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Gesundheitsmanagement

Fit durch die Krise

WiM_0321_Illu_web © Anton Atzenhofer

Wie kann das betriebliche Gesundheitsmanagement in Corona-Zeiten gestaltet werden? Beispiele aus mittelfränkischen Unternehmen.

In den letzten Jahren haben viele Unternehmen in ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) investiert, um die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu fördern. Das kommt den Mitarbeitern zugute, aber auch den Betrieben, denn die Fehlzeiten sinken, die Fluktuation wird oft geringer und die Attraktivität als Arbeitgeber nimmt zu. Durch die Corona-Pandemie steht das BGM allerdings vor besonderen Herausforderungen, denn der klassische Büroarbeitsplatz wurde häufig in das Homeoffice verlagert. Das schneidet viele Arbeitnehmer von BGM-Angeboten ab, die sonst in den Räumen der Unternehmen stattfinden. Diese Bruchstelle überbrückt eine Reihe von Betrieben mit digitalen Hilfsmitteln, sowohl was Gesundheitsinformationen als auch Bewegungsangebote angeht.

Die Richard Bergner Holding GmbH & Co. KG (Ribe) in Schwabach, Hersteller von Verbindungselementen, technischen Federn und Elektroarmaturen, hat sein BGM vor 20 Jahren mit ersten Rückenkursen begonnen. Heute verfügt das Familienunternehmen über ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement, das gerade von der AOK Bayern als "Gesundes Unternehmen" mit dem Gold-Standard zertifiziert wurde. Es beruht auf fünf Säulen, wie Christian Maul, Teamleiter Personal- und Organisationsentwicklung, berichtet. Neben der klassischen Gesundheitsförderung, gehören auch die Bereiche Arbeitssicherheit und Umwelt, Personalbetreuung, Eingliederungsmanagement (BEM) sowie Suchtprävention dazu.

Von den rund 1 000 Mitarbeitern an den Standorten Schwabach und Roth sind 450 in der Produktion beschäftigt. Das BGM-Engagement habe sich für Ribe gelohnt, so Maul, der von einer geringen Fluktuation und Krankenquote sowie einer hohen Arbeitgeberattraktivität berichtet. Die 30 BGM-Angebote – von Sportaktivitäten wie Rückenschule, Triathlon und Yoga über Gesundheitstage bis zu Vorsorgethemen – seien vor der Corona-Pandemie von rund 60 Prozent der Beschäftigten wahrgenommen worden. "Wir können uns gut mit anderen Unternehmen messen", erklärt Maul. Firmen aus dem Großraum würden immer wieder bei Ribe anklopfen, um sich vor Ort ein Bild von deren Konzept zu machen.

Doch Corona zwang dazu, die Angebote anzupassen: Das Pandemie-Management für die global aktive Ribe-Gruppe kümmert sich zentral um Vorgaben und Schutzbestimmungen. Außerdem werden die Standorte im In- und Ausland kontinuierlich per Intranet und mit einem speziellen Führungskräfte-Briefing über Corona, Risikoländer und andere aktuelle Entwicklungen informiert.

Mit dem Aufkommen der Corona-Pandemie wurde der "Ribe-Aktiv-Raum" für die Gesundheitsförderung geschlossen. Derzeit werden für die Mitarbeiter stattdessen Online-Kurse via Intranet angeboten. Zusätzlich wird eine spezielle App entwickelt, damit die Mitarbeiter im Homeoffice ihre Kurse daheim durchführen können. Für die psychologische Betreuung wurde mit einem externen Spezialisten ein telefonisches Angebot eingerichtet. Nach der Delle im vergangenen Jahr hofft Maul, dass sich die Angebote wieder auf dem hohen Niveau von 2019 einpendeln. Zusätzlich wird das Thema "Mentale Fitness" in das Online-Angebot aufgenommen. Außerdem könne man über Vorsorgethemen wie zum Beispiel die Darmkrebsvorsorge auch informieren, wenn die Mitarbeiter im Homeoffice tätig sind.

Das Nürnberger Familienunternehmen Bermüller& Co GmbH beschäftigt sich seit 2016 mit BGM. Ein zentraler Impuls war der Verbesserungsvorschlag eines Azubis, den rund 50 Mitarbeitern kostenlos Obst zur Verfügung zu stellen. Aus Einzelmaßnahmen hat sich mittlerweile ein eigenes BGM-Konzept entwickelt, das von der AOK Bayern ebenfalls mit dem Zertifikat "Gesundes Unternehmen" belohnt wurde. Heute gibt es neben frischem Obst beispielsweise auch eine Massage für Mitarbeiter, die am Schreibtisch tätig sind und den Schulter-Nacken-Bereich entspannen möchten. Für eine aktive Mittagspause werden Bewegung mit Thera-Bändern oder Nordic Walking angeboten. In der "entspannten Mittagspause" gibt es Angebote zur progressiven Muskelentspannung (PME).

Kochkurse für Azubis sollen Lust auf gesunde Ernährung machen und zu Bewegung motiviert die Aktion "Mit dem Rad zur Arbeit" der AOK und des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Alljährliche Gesundheitstage informieren Beschäftigte über unterschiedliche Themen wie etwa den Umgang mit psychischen Belastungen und Stress. Außerdem nahm das europaweit aktive Handelsunternehmen für Spezialbaustoffe einzelne Arbeitssituationen unter die Lupe, um unnötige Belastungen zu vermeiden.

"Mit Corona hat sich viel verändert", berichtet Daniela Belz, die bei Bermüller die BGM-Aktivitäten koordiniert. "Die Präsenz-Angebote für Gruppen müssen pausieren." Aus ihrer Sicht ermöglicht das umfassende Hygiene- und Lüftungskonzept – inklusive der räumlichen Entzerrung der Büroarbeitsplätze – den Mitarbeitern, weiterhin am Stammsitz zu arbeiten. "Das vermeidet psychische Belastungen, die gerade durch die Isolation im Homeoffice entstehen." Verständnis für die außergewöhnliche Belastung im Homeoffice zeige auch Geschäftsführer Stefan Bermüller, der zweimal die Woche seine Tochter im Grundschulalter beschult.

Belz unterstreicht, dass die BGM-Idee auch bereits gut in den Köpfen der Mitarbeiter verankert sei. Ein Mitarbeiter gehe in der Mittagspause joggen, drei radeln nach wie vor zum Arbeitsplatz und einer lockert seine Muskeln mit einem Hulahoop-Reifen. Es habe sich auch eine kleine Gruppe zusammengefunden, die in der Pause ihre Dehnübungen im Freien absolviert. Mittlerweile gibt es ein digitales Angebot einer PME-Trainerin, an dem sich Mitarbeiter im Büro oder im Homeoffice beteiligen können. Zusätzlich versorgt Belz die Beschäftigten über das Intranet verstärkt mit Infos zu Gesundheit, Ernährung und Ergonomie im Homeoffice.

Auch bei der Nürnberger Versicherungsgruppe gab es schon vor Corona im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements ein breites Bündel an Angeboten. Dazu zählen Kurse für Bewegung in über 20 Sportarten, Vorträge zur gesunden Ernährung und entsprechende Rezepte im Intranet, Seminare für die mentale Gesundheit und Entspannungskurse sowie ergonomische und medizinische Unterstützung. Außerdem gehören regelmäßige Gesundheitstage und das "Nürnberger Firmenfahrrad" fest ins Angebot.

Die größten Einschnitte gab es durch Corona bei den Angeboten zum Thema Bewegung. Der Bewegungs- und Entspannungsraum wurde Corona-bedingt geschlossen, größere Veranstaltungen wie der "FunRun" fielen aus. Dafür wurden zahlreiche digitale Angebote etabliert, die gut angenommen werden. Von den rund 3 000 Beschäftigten im Nürnberger "Business Tower" kommen derzeit nur rund 20 Prozent ins Büro. So bieten Trainer unter dem Motto "fit@home&office" regelmäßig kurze Einheiten über das Videotelefonie-Tool Circuit an, an denen Mitarbeiter von zu Hause oder aus dem Büro teilnehmen können. Auch ein Jonglierkurs, Schreibtisch-Yoga und ein Online-Entspannungskurs werden im Intranet kommuniziert. Zusätzlich werden in Kürze Übungen für Dehnung, Mobilisierung und Kräftigung ins Intranet gestellt. Sie sollen zeigen, wie sich Bewegungsübungen am Arbeitsplatz unkompliziert und ohne festen Termin in den Tagesablauf einbinden lassen.

Statt des "FunRuns" hat die Nürnberger 2020 einen eigenen "CoRun" veranstaltet: Unter dem Motto "Jeder für sich, aber keiner alleine!" konnten sich die Mitarbeiter in einer zwölfwöchigen Vorbereitungsphase mit einem Trainingsplan für einen Fünf- oder Zehn-Kilometer-Lauf fit machen. In der Woche des eigentlichen Laufs absolvierte dann jeder Teilnehmer seine Strecke allein und hielt das Ergebnis in seiner Tracking-App fest. Das Konzept ist angekommen, denn am "CoRun" haben 116 Mitarbeiter teilgenommen – mehr als in den letzten Jahren am "FunRun". Auch Vorträge, zum Beispiel zum Thema Resilienz oder Ernährung, wurden online angeboten. Sie stehen auf der internen Lernplattform für die Mitarbeiter zur Verfügung. Im Intranet finden sich auch Tipps für die ergonomische Gestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes. Außerdem gibt es ein digitales Beratungsangebot bei psychischen Belastungen. Kurz vor der Einführung steht die hauseigene App "Coach:N": Mit ihr können die Mitarbeiter kostenlos, jederzeit und überall an Gesundheitscoachings aus den Bereichen Ernährung, Abnehmen, Muskelaufbau oder Stressreduktion teilnehmen.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2021, Seite 32

 
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