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Coworking

Neue Arbeitswelten

Coworking Nürnberg_Geschäftsführerin_Ellen Wittek © Thomas Tjiang

Franka Ellen Wittek, Geschäftsführerin der Coworking Nürnberg GmbH am Josephsplatz.

Flexible Büroplätze kurzfristig anmieten und sich dort mit anderen Kreativen austauschen. Ein regionaler Rundblick.

Coworking hat sich neben dem traditionellen Büroarbeitsplatz und dem Home-Office als dritte Arbeitsform etabliert. Coworking oder Coworking Spaces gelten als eine Antwort auf die Jahrzehnte lange Diskussion, wie die Arbeitswelt flexibler gestaltet werden könnte. Die Grundidee ist schnell erklärt: Coworking Spaces bieten auf Mietbasis einen offenen Büroarbeitsplatz mit notwendiger Infrastruktur – und zwar je nach Anforderung für einen Tages-, Monats- oder Jahrespreis. In der Regel muss nur das Notebook angestöpselt werden, Strom, Heizung, Internet und eine Flatrate für den Kaffee sind meist inklusive. Meist können weitere Extras dazu gebucht werden, beispielsweise ein fester Schreibtisch, ein Schließfach, ein Telefonanschluss oder ein Postfach mit Geschäftsadresse. Der Zugang ist – je nach Buchung – rund um die Uhr, sieben Tage die Woche möglich. Manche Spaces bieten zusätzlich Konferenzräume oder Einzelbüros zur Dauernutzung an.

Der Bundesverband Coworking Spaces Deutschland (BVCS), der die Interessen der noch jungen Branche vertritt, beziffert die monatlichen Kosten für einen Arbeitsplatz im Coworking Space mit durchschnittlich 220 bis 250 Euro. Demgegenüber müssten bei einem klassischen Büroarbeitsplatz in einer Behörde Kosten von rund 600 Euro monatlich und in einem mittelständischen Unternehmen von bis zu 1 000 Euro einkalkuliert werden.

Coworking ist nicht nur als ausgelagertes Homeoffice zu verstehen, sondern der Erfolg des Konzepts erklärt sich auch durch die neue Arbeitskultur ("New Work"). Der BVCS beschreibt das Konzept des Coworking deshalb als neue Arbeitsform des räumlichen oder inhaltlichen Zusammenarbeitens. Die German Coworking Federation, ein weiterer Branchenverband mit Fokus auf die Arbeitskultur, sieht darin eine Antwort auf die Anforderungen in einer vernetzten Wissensgesellschaft, in der Ort, Zeit und Zusammensetzung von Teams einem ständigen Wechsel unterzogen sind.

Auch in Mittelfranken hat sich in den letzten zehn Jahren ein vielfältiges Angebot an Coworking Spaces entwickelt. Ein Pionier der jungen Arbeitsform war die Coworking Nürnberg GmbH (www.coworking-nuernberg.de). Im Jahr 2011 sei man als einer der ersten zehn Anbieter in Deutschland gestartet, berichtet Geschäftsführerin Franka Ellen Wittek. Mit dem Büro in der Nürnberger City sei die neue Arbeitsform in der Region etabliert worden. Das Angebot richtet sich an Kreative, Freiberufler, Start-ups und kleine Unternehmen, die tages-, wochen- oder monatsweise ihre Büroplätze flexibel buchen können.

In Anlehnung an die Vorbilder aus New York oder Berlin gehe es aber nicht um einen günstigen und flexiblen Arbeitsplatz. Man verstehe sich vielmehr als Anlaufpunkt für die Szene und als Community. "Das unterscheidet uns von den großen Anbietern", so Wittek. Auch aus den Rückmeldungen der Kunden wisse man, dass ihnen der Austausch und das Networking wichtig seien. Im Coworking Nürnberg wurden wegen der Corona-Abstandsregeln die vormals 30 Arbeitsplätze um die Hälfte reduziert. Trotzdem halten bis zu 60 Coworker, die sich auf den Arbeitsplätzen abwechseln, dem Unternehmen die Treue. Zu den Kunden zählen Grafiker, Website-Entwickler, Berater und ein Gebäudereiniger, der seine Verwaltung aus dem Loft-Büro erledigt. Aber auch große Firmen schicken ihre Mitarbeiter zunehmend zum Coworking statt in das Homeoffice.

Ein weiterer Anbieter in Nürnberg ist die hib GmbH (www.nuernberg-coworking.de). Unter der Überschrift "hib Coworking" werden in der Äußeren Bayreuther Straße auf 400 Quadratmetern flexible Arbeitsplätze und private Büros angeboten.

Das größte Coworking-Unternehmen in Nürnberg ist die Design Offices GmbH (www.designoffices.de), die auch bundesweit als führender Anbieter für Serviced Offices und Coworking gilt. Sie setzt jährlich rund 70 Mio. Euro um und betreibt in 14 deutschen Städten 35 Standorte mit einer Fläche von insgesamt 165 000 Quadratmetern. Angeboten werden auch Tagungs- und Besprechungsräume sowie das sogenannte "Corporate Coworking" für Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter zeitweise flexible Arbeitsplätze anmieten. Außer am Stammsitz in der Königsstraße sind die Design Offices auch am Rathenauplatz in der alten Oberpostdirektion präsent. Im "Tafelhof Palais" am Nürnberger Hauptbahnhof, das seiner Fertigstellung entgegen geht, wird das Unternehmen Nordbayerns größtes Coworking mit rund 12 400 Quadratmetern einrichten.

In Erlangen sind die Design Offices mit ihrem Standort in der Koldestraße auf insgesamt fünf Etagen mit knapp 4 000 Quadratmetern präsent. Geboten werden flexible Bürolandschaften mit 300 Workstations und Corporate Coworking-Flächen für Projektteams. Die Münchner Jost Verwaltungs GmbH bietet in ihrem revitalisierten Industriekomplex Brucklyn Hall in Erlangen (www.brucklyn-hall.de) in der denkmalgeschützten Scheinwerfer-Produktionshalle auch Coworking Spaces an. Auch dort können "Plug und Work"-Arbeitsplätze, eigene Schreibtische oder ganze Büros sowie Veranstaltungs- und Konferenzräume gemietet werden. Außerdem bietet Coworking Nürnberg im Medical Valley Center einen kleinen Coworking-Ableger mit acht Arbeitsplätzen (www.coworking-erlangen.de).

In Fürth ist in diesem Mai die CoWorking Fürth Antje Klimek & Alexander Weber GbR (www.coworking-fuerth.de) gestartet. Die Eröffnung sei keine Reaktion auf die Corona-Pandemie gewesen, sondern bereits seit Langem geplant gewesen, erklärt Antje Klimek. Angeboten werden mit einem Tages- oder Monatsticket Arbeitsplätze in einer flexibel gestalteten Arbeitsumgebung ("Flex-Area"), private Büros für die exklusive Nutzung sowie Seminar- und Schulungsräume. Zwar sei man durch Corona erst einmal ausgebremst worden, Seminaranbieter hätten dagegen verstärkt Veranstaltungen in die Moststraße verlegt. Die Kunden seien ganz unterschiedlich, darunter auch Menschen, die "wenig Lust auf Homeoffice mit dem Bügelbrett als Schreibtisch" hätten. Im Coworking Space arbeiten beispielsweise IT-Experten, eine Ärztin, die ihre Buchhaltung dort erledigt, und ein Rechtsanwalt, der seine Mandanten im Besprechungsraum empfängt.

In der Kleeblattstadt findet sich auch das Work in Fürth (www.workinfuerth.de) der Brandad Systems AG. Als Besonderheiten werden dort ein Video-, Podcast- und Fotostudio mit professioneller Ausstattung sowie ein komplett ausgestattetes "UX Labor" angeboten. In diesem Speziallabor lassen sich beispielsweise Produktentwürfe, Prototypen oder Apps mit sogenannten Usability-Tests auf ihre Nutzerfreundlichkeit überprüfen. Die Reaktionen der Tester auf die jeweiligen Produkte werden u. a. per Augenverfolgung (Eye-Tracking) aufgezeichnet und per Video zum Arbeitsplatz des Beobachters übertragen.

Zu den Sonderfällen in Sachen Coworking gehört das neue IT-Gründerzentrum Zollhof (siehe Artikel unten): Dort gibt es auch Arbeitsplätze, die man kurzfristig anmieten kann. Diese sind allerdings ausschließlich für IT-Start-ups gedacht, die keine festen Zollhof-Mieter sind, aber zeitweise in der Community "coworken" wollen. Ein weiterer Spezialfall ist das kostenlose Coworking im Media Lab Ansbach (https://ansbach.media-lab.de): Wer an einem innovativen Projekt rund um digitale Medien arbeitet, kann sich mit oder ohne Team dort um einen Platz bewerben.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2020, Seite 26

 
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