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Lüther

Gunzenhausener Guss

Kaspar Lüther © Thomas Tjiang

Firmenchef Axel Lüther mit Tochter Miriam, die die vierte Generation des Unternehmens repräsentiert.

Als energieintensives Unternehmen geht die Firma Lüther die betriebliche Energiewende an.

Die Gunzenhausener Zinkdruckgießerei Kaspar Lüther GmbH & Co. KG war schon im vergangenen Jahr besorgt über die Preisentwicklung für Energie: Das Familienunternehmen ist ein energieintensiver Nischenanbieter, was insbesondere am Schmelzen von Zink bei 420 Grad liegt. Der Energieverbrauch verursacht deshalb einen hohen Anteil der Produktionskosten. Das war allerdings noch vor der russischen Invasion in der Ukraine derFall, durch die die Energepreise weiter nach oben gestiegen sind: Neben dem Thema Bezahlbarkeit rückt nun auch der Aspekt Versorgungssicherheit sowie die Dekarbonisierung der Energieversorgung in den Fokus.

Auch beim Umbau der Wirtschaft in Richtung erneuerbare Energien erwartet Geschäftsführer Axel Lüther eine klare Haltung von der Politik: Für das anstehende Vorhaben einer betrieblichen Photovoltaikanlage wünscht er sich Planungssicherheit über die nächste Wahl hinaus. Er denkt dabei an flexible Sonderabschreibungen für Photovoltaik-Anlagen. Der Wirtschaftsingenieur, Jahrgang 1959, hätte die betriebliche Energiewende gar nicht angefasst, wenn seine beiden Kinder im vergangenen Jahr nicht bereits ihr Interesse an einer Nachfolge bekundet hätten. Sohn Jonas, Jahrgang 1990, hat einen Master of Science in der Tasche, ebenso wie seine Schwester Miriam, Jahrgang 1991. Sie arbeitet bereits in der Firma mit.

In der Geschäftssparte Zinkdruckguss entstehen Produkte, die sich überall im täglichen Leben wiederfinden. Die klassischen Abnehmer wie der Automobilbau oder die Möbel- und die Beschlagindustrie gehören aber nicht zum Kundenkreis. Der Fokus liegt auf der Antriebs- und Medizintechnik sowie der Elektrobranche.

Die Spezialität von Kaspar Lüther sind nach eigenen Angaben "kleine Stückzahlen, ausgeprägte Individualität und höchste Qualität". Auf diese Weise will der Nischenanbieter eine hohe Wertschöpfung erzielen. Während Massenanbieter auf Mengen von mehreren hunderttausend Teilen oder gar auf Millionenauflagen setzen, produzieren die Gunzenhausener eher in einer Größenordnung von 50 bis 5 000 Stück. "Für diese individuellen Lösungen schätzen uns unsere Kunden", so Lüther. Das Stückgewicht liegt in der Regel zwischen zehn Gramm und zweieinhalb Kilo.

Zu diesem technisch anspruchsvollen Guss kommt die Komplettbearbeitung der Gussteile. Dazu gehören zum Beispiel die CNC-Bearbeitung und die Montage von Baugruppen. Die Qualität seines Zinkdruckgusses – davon ist Axel Lüther überzeugt – zeigt sich in der Präzision, die im Bereich von Bruchteilen eines Millimeters liegt – und das, obwohl die Legierungen aus Zink, Aluminium und Kupfer ihre Maße nach dem Abgießen noch leicht verändern können. Gerade durch die jahrzehntelange Erfahrung in der klassischen CNC-Bearbeitung wisse man, wie sich bei den Zinkdruckgussteilen die engsten Toleranzen prozesssicher einhalten lassen.

Für fast alles ein passendes Gussteil

In der Regel könne man für fast alle Aufgaben ein passendes Gussteil entwickeln. Das erfülle neben den technischen Anforderungen zusätzliche Aspekte, die er unter dem Schlagwort "Mitdenken" zusammenfasst. Dazu gehört beispielweise auch ein selbstentwickeltes ERP-System, das bei der Auftrags- und Qualitätssteuerung unterstützt. Darin werden Prüfergebnisse elektronisch dokumentiert und ausgewertet sowie individuelle Kundenwünsche hinterlegt.

Außerdem finden sich im System, das sich kontinuierlich anpassen und erweitern lässt, Besonderheiten der Kundenlogistik und der Fertigung oder produktionsbezogene Unterlagen. Faktoren wie die termingerechte Lieferung und exakte Stückzahlen auch bei vierstelligen Losgrößen bekommen in der Kundenbeziehung einen immer größeren Stellenwert.

Als Lüther 1995 in dritter Generation die Geschäftsführung übernahm, setzt er eigene Akzente. So gelang es ihm drei Jahre später, als erste Zinkgießerei in Bayern nach dem damaligen EG-Umweltaudit zertifiziert zu werden. Außerdem führte er ein Qualitätsmanagement-System nach DIN ISO 9001 ein. Mit einigem Stolz verweist er auch auf die zahlreichen Auszeichnungen, die er immer wieder bei den Zinkdruckgusswettbewerben gewonnen hat. Dabei wird neben Konstruktion und Formenbau auch die Ressourcen- und Energieeffizienz mit einem Platz auf dem Siegertreppchen belohnt. Gerade beim Umweltmanagement sieht er noch einige Herausforderungen. Intern werden bereits Reste aus der Produktion immer wieder eingeschmolzen.

Übergabe steht an

Darüber hinaus beobachtet er die politischen Entwicklungen, die etwa für Zink eine Art Recyclingquote oder für die Unternehmen eine Ökobilanz zur Pflicht machen. Man müsse sich auch mit dem Thema CO2-neutrale Zulieferungen beschäftigen. Allerdings fällt aus seiner Sicht die Umweltbilanz des Materials Zink deutlich positiver aus als etwa in einer Kunststoffspritzerei oder beim Aluminiumdruckguss. In welche Richtung das betriebliche Umweltmanagement in Zukunft gehen soll, will Axel Lüther aber der vierten Generation des Familienunternehmens überlassen.

Bei dem anstehenden Stabwechsel im übernächsten Jahr will der Senior ein wirtschaftlich gut bestelltes Haus übergeben. Im vergangenen Jahr wuchs die Belegschaft leicht auf 62 Beschäftigte an. Der Umsatz des Familienunternehmens blieb stabil bei rund fünf Mio. Euro. Für Axel Lüther sei eher entscheidend, was unter dem Strich herauskommt: "Ich bin nicht umsatz-, sondern ergebnisorientiert", so der Unternehmer. Sowohl in der Finanzmarktkrise 2008 als auch im ersten Corona-Jahr brach der Umsatz teils um ein Viertel ein, das Ergebnis konnte aber im positiven Bereich gehalten werden. Man arbeite grundsätzlich mit Eigenmitteln, dafür bleibe allerdings das erwirtschaftete Geld auch in der Firma.

Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis in das Jahr 1935 zurück: Damals wurde der Zinkbereich aus dem Essener Schwerindustrie-Unternehmen Krupp ausgegliedert. Der Krupp-Ingenieur Kaspar Lüther wagte den Schritt in die Selbstständigkeit: Auf dem Gelände des Stahlkonzerns produzierte er mit seiner Präzisionsspritzgießerei Baugruppen für Registrierkassen. Als das Areal 1943 bombardiert wurde, verlegte er die Firma ins mittelfränkische Gunzenhausen in eine ehemalige Wurstfabrik.

Zehn Jahre später musste der Neu-Mittelfranke krankheitsbedingt seine Firma an seinen 22-jährigen Sohn Walter Lüther übergeben.  Als 1987 mit Axel Lüther die dritte Generation einstieg, brachte er auch gleich den ersten Computer in die Verwaltung. Allerdings sei es für ihn überhaupt nicht selbstverständlich gewesen, in den Familienbetrieb einzusteigen: "Mein Vater hat mir alle Freiheiten bei der Entscheidung gelassen." Nach diesem Vorbild will auch Axel Lüther die Firma übergeben.

 

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2022, Seite 82

 
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