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Betriebsalltag in Corona-Zeiten

Bekanntes Terrain oder Neuland?

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Corona hat die Arbeitswelt umgewälzt. Wie geht Mittelfrankens Wirtschaft damit um?

Die Corona-Krise hat für die Unternehmen große Einschnitte mit sich gebracht. Viele wurden von den Einschränkungen kalt erwischt, andere konnten auf bewährte Arbeitsmodelle zurückgreifen und ihre Mitarbeiter nahtlos ins Homeoffice schicken. Einige mittelfränkische Unternehmen berichten über ihre Arbeitswelt in Corona-Zeiten.

Konzepte, beispielsweise für mobiles Arbeiten, waren bei der Volksbank Raiffeisenbank Nürnberg eG bereits vorher vorhanden, sie wurden jedoch im Zuge der Pandemie schnell ausgeweitet: „Im Hinblick auf die ständigen Prozessverbesserungen wirkt die Pandemie auch bei uns wie ein Verstärker“, berichtet Vorstandsassistentin Ellen Woelke. „Vieles hat sich bewährt, aber wir entwickeln uns kontinuierlich weiter, wobei wir natürlich auch Kosten und Nutzen in Blick haben.“ Besonders wichtig bleibt der persönliche Austausch. Wenn es nicht anders möglich ist, kann dieser aber auch telefonisch und künftig verstärkt per Videokonferenz erfolgen. Die Mitarbeiter verfügen dazu über Laptops und teilweise Smartphones. Grundsätzlich will das Geldinstitut die Konzepte über die Corona-Krise hinaus beibehalten, eventuell mit Anpassungen.

Die Ferdinand Kreutzer-Sabamühle GmbH in Nürnberg hat mit den Maßnahmen begonnen, sobald klar wurde, dass die Corona-Krise ernst wird. Ein Konzept für ein „mobiles Office“ gab es vorher nur eingeschränkt, lediglich für Teile des Außendiensts und mit individuellen Vereinbarungen stand diese Möglichkeit offen. Vor allem das Lager war ein kritischer Bereich, da die Lieferfähigkeit unbedingt aufrecht erhalten werden musste. Das Unternehmen hat deshalb bis Anfang September ein Zwei-Schicht-System eingeführt inklusive einer Pause zum Desinfizieren.

Für die Verwaltung wurde ein Hygienekonzept entwickelt: Unter anderem wurden die Büros umgestellt und Besprechungsräume als zusätzliche Arbeitsplätze genutzt. Einige Beschäftigte haben zudem rund einen Monat im „mobilen Office“ gearbeitet. Da bis dahin kaum ein Mitarbeiter einen Laptop hatte, mussten dafür die Firmenrechner abgebaut und bei den Mitarbeitern vor Ort installiert werden. „Eigentlich wollten die Mitarbeiter alle im Betrieb arbeiten, da ihnen der persönliche Austausch mit den Kollegen sehr wichtig ist. Weil wir aber auch Beschäftigte haben, die zu einer Risikogruppe gehören, war dies nicht möglich“, berichtet Prokuristin Christine Sparvoli-Frank.

Inzwischen wurden die meisten Maßnahmen wieder auf Normalbetrieb zurückgedreht. „Trotzdem haben wir daraus einiges gelernt“, so die Prokuristin. So gibt es in dem 150 Jahre alten Unternehmen jetzt beispielsweise neue Leitlinien für Besprechungen. Viele Treffen wurden auf Videokonferenzen mit Programmen wie Zoom oder Teams umgestellt, Bewerbungsgespräche finden per Skype statt. Insgesamt will das Unternehmen seine Prozesse weiter optimieren und digitalisieren.

Vor allem beim Thema Homeoffice war der Nürnberger Reiseanbieter Renatour auch vorher schon gut ausgestattet: „Nur bei zwei von zehn Mitarbeitern musste noch bei der Technik nachgerüstet werden“, sagt Inhaber Roland Streicher, der in dieser Zeit die Erkenntnis gewonnen hat, dass diese Form des Arbeitens zu 100 Prozent und auch auf Dauer möglich ist. Jeder Mitarbeiter hat dafür einen Laptop und – wenn gewünscht – einen zweiten Bildschirm dazu. Außerdem verfügt das Unternehmen über eine Telefonanlage, bei der jeder Mitarbeiter von seinem (Home-)Office aus sieht, wer am Platz ist oder wer gerade spricht. So können Anrufe weiter verbunden werden, unabhängig davon, wo sich die Kollegen gerade befinden. Auch die Reiseveranstalter-Software ist komplett online und kann von überall abgerufen werden. 

Alles Weitere funktioniert über Programme wie Outlook, Teams und Ähnliches. „Wir sind digital sehr gut aufgestellt“, sagt Roland Streicher. „Sowohl Backoffice als auch unser Content-Management-System sind schon seit einigen Jahren in der Cloud.“ Angepasst wurde vor allem die Software für Videoanrufe. Hier hat das Unternehmen für Besprechungen auf Teams umgestellt. Vorher war nur Skype im Einsatz. „Das funktioniert inzwischen sehr gut“, so der Inhaber. Fast alle Mitarbeiter befinden sich immer noch im Homeoffice. Das kann auch so bleiben: „Der Umfang bleibt den Mitarbeitern selbst überlassen, von null bis 100 Prozent ist hier alles möglich.“ Dazu hat Renatour ein Jahresarbeitszeitmodell auf Vertrauensbasis, bei dem die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten sehr flexibel einteilen können.

Bei der Baumüller-Gruppe in Nürnberg hat die Umstellung auf Homeoffice nach eigenen Angaben sehr gut funktioniert. Da vor allem für internationale Besprechungen Webmeeting-Software wie Teams oder GoToMeeting auch vorher schon häufig genutzt wurde, war die nötige Technik bereits vorhanden und die Anwender bereits geschult. Allerdings wurde die Intensität der Nutzung gesteigert: Viele Mitarbeiter aus der Verwaltung arbeiten derzeit im Homeoffice. „Wir konnten unsere Prozesse deshalb immer am Laufen halten“, sagt Marketing-Leiter Leonhard Kemnitzer.

Da die Mitarbeiter schon vorher die Möglichkeit hatten, nach individuellen Vereinbarungen mobil zu arbeiten, musste das Unternehmen nur an einigen Stellen noch Laptops oder Headsets nachrüsten, ansonsten war auch die Infrastruktur bereits vorhanden. „Die Kollegen beispielsweise im Außendienst arbeiten dank Cloud-basierter Software schon lange als ‚Remote Worker‘, viele Programme sind über jeden Browser aufrufbar“, so Kemnitzer. Die Mitarbeiter können mit ihrem Laptop mit geschütztem Netzwerkzugang, Headset und Firmen-Smartphone so ständig mobil arbeiten.

Gleich zu Beginn der Pandemie hat das Unternehmen eine Taskforce gegründet, die entsprechende Maßnahmen erarbeitet hat. So wurden z. B. Besprechungsräume in Büros umgewandelt. Für Bereiche wie Produktion oder Logistik, bei denen Remote-Arbeit nicht möglich ist, wurden Schichtpläne angepasst, Schichten getrennt, Hygienespender installiert und Schutzmaßnahmen getroffen, z. B. mit Plexiglas-Scheiben, Face Shields und Masken.

Die Maßnahmen haben sich in größerem Umfang bewährt und vieles soll auch in Zukunft beibehalten werden: „Das neue Arbeiten hat sich eingespielt. Es ist ein neues Denken entstanden: Man schaltet sich per Videokonferenz für eine halbe Stunde zusammen und arbeitet ein Thema konzentriert ab. Das ist oft wesentlich effizienter als vorher“, sagt der Marketing-Leiter. Außerdem hat das Unternehmen seine interne Kommunikation an die Remote-Arbeit angepasst. So wurden die Intranet-Inhalte beispielsweise um Videobotschaften der Geschäftsleitung ausgeweitet.

Autor/in: 

(leo.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2020, Seite 50

 
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