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Reform des EU-Zollrechts

Wann wird alles digital?

Frachtschiff Container Ordner Unterlagen © horstgerlach/GettyImages.de

Die IHK-Organisation macht Druck: Die Zollprozesse müssen endlich vereinfacht werden.

Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Zollverwaltungen der EU-Staaten die Warenströme effizient und reibungslos abfertigen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet allerdings, dass die Bürokratie zunehmen wird. Denn der Rechtsrahmen des Unionszollkodex (UZK) werde ständig erweitert und dadurch für die Unternehmen und den Zoll immer weniger überschaubar und beherrschbar.

Die deutsche IHK-Organisation fordert eine schnelle Modernisierung des Zollrechts – vor allem die Digitalisierung sämtlicher Zollprozesse und die IT-technische Verknüpfung aller beteiligten Akteure. Die Bandbreite möglicher Vereinfachungen sei groß, so der DIHK. Ansätze sind die Digitalisierung und Flexibilisierung von Zollverfahren – beispielsweise durch die sogenannte „Zentrale Zollabwicklung bei der Einfuhr“ oder das „Single Window“ (einmalige Eingabe von Zolldaten und Dokumenten an einem zentralen Ort), sodass zeitraubende Mehrfacheingaben entfallen. Der DIHK fordert ein durchgängiges elektronisches Zollmanagement, denn nur so könnten die Vorzüge der Digitalisierung auch wirklich ausgeschöpft werden.

Anders als 2016 im UZK festgelegt, ist es der EU und den Mitgliedstaaten laut DIHK nicht gelungen, sämtliche Zollverfahren in der vorgesehenen Übergangsfrist bis Ende 2020 zu digitalisieren. Stattdessen soll die Implementierung der zollbezogenen IT-Verfahren erst Ende 2025 abgeschlossen sein – zehn Jahre nach Inkrafttreten der Bestimmungen. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass Verbesserungen bisher nur sehr eingeschränkt spürbar sind. Dass die Fortschritte bei der Umsetzung des UZK unzureichend sind, gesteht die EU-Kommission auch selbst in ihrem eigenen Halbzeitbericht vom Mai 2022 ein.

Reformvorschläge für die EU-Zollunion

Die „Wise Persons Group“ (WPG), ein aus zwölf hochrangigen externen Fachleuten zusammengesetztes Gremium, veröffentlichte Ende März 2022 einen „Bericht zur Reform der EU-Zollunion“. Er stellt den gestiegenen Handlungsdruck fest, die Modernisierung des EU-Zollrechts endlich zu forcieren. Einige wichtige Empfehlungen betreffen die Bereiche Digitalisierung, Harmonisierung und Vereinfachung des EU-Zollrechts. So wird zum Beispiel die Notwendigkeit eines neuen Ansatzes bei der Erhebung und Nutzung von Zolldaten betont. Insbesondere sollten die zuständigen Behörden bereits existierende Daten für Zollverfahren nutzen, anstatt zusätzliche Daten allein für Zollzwecke abzufragen.

Des Weiteren bekräftigt der Bericht, dass Zollbehörden bei besonders vertrauenswürdigen Unternehmen (sogenannte „Authorised Economic Operators“ AEO) Risikokontrollen und Zollabgaben nicht mehr bei jeder einzelnen Sendung ansetzen. Stattdessen könnten diese Vorgänge periodisch zusammengefasst in regelmäßigen Zeitabständen erfolgen. Dies würde Unternehmen mit AEO-Status unter anderem einen Liquiditätsvorteil verschaffen. Nach Meinung des DIHK fehlt in dem Bericht allerdings eine klare Aufforderung, rechtlich bereits geregelte Vereinfachungen für AEOs schnellstmöglich umzusetzen. Ein Beispiel: Der UZK legt schon heute fest, dass Unternehmen für alle Zollschulden, die möglicherweise bei der Nutzung vieler verschiedener Zollverfahren in vielen verschiedenen Mitgliedstaaten entstehen, nur eine einzige Gesamtbürgschaft hinterlegen müssen. Die IT-technische Umsetzung dieser und anderer Vereinfachungen dürfe angesichts neuer Vorschläge nicht unter den Tisch fallen, so der DIHK.

Darüber hinaus kritisiert die IHK-Organisation, dass der WPG-Bericht keine klaren Empfehlungen für eine konsequente Entbürokratisierung der Zollverfahren enthält. Im Gegenteil: Mit der Schaffung einer neuen EU-Zollbehörde oder der Einführung eines neuen, nur sehr vage beschriebenen Systems zur Hinterlegung von Zollsicherheiten („ABC-Modell“) drohten zusätzliche bürokratische Strukturen. Der DIHK fordert dagegen deutlich weniger Bürokratie. Der Unionszollkodex und die Zollunion sollten regelmäßig darauf überprüft werden, ob es mögliche Entlastungen von Unternehmen und Zoll gibt.

Die EU-Kommission beabsichtigt, auf Grundlage des WPG-Berichts bis Januar 2023 ein umfassendes Paket für die Zollreform vorzulegen. Der DIHK hat sich in enger Abstimmung mit den IHKs intensiv an den Konsultationen beteiligt und seine „Vorschläge für Vereinfachungen im EU-Zollrecht“ in Brüssel platziert. Er wird sich auch künftig in Reformvorhaben im Zollbereich für eine Entlastung der Wirtschaft einsetzen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2022, Seite 32

 
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