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Gewerbeimmobilien-Markt

Wo ist noch was frei?

Gewerbeimmobilien The Q erhält Baugenehmigung Gerchgroup FOTO Perspektive Fürther Strasse PM_02_06_2021 © Gerchgroup

Mega-Projekt „The Q“: So soll der frühere Quelle-Komplex in der Fürther Straße nach der Revitalisierung aussehen.

Die Nachfrage nach Flächen für Büro, Gewerbe und Logistik bleibt hoch in der Region – der Pandemie zum Trotz.

Der mittelfränkische Büro- und Gewerbeimmobilienmarkt befindet sich im zweiten Jahr unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Dabei wirkt das Corona-Virus in unterschiedlicher Weise: Als offensichtlicher Beschleuniger wirkt es beispielsweise bei Logistikimmobilien, weil der Online-Handel wegen des langen Lockdowns des Einzelhandels boomte. Der Büromarkt hat teilweise eine Verschnaufpause eingelegt, Neubauflächen und Vermietungen wachsen langsamer. Zu den Verlierern gehören manche Vermieter von Einzelhandelsimmobilien in den Innenstädten, die sich teilweise mit geringeren Mietbeträgen zufriedengeben mussten. Auch die Euphorie beim Hotelneubau ist im Schatten ausbleibender Messebesucher spürbar abgekühlt.

Allerdings gibt es in den einzelnen Immobiliensparten teilweise ein Stadt-Land-Gefälle. Im Städtedreieck ist die Nachfrage nach Büros und Geschäften etwas deutlicher abgeklungen als beispielsweise in Ansbach oder Schwabach. Die Logistiker drängen dagegen angesichts fehlender Flächen immer weiter in das Umland. Martina Stengel, Immobilienexpertin der IHK Nürnberg für Mittelfranken, rechnet damit, dass die Nachfrage nach zusätzlichen Büro- und Gewerbeflächen langfristig anhalten wird: „Die Bevölkerung nimmt zu, deshalb brauchen auch die Unternehmen Platz zum Wachsen. Und die nötige Infrastruktur muss damit Schritt halten.“

Immobilien-Investments in Nürnberg

Für Nürnberg als größten Immobilien-Teilmarkt legt die Nürnberger Küspert & Küspert Immobilienberatung GmbH & Co. KG alljährlich den „Marktbericht Investment“ vor. Das Ergebnis hat Geschäftsführer Wolfgang P. Küspert diesmal überrascht: Zwar sanken die Investments im Jahr 2020 um über ein Viertel auf 1,56 Mrd. Euro. Trotzdem liegt der 2020er-Wert deutlich über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Das ist für Küspert angesichts eines mehr als zweimonatigen harten Lockdowns ein starkes Ergebnis. Die Käufer seien zu zwei Dritteln institutionelle Anleger – überwiegend deutsche Fondsgesellschaften, aber auch Kapitalanleger aus den USA oder Kanada schätzten den Standort Nürnberg. Auf der Verkäuferseite identifiziert der Marktbeobachter zu zwei Dritteln Projektentwickler. Zu den größeren Investments gehören 2020 ein Forward Deal auf dem einstigen Quelle-Areal The-Q, ein Teilverkauf des Businessparks „Auf AEG“ sowie der Eigentümerwechsel des Schöller-Areals am Nordring und des einstigen GfK-Areals am Nordwestring.

Innenhof des früheren Quelle-Areals: Die Gerchgroup gestaltet den riesigen denkmalgeschützten Komplex um, in dem Behörden, Geschäfte und Wohnungen Platz finden werden. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Die Assetklasse Büro erweist sich mit 739 Mio. Euro als Treiber der hohen Investments. Der Anteil am Nürnberger Markt sinkt allerdings von zuvor 53 Prozent auf nun 47 Prozent. Dafür kann das gewerbliche Segment Wohnen einen Zuwachs um das Zweieinhalbfache verbuchen und erzielt ein Rekordvolumen von 493 Mio. Euro (Anteil jetzt 31 Prozent des Nürnberger Gewerbeimmobilienmarktes). Für Küspert kommt das nicht unerwartet: „Es ist ein Invest in einen sicheren Hafen und ein Reflex auf Krisenzeiten.“ Gerade große Investoren aus der Versicherungs- und Bankenbranche hätten Nürnberg für sich entdeckt. Entsprechend laufe das Geschäft der Bauträger „hervorragend“, die ihre Projekte am Stück an institutionelle Anleger verkaufen. Angesichts steigender Nachfrage und knapper Grundstücke seien die Kaufpreise auf ein neues Rekordniveau gestiegen, das sich verzögert auch auf die Mietpreise niederschlagen werde. „Die ersten Top-Wohnungen sind mit einem Quadratmeterpreis von 10 000 Euro auf den Markt gekommen.“

Vergleichsweise klein, aber mit wachsender Tendenz fallen die Sparten Industrie und Logistik (Investitionen von 129 Mio. Euro) sowie Projektentwicklungs-Grundstücke (Investition: 161 Mio. Euro) aus. Starke Einbußen verzeichnet das Segment Hotel, das nach einem außergewöhnlichen Jahr 2019 mit 333 Mio. Euro auf einen Bruchteil zusammengeschmolzen ist (10 Mio. Euro). In Nürnberger Einzelhandelsimmobilien wird grob mit 29 Mio. Euro nur noch ein Fünftel des Vorjahreswertes investiert. Wer solide finanziert ist und nicht zu den aktuell schlechteren Preisen verkaufen muss, hält laut Küspert an seinen Objekten fest. Für Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas ist das allerdings nur eine „Momentaufnahme“. Auch wenn die Nachfrage nach Objekten in den Assetklassen Einzelhandel und Hotel drastisch gesunken sei, bedeute dies keine dauerhafte Schockstarre. Fraas ist überzeugt: „Die Qualitäten Nürnbergs als zentrenstarke Einkaufsstadt, als Messestandort und Reisedestination sind weiterhin vorhanden und werden auch nach der Pandemie wieder überzeugen.“

In diesem Jahr kommen in Nürnberg rund 37 000 Quadratmeter neue Büroflächen hinzu, im Vorjahr waren es noch 56 000 Quadratmeter. Die Vermietungsquote fällt unter 50 Prozent und erhöht damit auch den Büroleerstand auf rund 135 000 Quadratmeter. Die leicht von drei auf vier Prozent steigende Leerstandsquote ist für Küspert allerdings unproblematisch. Ob im laufenden Jahr die Investments in der Noris wieder die Marke von einer Mrd. Euro – dann zum fünften Mal – erreichen, kann Küspert nicht sagen. Es sei nicht ausgeschlossen, denn es gebe noch größere Interessenten im Markt: „Der Start 2021 war durchwachsen, das Ende ist offen.“

Seetor City Campus: Auf dem früheren Coca-Cola-Gelände in Nürnberg-Mögeldorf entsteht ein neues Quartier für Gewerbe und Wohnungen. (Foto: Thomas Tjiang)

Neubauten in Mittelfranken

Die Neubauaktivitäten rund um Büroimmobilien in Mittelfranken haben sich im Schatten von Corona verlangsamt. In Erlangen wächst der Siemens-Campus im Süden der Stadt. Das erste Modul mit acht Bürogebäuden und rund 100 000 Quadratmetern für gut 5 500 Arbeitsplätze plus drei Parkhäuser und einem Fahrradparkhaus ist bereits seit vergangenem Jahr in Betrieb. Für das zweite Modul mit weiteren vier Bürogebäuden und dem repräsentativen Empfangsgebäude des Siemens-Campus haben die Arbeiten bereits begonnen. Die innovative Holzhybrid-Bautechnik aus Stahlbeton und Holz verkürzt durch Vorfertigung die Bauzeit. Der zweite Bauabschnitt soll bereits im nächsten Jahr fertig sein.

Spannend wird die Frage sein, was mit den bisherigen Siemens-Standorten in Mittelfranken geschieht, die bereits alle verkauft sind. So wurde beispielsweise das Objekt in der Nürnberger Von-der-Tann-Straße mit einer Grundfläche von über 110 000 Quadratmetern an die Eschborner Investa Projektentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH veräußert. Und das denkmalgeschützte Siemens-Verwaltungsgebäude, der sogenannte Himbeerpalast in Erlangen, wird künftig von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg genutzt.

Direkt gegenüber vom Siemens-Campus stellt die Erlanger Sontowski & Partner Group das Paul Carré noch in diesem Jahr fertig – mit rund 3 400 Quadratmetern Bürofläche, einer Bankfiliale sowie einem Hotel mit 177 Zimmern. Man habe bei der Vermietung keine Probleme gehabt, berichtet Geschäftsführer Sven Sontowski. Allerdings bescheinigt auch er dem Erlanger Büromarkt für das vergangene Jahr eine „reduzierte Nachfrage“. Je nach Branche habe eine gewisse Verunsicherung geherrscht, bei Unternehmen etwa aus der Digitalisierung sei davon aber nichts zu spüren gewesen.

Das laufende Jahr zeichnet sich aus seiner Sicht durch eine „große Nachfrage“ aus. Sontowski nennt als Beispiel dafür das große Interesse am Seetor City Campus gegenüber dem Business Tower der Nürnberger Versicherung in Nürnberg- Mögeldorf. Die Sontowski & Partner Group hatte das ehemalige Coca-Cola-Areal 2016 gekauft und entwickelt, sie errichtet dort die gewerblich genutzten Bauten mit einer Fläche von rund 25 000 Quadratmetern. Der Wohnturm Seetor Tower mit seinen 18 Etagen für rund 200 Wohnungen wird von der Essener Instone Real Estate Group AG realisiert. Die Erlanger GBI Holding AG erstellt 97 geförderte Wohneinheiten und hat ihren Part bereits Anfang des Jahres an einen offenen Immobilienfonds weiterverkauft. Baubeginn für das Großprojekt war im Januar dieses Jahres, 2023 soll das gesamte Objekt fertig sein.

In der Pipeline hat Sontowski u. a. noch einen zwölfstöckigen Büroturm auf dem Areal Neue Mitte Thon. Das exponierte 8 800 Quadratmeter große Grundstück an der Erlanger Straße soll einmal Platz für rund 19 000 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen bieten.

Allein in Nürnberg werden nach den Daten von Küspert & Küspert in diesem Jahr rund 37 000 Quadratmeter Bürofläche fertiggestellt – nach 56 000 Quadratmetern im Vorjahr. Die aktuell rund 135 000 Quadratmeter leerstehenden Büros machen Sontowski allerdings nicht nervös. „Nürnberg war und ist für uns ein Hidden Champion“, sagt der Firmenchef. Und mit Blick auf die gesamte Republik sei es „die beste B-Stadt in Deutschland“.

Die Attraktivität im Großraum wird auch durch die starke Nachfrage nach neuen, modernen Objekten bestätigt. Auch die Nachhaltigkeit der Gebäude, für die sich vor ein paar Jahren noch kaum ein Mieter interessiert hatte, spielt laut Immobilienexperten nun eine immer größere Rolle. Zum einen spart sich der Mieter bares Geld bei den Nebenkosten, der sogenannten zweiten Miete. Zum anderen sei ein nachhaltiger Firmensitz positiv für das Image des Unternehmens, viele Mitarbeiter achten zunehmend auf Umweltaspekte ihres Arbeitsplatzes. Sontowski strebt deshalb für alle seine Objekte eine Gold-Zertifizierung nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) an: „Das ist ein Muss, wenn Fonds unsere Projekte kaufen sollen.“ Ohne einen entsprechenden Nachhaltigkeitsnachweis kaufe kein großer institutioneller Anleger noch „Betongold“.

Luitpoldviertel in Nürnberg St. Peter: Die Bauarbeiten für das neue Quartier der KIB haben begonnen. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Am Campus Marienberg in Nürnberg in der Nähe des Flughafens hat gerade der Bau für den vierten Bauabschnitt der Tucher Offices begonnen. Das fünfgeschossige Gebäude mit einer Mietfläche von 7 300 Quadratmetern soll in zwei Jahren bezugsfertig sein, danach soll es gleich mit dem fünften Bauabschnitt weitergehen. Bauherr ist die Dr. Lorenz Tucher’sche Stiftung von 1503 und ihrem operativen Arm, der Tucher Stiftung Management GmbH. Das Besondere an ihren Immobilienprojekten sei die Einheit von „Eigentümer, Investor und Entwickler“, so Geschäftsführer Dr. Thomas Hörlbacher. Bei den Büros lege man Wert auf hochwertige Materialien, Flexibilität für verschiedene Raumkonzepte und ökologische Nachhaltigkeit. Damit habe man sich als Premiumanbieter für mittelständische Mieter aus Nürnberg und dem Großraum positioniert. Die Gebäude werden nach KfW-55 Standard errichtet, die Wärmeversorgung erfolgt über eine Biomasseheizanlage mit Hackschnitzel ausschließlich aus stiftungseigenen, heimischen Wäldern. Für die Gebäudekühlung kommen Kältemaschinen mit Strom aus einer Photovoltaikanlage zum Einsatz. Auf eine zusätzliche energetische Zertifizierung hat Hörlbacher aber verzichtet. Da man das Objekt nicht weiterverkaufe, spare man sich die Kosten von einer viertel bis zu einer halben Mio. Euro.

Am Nürnberger Nordring will die Hamburger Matrix Immobilien GmbH den Büro-Campus Noho im Stil des Szeneviertels Soho in Manhattan errichten. Auf dem ehemaligen Bahngelände sollen Büros mit einer Gesamtfläche von 22 600 Quadratmetern entstehen – im Industrie-Stil mit Open Spaces, Dachterrassen und grünen Höfen. Der Spatenstich ist im kommenden Jahr geplant.

Noch in diesem Jahr will die Nürnberger Umweltbank AG mit dem Bau ihres neuen Firmensitzes auf dem ehemaligen GfK-Areal am Nordwestring starten. Das Hochhaus soll die Firmenphilosophie auch in ökologischer Hinsicht nach außen transportieren. In dem Gebäudekomplex wird es auch vermietete Wohnungen sowie Büro- und Gewerbeflächen geben und im Umfeld viel Grün und Spielplätze.

Am Schleifweg, zwischen Kilianstraße und Nordring, sind bereits rund 80 Prozent der Flächen im Campus Dampfbäckerei vermietet. In den drei Gebäuden auf dem Areal der einstigen Dampfbäckerei steht eine Nutzfläche von rund 15 000 Quadratmetern für Gewerbe, Gastronomie und Büros zur Verfügung. Der Komplex, der von der Nürnberger Grundstücksgemeinschaft Höfen – Wagner/Streng GbR realisiert wurde, verfügt über ein eigenes Blockheizkraftwerk für die Wärmeversorgung und über Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge.

Eine Standorterweiterung plant die Hetzner Online GmbH mit Sitz in Gunzenhausen. In zusätzliche Rechenzentren sowie in Solaranlagen zur Stromversorgung will der Webhoster mehr als 20 Mio. Euro investieren. Im Umkreis von etwa 50 Kilometern werden deshalb rund 50 Hektar Ackerland gesucht. An dem neuen Standort können bis zu 200 neue Arbeitsplätze entstehen.

Grundig-Park: Der Investor May & Co. baut in Nürnberg-Langwasser ein Logistikzentrum für Amazon. (Foto: Thomas Tjiang) 

Revitalisierung

Das größte Revitalisierungsprojekt in Mittelfranken ist das Nürnberger The Q – das denkmalgeschützte ehemalige Quelle Versandzentrum. Die Baugenehmigung für den ersten Bauabschnitt wurde mittlerweile erteilt, sodass im Sommer mit der vollständigen Entkernung des Komplexes begonnen werden konnte. Zunächst realisiert der Düsseldorfer Projektentwickler Gerchgroup AG den Gebäudeteil für das Behördenzentrum der Stadt Nürnberg. In drei Jahren sollen dann 42 000 Quadratmeter Fläche für diverse Behörden der Stadt, darunter das Jugendamt und die städtische IT, bezugsfertig sein.

Nach jahrelanger Hängepartie hatte die Gerchgroup das Quelle-Areal im Jahr 2018 – laut Vorstandschef Mathias Düsterdick als „Zwischeninvestor“ – mit übernommen, um es als The Q zu revitalisieren. Düsterdick beziffert die Gesamtinvestition auf rund eine Mrd. Euro. Der Projektentwickler spricht von einer „marktkonformen Mix-Use-Immobilie“, in der Büros, Erdgeschossflächen für Einzelhandel und Nahversorgung sowie rund 1 000 Wohnungen entstehen.

Auch für das neue Nürnberger Stadtquartier Luitpoldviertel der KIB-Gruppe haben die Bauarbeiten begonnen. Auf dem 28 300 Quadratmeter großen Areal zwischen Regensburger-, Scharrer- und Hainstraße – dem ehemaligen Standort des Autohauses Krauss – werden Räume für Büro, Handel und Dienstleistung realisiert. Der erste Bauabschnitt mit Service-Wohnungen für Senioren, Mikro-Apartments und Mietwohnungen soll bis Mitte 2023 fertig sein. In den denkmalgeschützten Gebäuden sollen Räume z. B. für Einzelhandel, Büros, Dienstleistungen oder Coworking entstehen.

Weiterentwickelt wird das innenstadtnahe Gelände der Bahn-Tochter Aurelis Real Estate GmbH, das zehn Hektar große Kohlenhof-Areal. Zusätzlich zum bereits vorhandenen Orange Campus des Marktforschers GfK und zum Datev Cube gibt es nun grünes Licht für zwei weitere Büroimmobilien, sodass sich die Fläche auf dem Areal auf rund 75 000 Quadratmeter verdoppelt. Einer der beiden Gebäudekomplexe soll als Tor zum Kohlenhof 17 Geschosse bekommen. Im Bestand bleibt die angrenzende, ehemalige Hauptverwaltung des Güterbahnhofs, die in den nächsten Jahren unter dem Projektnamen Kohlektiv aufwändig saniert wird. Die historische Industriearchitektur des vierstöckigen Kopfbaus und der dreistöckige Längsbau aus dem Jahr 1963 sollen erhalten bleiben und in Räume mit moderner Arbeitsumgebung verwandelt werden. Dort wird das Nürnberger Aurelis-Büro selbst einziehen, um von dort die Projekte Kohlenhof und Marienzeile sowie den neuen Stadtteil Lichtenreuth mit der Technischen Universität Nürnberg zu koordinieren.

Rund 180 Mio. Euro investiert die P&P Gruppe GmbH, um auf einer Brachfläche an den Bahngleisen den Hornschuch-Campus in Fürth zu errichten. Das Großprojekt auf einer Grundfläche von über 35 000 Quadratmetern soll einmal ein Hotel, Gewerbebetriebe, Forschung und Wohnungen beherbergen. Hervorstechen wird auf dem Areal ein siebengeschossiger Turm. Den historischen, verfallenen Lokschuppen am Ende des Geländes will P&P zu einem Kulturstandort machen.

Die P&P Gruppe hat auch die langjährige Hängepartie um das einstige City-Center in Fürth beendet. Kurz vor der für September geplanten Wiedereröffnung als „Flair“ waren die insgesamt 18 000 Quadratmeter Verkaufsflächen mit rund 60 Geschäften, Dienstleistern und Gastronomie nahezu komplett belegt. Statt eines reinen Einkaufszentrums wollte P&P auch Raum für Freizeitangebote schaffen. Ein Fitness-Parcours, Spielmöglichkeiten oder ein großes Aquarium mit 21 Kubikmetern sollen beispielsweise für Unterhaltung sorgen.

Der boomende Online-Handel in Pandemiezeiten und Störungen der globalen Lieferketten rücken das Thema Logistikimmobilien noch stärker in den Vordergrund. Die Investoren tragen ihre Wünsche nach Neuansiedlungen oder Erweiterungen, die teils bereits seit Jahren bestehen, nun noch drängender vor. Das betrifft sowohl das Städtedreieck Nürnberg – Fürth – Erlangen als auch das Umland, erklärt Stefan Moor, Head of Industrial and Logistics Letting bei dem Nürnberger Beratungsunternehmen Logivest GmbH, das auf Logistikimmobilien spezialisiert ist. Bei den Logistik-Neubauten dominiere aber mittlerweile eindeutig das Umland: Im vergangenen Jahr seien in der Logistik-Region 120 000 Quadratmeter verkauft worden – und diese fast vollständig außerhalb von Nürnberg. „Die Nachfrage wächst bei allen Arten von Logistikimmobilien – vom Distributionslager bis zum Cross-Dock.“ Beim Cross-Docking übernimmt der Logistiker die Kommissionierung in neue Einheiten, die Konfektionierung oder die Etikettierung. Speziell die Flächengesuche von Seiten der Online-Händler nehmen laut Moor – verstärkt durch die Pandemie – weiter zu.

In Buchschwabach hat die Dataform Dialogservices GmbH ihren neuen Stammsitz errichtet. (Foto: Thomas Tjiang) 

Logistik-Projekte 

Zu den wenigen aktuellen Logistik-Projekten auf dem Nürnberger Stadtgebiet gehört das Verteilzentrum für den Versandriesen Amazon. May & Co. entwickelt es auf einem Teil des ehemaligen Grundig-Areals in Nürnberg-Langwasser auf einem 62 500 Quadratmeter großen Grundstück. Zusätzlich will der Projektentwickler P3 Logistic Parks GmbH in Allersberg direkt an der A 9 einen großen Logistikkomplex für Amazon auf einer Grundstücksfläche von 190 000 Quadratmetern bauen. Der Widerstand gegen dieses Großprojekt im geplanten Gewerbegebiet West I ist aber beträchtlich. Zwei Bürgerentscheide im letzten Jahr haben die Gemeinde gespalten, ein Verkehrsgutachten zu beiden Gewerbegebieten verstärkt die Angst vor einer Lkw-Lawine. Diskutiert wird auch darüber, ob die zu erwartende Gewerbesteuer diesen großen Eingriff in die Landschaft wert ist und ob nicht besser dem heimischen Gewerbe mehr attraktive Flächen angeboten werden sollten.

Dagegen verfolgt P3 Logistic Parks in Ansbach einen sogenannten „spekulativen Ansatz“. Der Entwickler von Logistikimmobilien und langfristige Eigentümer baut dort quasi auf Vorrat einen neuen Logistikkomplex mit 31 000 Quadratmetern. Damit reagiert der Investor auf die boomende, aber flächenarme Logistikregion. Insbesondere im Gewerbe- und Industriegebiet Brodswinden und im Gewerbepark Ansbach-West haben sich bereits in den letzten Jahren viele Logistiker angesiedelt. 

Die Stadt Ansbach sieht sich wegen ihrer geografisch günstigen Lage zwischen den Ballungsräumen Frankfurt, Stuttgart, Rhein-Neckar, Nürnberg und München als interessanten Standort für verschiedene Nutzungsarten der Logistik. Zusätzlich wird eine enorme Nachfrage aus der E-Commerce-Logistik beobachtet. Für die aktuell über 18 Hektar vermarktbaren Gewerbegrundstücke an den beiden Standorten wurden Vergabekriterien zur Bewertung der Anfragen entwickelt. Sie beleuchten insbesondere die Aspekte zusätzliche Arbeitsplätze, Potenzial für Gewerbesteuern und ökologische Auswirkungen der Ansiedlung.

Das Fürther Familienunternehmen Uvex Winter Holding GmbH & Co. KG ersetzt sein bestehendes Logistikzentrum in Schwabach. Das neue Logistik- und Servicezentrum soll bis 2023 auf 35 000 Quadratmetern im Gewerbegebiet Süd von Rednitzhembach entstehen. Damit reagiert die weltweit tätige Unternehmensgruppe auf die wachsende Nachfrage nach ihren Produkten in den Bereichen Sport und Arbeitssicherheit. Zunächst sollen die rund 90 Schwabacher Mitarbeiter nach Rednitzhembach umziehen, mittelfristig könnten dort bis zu 200 Menschen tätig sein.

Die Dataform Dialogservices GmbH aus Ammerndorf verlegt derzeit ihren Stammsitz ins Gewerbegebiet Buchschwabach, einem Ortsteil von Roßtal. 14 Monate nach Spatenstich bündelt der Spezialist für Dialog-Marketing mit dem schrittweisen Umzug die drei bestehenden Standorte in ihrem Neubau. Die neuen Räumlichkeiten auf einem 150 000 Quadratmeter großen Teilstück eines Gewerbe- und Fulfillment-Zentrums bieten moderne Intralogistik und Raum für weiteres Wachstum.

Der Bio-Händler Ebl-Naturkost GmbH & Co. KG verdoppelt die Fläche seines Stammsitzes von derzeit rund 7 500 Quadratmetern auf der Fürther Hardhöhe. Die Erweiterung für Logistik, Produktion und Verwaltung wurde schon beim Umzug auf das Gelände vor zehn Jahren flächenmäßig eingeplant. Ohne diese Vorsicht wäre die Vergrößerung in dem ausverkauften Gewerbegebiet nicht mehr möglich. In der Zentrale arbeiten aktuell rund 130 Mitarbeiter. Insgesamt beschäftigt das 1994 in Nürnberg gegründete Unternehmen, das im Jahr 1998 den IHK-Gründerpreis gewann, rund 700 Mitarbeiter, die in Kürze 31 Ebl-Märkte betreuen.

Noch eine grüne Wiese: Hoch umstritten ist die mögliche Ansiedlung eines Amazon-Logistikzentrums neben der ICE-Trasse bei Allersberg. (Foto: Thomas Tjiang)

Einzelhandel

In der Nürnberger Südstadt sorgt Ten Brinke Bayern, Tochter der niederländischen Ten Brinke Group B. V., für neues Leben auf dem Gelände des einstigen Horten und späteren Kaufhofs. Das Objekt im Herzen der Südstadt stand seit 2012 leer und wurde abgerissen. Unter dem Namen Schocken-Carré, der an das Schocken-Kaufhaus aus dem frühen 20. Jahrhundert erinnert, wird nun ein moderner Wohn- und Geschäftskomplex errichtet. Für das Untergeschoss mit direktem U-Bahn-Anschluss sind Discounter und Fachmärkte vorgesehen. Das Erdgeschoss soll u. a. einen Edeka-Lebensmittelvollsortimenter beheimaten. Die Parkplatzebene folgt im ersten Obergeschoss, dann folgen fünf Etagen Wohnungen um einen als Atrium begrünten Innenhof.

Dieses Projekt kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch die Corona-Pandemie insbesondere der innenstädtische Markt für Einzelhandelsimmobilien empfindlich getroffen wurde. Marktbeobachter Wolfgang P. Küspert spricht von „drastisch sinkenden Mieten von bis zu 30 Prozent“. Corona habe wie ein Beschleuniger gewirkt, der die Defizite der Stadtentwicklung der letzten Jahre offenbart habe. Derzeit stünden in Nürnberg fast 20 größere Geschäfte leer.

Küspert stellt sich für die Zukunft mehr Gastronomie, Kultur und Erlebnisräume in der Innenstadt, aber auch mehr Wohnen vor, um die Aufenthaltsqualität in der Altstadt wieder zu erhöhen. Dazu bräuchte es auch neue Mobilitätskonzepte, um Erreichbarkeit und Bequemlichkeit sicherzustellen. Er denkt dabei allerdings nicht zwingend an den eigenen Pkw. Vor zehn Jahren habe er noch Pläne abgelehnt, die Königstraße ab dem Königstor zur Fußgängerzone zu machen. Mittlerweile halte er das Vorhaben aber auch mit Blick auf die Touristen, die vom Hauptbahnhof in die City wollen, für sinnvoll.        

Allerdings ist das Geschäft mit Einzelhandelsimmobilien nicht durchgängig negativ, wie Tucher-Stiftungs-Manager Hörlbacher berichtet. Die Tucher Stiftung habe in der Pandemie Flächen um die 100 Quadratmeter in bester Lauflage „neu und mit höheren Mieten“ unter Dach und Fach gebracht. Unter den Neumietern befand sich sogar ein Gastronom, eigentlich eine Branche, die besonders lang vom Lockdown gebeutelt wurde. Für Hörlbacher ist aber klar: „Der Trend zu mehr Gastronomie in der Innenstadt legt weiter zu.“

Wichtig sei, die Innenstädte für zahlreiche verschiedene Nutzungen attraktiv zu machen, so IHK-Immobilienexpertin Antonia Lehner. „Da der Platz in den Städten knapp wird, sind unter anderem innovative bauliche Maßnahmen gefragt. Wir brauchen intelligente Lösungen, damit es zu einer guten Mischung der verschiedenen Nutzungen wie Wohnen, Handel, Gastronomie, Dienstleistungen und Kultur kommt. Gewerbe und Wohnen müssen konfliktfrei nebeneinander bestehen können.“ Durch eine solche Multifunktionalität würde mehr Leben in die Zentren kommen. Davon würden die dortigen Gewerbebetriebe profitieren. „Denn da wo gewohnt und gearbeitet wird, sind auch Geschäfte und Gastronomie gefragt“, so Lehner.

Zuzunehmen scheint der Bürgerprotest gegen Großprojekte – siehe Amazon-Logistikzentrum in Allersberg. Gescheitert ist das Projekt Center Parcs am Brombachsee, das der Ferienkonzern auf einem einstigen Militärgelände errichten wollte. Rund 360 Mio. Euro wollte er in die Feriensiedlung mit gut 800 Häusern investieren, die für eine Mio. Übernachtungen pro Jahr sorgen sollten. Nach einem knappen Bürgerentscheid gegen das Vorhaben in der besonders betroffenen Gemeinde Pfofeld zog sich Center Parcs schließlich zurück.

Breiter Protest regt sich auch gegen das geplante ICE-Ausbesserungswerk der Bahn, für das neun Standorte in Mittelfranken in der engeren Auswahl sind. Für 400 Mio. Euro soll das Werk auf bis zu 45 Hektar – möglichst nah zum Nürnberger Hauptbahnhof und entlang einer vorhandenen ICE-Strecke – entstehen. Bei den lokalen Bürgerprotesten und in den Stellungnahmen der jeweiligen Bürgermeister wird viel mit Klimawandel und Baumschutz argumentiert und gehofft, dass die Bahn vor allem die eigene Umgebung verschone. Die Bahn versuchte bislang vergeblich, im direkten Bürgerdialog zu überzeugen, und setzt im Herbst auf ein Raumordnungsverfahren.

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2021, Seite 128

 
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