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Wasserstoff

Wird’s noch grüner?

Wasserstoff-wirdsnochgruener © style-photography-1285917384 | gettyimages

Die Energiewende nimmt weltweit Fahrt auf: IHK-Webinar zeigte Geschäftschancen im Wasserstoff-Sektor auf.

Vielen gilt Wasserstoff als Energieträger der Zukunft, der bei der Reduzierung von Treibhausgasen und beim Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle spielen könnte. Deshalb investieren viele Staaten und Unternehmen massiv in Forschung und Entwicklung von Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technik. Ein wichtiges Ziel der Bemühungen ist es auch, effiziente Wertschöpfungsketten zu bilden – von der Erzeugung des Wasserstoffs über den Transport bis zu innovativen Anwendungen. Das Webinar "Wasserstoffwirtschaft – Geschäftschancen weltweit", das die IHK Nürnberg für Mittelfranken mit Unterstützung des Zentrums Wasserstoff Bayern (H2.Bayern) in Nürnberg abhielt, gab einen Überblick über aktuelle Entwicklungen.

Quentin Blommaert von Germany Trade & Invest (GTAI), der Gesellschaft für Außenwirtschaftsförderung der Bundesrepublik Deutschland, machte auf einen entscheidenden Aspekt aufmerksam: Für die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff (Elektrolyse) würden bisher weltweit hauptsächlich fossile Energieträger, in der Regel Gas, eingesetzt („grauer Wasserstoff“). Soll Wasserstoff tatsächlich zum Klimaschutz beitragen, müsste für die Elektrolyse jedoch ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen ("grüner Wasserstoff"). Nur dann kann der Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und zur Dekarbonisierung in Bereichen wie Mobilität, Industrie und Gebäuden beitragen. Ein wichtiges Ziel der internationalen Aktivitäten ist es zudem, Wasserstoff als Puffer zu verwenden, um damit das gesamte Energiesystem stabiler zu machen und Schwankungen auszugleichen.

Die GTAI stellt fest, dass immer mehr Länder Wasserstoff-Strategien entwickeln und dass die Zahl der internationalen Wasserstoff-Partnerschaften steigt. Im Mittelpunkt stehen Kooperationen zwischen eher dünn besiedelten Schwellenländern, die aber günstige Voraussetzungen für Solar- und Windenergie haben, und Industriestaaten, die in hohem Maße auf Energieimporte angewiesen sind. "Der Ausbau von Wasserstoff-Technologien und der Ausbau der erneuerbaren Energien gehen Hand in Hand", beschreibt Blommaert die Entwicklung in den letzten Jahren. Weitere Schwerpunkte der internationalen Zusammenarbeit und Forschungsanstrengungen seien die Bereiche Transport (z. B. Verflüssigung von Wasserstoff) und Infrastruktur (z. B. Häfen, Pipelines).

Japan und Südkorea

Gute Beispiele für einen strategischen Ansatz in der Wasserstoffwirtschaft seien Japan und Südkorea, wie Jana Narita von der Denkfabrik Adelphi in Berlin ausführte. Adelphi ist auf die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz spezialisiert und unterstützt die Bundesregierung bei deren Wasserstoff-Partnerschaften mit Japan und Südkorea. Beide Länder sind fast vollständig von Energieimporten abhängig und sehen Wasserstoff als einen Weg, um diese Abhängigkeit drastisch zu reduzieren. Gleichzeitig wollen sie die Technologieführerschaft in Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien ausbauen. Führend seien sie bereits bei Anwendungen in der Mobilität (z. B. mit Wasserstoff betriebene Pkw, Züge und Schiffe) und für die Energieversorgung von Gebäuden, so Narita.

Im Gegensatz zu Deutschland stehe der Klimaschutz jedoch nicht so stark im Mittelpunkt der Wasserstoffstrategien beider Länder, weshalb sie bisher noch mehr auf „grauen“ Wasserstoff setzen. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Während Deutschland eine starke Wasserstoffproduktion im Inland aufbauen will, setzen Japan und Südkorea auch aus Kostengründen einen Akzent auf den Import. Deshalb arbeiten sie seit Längerem daran, leistungsfähige Wasserstoff-Lieferketten aufzubauen. "Bei der Entwicklung von Schiffen für den Transport von Wasserstoff sind Japan und Südkorea führend", so Narita. Deutschland habe aber im Vergleich der drei Länder in einigen Forschungsfeldern die Nase vorn, beispielsweise bei der Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff zur Stabilisierung der Energienetze (sogenannte Power-to-X-Technologien). Doch auch in Japan, wo Fukushima – Ort der nuklearen Reaktorkatastrophe von 2011 – zu einem Zentrum der Wasserstoffforschung ausgebaut wird, wachse durchaus die Erkenntnis, dass dem Klimaschutz noch größere Bedeutung beigemessen werden müsse.

Internationale Energiepartnerschaften

Bei den Energiepartnerschaften der Bundesrepublik mit Japan und Südkorea geht es deshalb auch um Themen wie Power-to-X, Technologien für die Erzeugung von "grünem" Wasserstoff und Anwendungen in der Industrie (z. B. Stahlproduktion). Gegenstand der Partnerschaften sind über den Wasserstoff hinaus weitere Aspekte der Energiewende wie etwa Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Eingebunden in die Energiepartnerschaften mit einer Reihe von Ländern sind die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs), die in den letzten Jahren ihr Engagement in diesem Bereich stark ausgeweitet haben (siehe Meldung zu Wasserstoff-Partnerschaften).

Dr. Christian Geltinger, der die Repräsentanz des Freistaat Bayerns in Tokio leitet, unterstrich ebenfalls, dass die japanische Industrie das wirtschaftliche Potenzial der Wasserstoffwirtschaft längst erkannt habe. Dies wurde im vergangenen Jahr durch die Gründung einer Wasserstoff-Initiative unterstrichen, an der sich zahlreiche prominente Unternehmen beteiligen. Die geplanten Olympischen Spiele in Tokio sollen demonstrieren, wie sich Wasserstoff-Technologien schon heute in der Praxis einsetzen lassen. So werden die Fahrzeuge auf dem Olympia-Gelände mit Wasserstoff betrieben und die Energieversorgung des Olympischen Dorfs basiert ebenfalls auf Wasserstoff.

Sieglinde Sautter von Bayern International – der Gesellschaft des Freistaats für die Außenwirtschaftsförderung – erläuterte bei dem IHK-Webinar, wie mittelständische Unternehmen den japanischen Markt erschließen und Geschäftspartner finden können. Ein wichtiges Instrument sei das Bayerische Messebeteiligungsprogramm, das die kostengünstige Präsentation auf einem bayerischen Gemeinschaftsstand ermöglicht. Ein Beispiel für eine solche Messebeteiligung ist die FC Expo vom 3. bis 5. März in Tokio – eine Fachmesse für Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie, an der in diesem Jahr voraussichtlich Corona-bedingt keine ausländischen Besucher teilnehmen können. Für sie werden aber virtuelle Kontaktbörsen eingerichtet, auch Poster-Stände sind auf der diesjährigen FC Expo möglich.

Autor/in: 

(bec.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2021, Seite 23

 
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