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Kunststofftechnik Jantsch

Von Nürnberg nach Stein und wieder zurück

Kunststofftechnik Jantsch © Klaus Leonhard

Anstehender Generationenwechsel: Wieland Loh (r.) mit seiner Frau Florence Letellier-Loh und seinem Sohn Stephan Loh.

Vor 40 Jahren übernahm Wieland Loh in seiner Firma das Ruder und wandelte sie zu einem modernen Kunststoffteile-Hersteller.

Den vergangenen Jahreswechsel konnte man wegen Corona nicht wirklich feiern – doch Wieland Loh hatte trotzdem einen Grund, um anzustoßen. Denn seit mittlerweile vier Jahrzehnten leitet er die heutige Kunststofftechnik Jantsch GmbH in Nürnberg und hat damit einen Großteil der Unternehmensgeschichte geprägt. Deren Anfänge gehen auf das Jahr 1952 zurück, als das Ehepaar Franz und Auguste Jantsch die Elektro-Isolierteile-Fabrik F. u. A. Jantsch in einem Hinterhof in der Nürnberger Südstadt gründete. Das Einzelunternehmen, das anfangs nur aus den beiden Inhabern bestand, konstruierte zunächst Elektrobauteile. Nach einigen Jahren baute Jantsch eigene Spritzgießmaschinen und fertigte damit kleinere Bauteile für elektrotechnische Anlagen selbst. Nach einem Umzug kam Mitte der 60er Jahre schließlich noch ein eigener Formenbau dazu.

Ende der 70er Jahre hatte das Unternehmen sieben Mitarbeiter, aber keinen Nachfolger – der Sohn der Inhaber wollte die inzwischen zur KG umgewandelte Firma nicht übernehmen. Deshalb fragte er seinen ehemaligen Studienkollegen Wieland Loh, der als technischer Berater tätig war, ob dieser einen Käufer wisse. "Da ich mich schon immer selbstständig machen wollte, habe ich mich nach genauer Prüfung entschlossen, den Betrieb selbst zu übernehmen", erzählt der Wirtschaftsingenieur, der aus einer Unternehmerfamilie stammt. Also gründete er 1980 eine GmbH, in der er ab 1981 die Tätigkeit der Franz Jantsch KG fortführte. Parallel dazu war Loh auch noch Partner in einer Beratungsgesellschaft im Rheinland. Doch beides zusammen ließ sich schwer vereinbaren. "Also habe ich mich entschlossen, einen klaren Schnitt zu machen, nach Nürnberg zu ziehen und mich ganz auf die Franz Jantsch GmbH zu konzentrieren", sagt Loh.

Nach einer schweren Phase, in der das Unternehmen um das Überleben kämpfte, schaffte Loh nach etwa vier Jahren schließlich die Wende. "Von da an ging es stetig aufwärts", so der Unternehmer im Rückblick. Es folgte ein Umzug nach Stein, die Umbenennung in Kunststofftechnik Jantsch GmbH und die Übernahme eines insolventen Wettbewerbers mit ähnlichem Portfolio. Zunächst produzierten die 15 übernommenen Mitarbeiter von Siscoform am alten Standort weiter. Doch die Integration gestaltete sich schwieriger als geplant. "Die Qualität stimmte einfach nicht", sagt Loh. Als sich die Gelegenheit ergab, eine Immobilie in Gebersdorf gleich neben dem Südwestpark zu erwerben, griff der Unternehmer zu und legte 2005 die Betriebsteile am neuen Ort zusammen.

Stetiges Wachstum

Mit Erfolg: Das Unternehmen ist über die Jahre hinweg stetig gewachsen. Die inzwischen 80 Mitarbeiter setzten 2020 trotz Corona rund 9,5 Mio. Euro um – nach elf Mio. Euro im Jahr 2019. "Aktuell arbeiten wir auch wieder im Drei-Schicht-Betrieb", berichtet Loh. Heute fertigt das Unternehmen Präzisionskunststoffteile vor allem für Automobil-Zulieferer sowie Kunden aus den Bereichen Elektrotechnik und Elektronik, Medizintechnik, Luftfahrt, Optik und Feinmechanik. 50 bis 60 Mio. Teile verlassen jedes Jahr das Werk. "Wir produzieren derzeit über 2 500 verschiedene Kunststoffteile mit 1 200 Werkzeugen", erläutert der Inhaber.

Heute liefert die Kunststofftechnik Jantsch in fast alle europäischen Länder sowie nach Nordamerika und Fernost. Der Exportanteil liegt mittlerweile bei etwa einem Drittel. Der Hersteller bildet dabei die gesamte Lieferkette ab: von Produktentwicklung und Entwurf neuer Kunststoffteile über die schnelle Erstellung von Prototypen und den Formenbau bis zur Serienproduktion der Kunststoffteile. Eigene Produkte fertigt das Unternehmen nicht: "Wir liefern kleine und große Serien für Kunden und auch die Formen bauen wir im Auftrag unserer Geschäftspartner." Insgesamt fast ein Fünftel des Umsatzes macht dieser Bereich heute aus, zwei Prozent entfallen auf die Entwicklung und das Prototyping.

Insgesamt 29 Spritzgießmaschinen mit einer Schließkraft von 180 bis 2 200 Kilonewton, 14 Roboter, drei Zwei-Komponenten-Maschinen sowie eine automatische optische Teileprüfung mit Kamera- und Laser-Systemen gehören heute zum Maschinenpark. Für die Fertigung von optischen Teilen hat Jantsch auch eine eigene Reinraumzelle. Und der Formenbau ist klimatisiert, um die Qualität abzusichern: Die produzierten Kunststoffteile sind dann auf ein Hundertstel genau.

Gegen Wettbewerber, die besonders auch aus Niedriglohnländern kommen, setzt Loh vor allem auf technische Kompetenz und Qualität: "Wir fertigen heute hoch präzise und anspruchsvolle Teile", so der Chef. "Dazu bieten wir unseren Kunden einen breiten Service." Hierzu gehören Beratung für die Fertigung, Optimierung der Bauteile, Simulationsrechnungen bei der Entwicklung und Erstellung von Prototypen per 3D-Druck und Vakuumgießen. Die Fachleute der Nürnberger Firma unterstützen ihre Kunden bei der Entwicklung neuer Teile, um diese spritzgießgerecht auszulegen. Außerdem erstellen sie Analysen, um die Bauteile und deren Herstellung zu optimieren.

Vielfältige Produktion von Kunststoffteilen

Verarbeitet werden nahezu alle thermoplastischen Kunststoffe, einschließlich Hochtemperatur-Werkstoffe mit Dauergebrauchstemperaturen bis über 200 Grad Celsius sowie thermoplastische Elastomere. Außerdem kann das Unternehmen Zwei-Komponenten-Teile fertigen, also Produkte, die aus verschiedenen Kunststoffen bestehen. Das können Gehäuseteile mit Klarsichtfenstern sein oder Hart-Weich-Kombinationen und zweifarbige Teile. "Darüber hinaus können wir auch elektronische Schaltungen witterungsgeschützt vergießen oder Einlegeteile aus Metall umspritzen", erläutert der Geschäftsführer. Die obere Grenze liegt derzeit bei Bauteilen von etwa 400 Gramm. Auch winzige Produkte kommen bei Jantsch aus den Maschinen: "Das kleinste Teil, das wir produziert haben – ein Spulenkörper für ein Hörgerät – hat weniger als ein Tausendstel Gramm gewogen", so der Wirtschaftsingenieur.

"Die Richtung stimmt heute, der Bedarf für unsere anspruchsvollen Produkte ist am Markt vorhanden", ist sich Loh sicher. "Daher freuen wir uns, dass wir nach dem schwierigen Jahr 2020 jetzt wieder Wachstum erkennen können." Deshalb denkt der Unternehmer auch schon über weitere Expansionsmöglichkeiten nach. Und auch die Nachfolge ist geregelt: Sohn Stephan arbeitet seit einigen Jahren im Unternehmen mit und steht bereit, die Geschäftsführung zu übernehmen.

Autor/in: 

(leo.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2021, Seite 62

 
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