die für ein Einzelunternehmen, ganze Konzerne oder ganze (Branchen-)Gruppen konkrete Leistungen für die bAV garantiert. Beispielsweise haben die Metalltarifparteien gemeinsam das Versorgungswerk Metallrente geschaffen. An den Beiträgen der Arbeitgeber für eine Pensionskasse können sich Arbeitnehmer beteiligen. Die Pensionskassen unterliegen dabei strengen Anlagebeschränkungen, die das Risiko minimieren, aber auch die Ertragsmöglichkeiten beschränken.

Direktversicherung: Diese Form der bAV wird gerne von kleineren und mittleren Betrieben genutzt. Der Arbeitgeber schließt für seine Beschäftigten einen günstigeren Gruppenvertrag typischerweise über eine klassische oder fondsgebundene Lebensversicherung ab, aber auch eine spezielle Rentenpolice ist als Direktversicherung möglich. Es können auch zusätzliche Leistungen zum Schutz der Mitarbeiter bei Berufsunfähigkeit oder Unfall kombiniert werden. Als Faustregel für eine lohnende Direktversicherung aus Arbeitnehmersicht gelten mindestens 20 Prozent, die das Unternehmen zuschießt.

Pensionsfonds sind wie die Pensionskasse eine rechtlich selbstständige Einrichtung, können aber wegen geringerer Regulierung im Vergleich zu Direktversicherungen und Pensionskassen höhere Renditen und damit höhere Versorgungsleistungen erwirtschaften. Vorbild für diese Vorsorgeform am Kapitalmarkt sind beispielsweise die USA, wo die Pensionsfonds eine tragende Säule der Altersversorgung sind. Allerdings sind diese Investitionen auch stärker risikobehaftet. Pensionsfonds sind verpflichtet, lebenslange Altersrenten oder einen Renten-Auszahlungsplan zu erbringen.

Für Unternehmer gibt es keine goldene Regel, welcher Durchführungsweg für ihre betriebliche Altersvorsorge der beste ist. Es kommt auf die individuellen betrieblichen Ziele an, die zudem etwa hinsichtlich der steuerlichen Konsequenzen mit spitzem Stift durchgerechnet werden müssen. Neben der generellen Förderung bzw. steuerlichen Anerkennung der Vorsorgebeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann auch die steuerliche Behandlung in der Rentenphase der ehemaligen Mitarbeiter den Ausschlag geben. Für die betriebliche Vorsorge von Gutverdienern könnte sich etwa der Weg über die Unterstützungskasse lohnen. Hier sind die monatlichen Beiträge unbegrenzt steuerfrei und können zudem bis maximal vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze sozialversicherungsfrei eingezahlt werden. Zudem müssen die Leistungen der Unterstützungskasse im Rentenalter dann zu einem meist deutlich geringeren Steuersatz versteuert werden. Andere Entscheidungsfaktoren können beispielsweise auch Hypothesen über die künftige Zinsentwicklung sein, die den Wert der bAV bei risikoarmen Vorsorgewegen maßgeblich beeinflussen können.

Das Bundesarbeitsministerium bezifferte die Zahl der Verträge zur betrieblichen Altersvorsorge, die sogenannten aktiven bAV-Anwartschaften, Ende 2017 auf 20,8 Mio. Hinzu kommen noch einmal 16,6 Mio. Riester-Verträge. Diese können wie die Basisrente, besser bekannt als Rürup-Rente, sowohl zur privaten Vorsorge abgeschlossen werden als auch Teil der betrieblichen Vorsorge sein. Beide Kategorien sind zuletzt nur gering gewachsen. Zwar wird von einer Belebung durch das BRSG ausgegangen, valide Zahlen insbesondere auch zu den unterschiedlichen Vorsorgewegen liegen allerdings noch nicht vor.

Corona nimmt Arbeitgeber in die Pflicht

Wichtig in Zeiten der Corona-Krise: Arbeitgeber müssen bei Kurzarbeit in ihrem Betrieb die Entgeltumwandlung wegen gesunkener oder entfallener Arbeitgeberzuschüsse anpassen. Außerdem sind ihre Mitarbeiter über mögliche Nachteile aufzuklären, die sich aus reduzierter oder eingestellter Entgeltumwandlung ergeben.

An einen weiteren wichtigen Aspekt erinnert der Schwabacher Finanzplaner und Makler Jochen Zierl: „Eine angespannte finanzielle Situation des Unternehmens ist allein kein Grund für Eingriffe in die betriebliche Altersvorsorge.“ Die Faustregel laute: „Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten vor der Krise Zuschüsse gewährt haben, müssen das auch weiter tun.“ Firmenchefs können sich gegebenenfalls mit den kurzarbeitenden Mitarbeitern solidarisch zeigen und auf Teile ihres Gehalts verzichten. Aber Zierl mahnt die Betriebslenker: „Finger weg von der eigenen Vorsorge.“

Finanzexperten weisen zudem gerade in Zeiten der Corona-Krise auf die Notwendigkeit hin, dass die Ansprüche der Mitarbeiter für den Fall einer Unternehmensinsolvenz abgesichert werden müssen. Dies ist jedoch ein komplexes Thema, bei dem jeder Fall und jeder Durchführungsweg individuell betrachtet werden müsse. Es sei deshalb zu empfehlen, einen spezialisierten Berater zurate zu ziehen.

Dialog mit den Mitarbeitern

Der Erlanger Vorsorgespezialist PS Group weist Betriebe auf weitere Pflichten hin: So müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten darüber informieren, dass reduzierte Beiträge in die bAV mit minimierten Risikoleistungen auch bei Berufsunfähigkeit und Tod einhergehen können. Diese Aufgabe könnten auch spezialisierte Dienstleister übernehmen. Denn jedes bAV-relevante Gespräch mit Arbeitnehmern müsse protokolliert werden und später nachvollziehbar sein, betont der Geschäftsführende Gesellschafter Tobias Bailer. Deshalb seien online-basierte Vorsorgeakten und digitale Prozesse aktuell wichtiger denn je, da Beratungsprotokolle mit den Mitarbeitern digital ausgetauscht und rechtssicher archiviert werden können.

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2020, Seite 34

 
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