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CardiLink

Damit der "Defi" im Notfall nicht defekt ist

CardiLink © Thomas Tjiang

Lars Wassermann, Gründer und Geschäftsführer von CardiLink mit Marketing-Kollegin Michelle Baker-Duly.

Die Technik des Erlanger Unternehmens ermöglicht die Fernwartung von medizinischen Geräten wie Defibrillatoren.

Zum Jahreswechsel ist die CardiLink GmbH von Erlangen nach Fürth umgezogen und hat damit einen symbolischen Akzent gesetzt: Vom sechsten Stockwerk des modernen Büroneubaus GS 28 aus – GS 28 steht für Gebhardtstraße 28 – kann Gründer und Firmenchef Lars Wassermann seinen Blick über die Dächer der Stadt schweifen lassen. Das passt zur Geschäftsstrategie der Medtech-Firma: Der Jungunternehmer hat internationale Märkte im Fokus. Die Lust auf die Selbstständigkeit kam bei Wassermann bereits während des Studiums zum Wirtschaftsingenieur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf. Seine Masterarbeit hat er dann extern bei einem Erlanger Medizintechnik-Unternehmen verfasst. Der Kontakt mit Unternehmern habe ihn positiv beeinflusst, berichtet der 31-Jährige. Dazu zählt auch der Austausch mit Prof. Dr. Armin Bolz, der u. a. das Erlanger Medizintechnik-Unternehmen Corscience gegründet hatte und dafür 2004 mit dem IHK-Gründerpreis ausgezeichnet wurde.

Zunächst prüfte der damalige Student die Geschäftsidee, einen eigenen mobilen Defibrillator zur Wiederbelebung bei Herzstillständen zu bauen. Doch hohe Entwicklungskosten und lange Genehmigungszeiten schreckten ihn ab. Er stieß aber auf ein anderes Problem, das zu lösen war: Denn die sogenannten automatischen externen Defibrillatoren (AEDs) sind zwar mittlerweile gut in Flughäfen, an vielen öffentlichen Plätzen und in Büros zu finden. Allerdings gehen Studien davon aus, dass knapp ein Drittel der Geräte im Ernstfall gar nicht funktioniert. Sei es, dass diese medizinischen Geräte defekt sind, nicht gewartet wurden oder wegen Diebstahl gar nicht vorhanden sind. Auch deshalb, so betont Wassermann, verlaufe der plötzliche Herzstillstand in 90 Prozent der Fälle tödlich. Für die EU bedeutet das: Jedes Jahr sterben 450 000 Menschen am plötzlichen Herztod.

Wer einer Person mit plötzlichem Kammerflimmern helfen will, benötigt Informationen darüber, wo ein Defibrillator zu finden ist und ob dieser zugänglich und einsatzbereit ist. Diese Informationslücke will Wassermann mit einer ausgeklügelten Technik schließen – das war auch die Kernidee für sein Start-up CardiLink, das er zum Ende seines Studiums 2016 gründete. Zum Konzept gehört auch eine App, die die Nutzer zum nächstgelegenen Defibrillator führt. Konkret setzt das Medtech-Unternehmen auf eine automatische Vernetzung und Überwachung von AEDs. Hierfür werden intelligente, batteriebetriebene Sensorchips eingesetzt, die über GPS-Funktechnologie in Echtzeit Daten liefern. Auf diese Weise kann über die CardiLink-Cloud kontrolliert und abgerufen werden, ob die Geräte hundertprozentig verfügbar sind. Möglich ist auch, dass bei einem Einsatz automatisch Daten an registrierte Rettungsdienste übertragen werden.

CardiLink-Technik weltweit im Einsatz

Am globalen Markt für AEDs tummeln sich etwa 40 Hersteller, der Großteil des Marktes wird allerdings von fünf Anbietern dominiert. Die CardiLink-Technologie wird teilweise bereits in die Geräte integriert. Dieses "CardiLink inside" könnte einmal ein weltweites Qualitätsmerkmal werden, hofft Wassermann. Derzeit ist seine Technik in mehr als 20 Ländern auf drei Kontinenten im Einsatz, neben Europa und Südamerika auch in Taiwan und Indonesien.

Alleingeschäftsführer Wassermann holte von Anfang an zwei Business Angels mit an Bord, die zum einen spezifisches Branchen-Know-how und ein entsprechendes Netzwerk mitbrachten. Zum anderen sorgten die Geldgeber für das notwendige Kapital für Entwicklung, Markteintritt und operatives Geschäft. Das Medtech-Unternehmen setzt wie mittlerweile marktüblich nicht auf Software-Verkäufe, sondern auf ein Mietsystem, das sogenannte "Software as a Service" (SaaS). Damit rückt die Dienstleistung stärker in den Vordergrund: CardiLink kümmert sich darum, dass die Software reibungslos funktioniert und bietet weitere Datenservices an. Hierzu wird zum einen eine Herstellerlizenz für die Nutzung der Software und zum anderen eine Lizenz für die einzelnen Geräte vergeben. Dafür muss CardiLink auch bei jedem neuen Gerätemodell gegebenenfalls seine Software anpassen. Mit diesem Konzept hat das Erlanger Unternehmen im abgelaufenen Jahr knapp eine halbe Mio. Euro umgesetzt. Man weise bereits einen Bilanzgewinn aus, freut sich Wassermann. Für das Jahr 2021 rechnet er mit einer Verdopplung der Umsätze auf eine Mio. Euro. Die Zahl der Mitarbeiter soll im gleichen Zeitraum von sechs eigenen und drei externen Software-Spezialisten auf zehn Beschäftigte und fünf Externe steigen.

Erleichterung für Prüfung und Wartung

Für die Technik seiner "Health & Safety-Firma" nimmt der Wirtschaftsingenieur bereits neue Märkte ins Visier. Im Medizinbereich könnten außerhalb von Krankenhäusern z. B. Insulinpumpen bei den Patienten zuhause überwacht werden. Darüber hinaus sieht Wassermann auch Einsatzmöglichkeiten im Bereich Gebäudemanagement. In großen Bürogebäuden sei es nahezu unmöglich bzw. zu aufwändig, manuell zu überprüfen, ob die Erste-Hilfe-Kästen noch unberührt oder die Feuerlöscher einsatzfähig sind. Auch das könnte ein weiteres Einsatzfeld sein, damit die Gebäudemanager bei der Dokumentationspflicht entlastet werden.

Für CardiLink hat es Wassermann zufolge als Start-up viele Vorteile gehabt, im Medical Valley Center zu beginnen, dem Erlanger Gründerzentrum für Unternehmen aus der Medizintechnik. So könne man z. B. trotz eines vergleichsweise kleinen Büros Kunden in einem großen repräsentativen Konferenzraum empfangen. Hilfreich seien auch der Austausch mit anderen Branchenunternehmen sowie der Kontakt zu anderen Medtech-Gründern gewesen. Für die Außenwirkung sei es auch förderlich gewesen, dass sich Erlangen angesichts der vielen Medtech-Unternehmen als "Medical Valley" positioniert habe. Die Firma kam zudem in den Genuss des bayerischen Förderprogramms "Technologieorientierte Unternehmensgründungen" ("BayTOU") und im vergangenen Jahr profitierte das Unternehmen von einem Innovationsprogramm der KfW.    

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2021, Seite 64

 
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