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Hinweisgeber

Mehr Schutz für Whistleblower

MARKT_Mehr-Schutz-fuer-Whistleblower-WiM-2023-6-7-GettyImages-Nanzeeba-Ibnat © Nanzeeba Ibnat/GettyImages.de

Wer auf Missstände aufmerksam macht, wird jetzt besser vor Repressalien geschützt. Was müssen Betriebe beachten?

Hinweisgeber, die auf Straftaten oder andere Missstände in Unternehmen oder Organisationen aufmerksam machen, genießen einen besseren Schutz. Das ist das Ziel des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG), das nun endlich voraussichtlich Mitte Juni 2023 in Kraft treten wird. Nach dem Bundestag hat jetzt auch der Bundesrat in seiner Sitzung am 12. Mai 2023 dem geänderten Gesetzesentwurf zugestimmt. Nur die Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt stand zum Redaktionsschluss dieser "WiM" noch aus. Das Gesetz war nach seiner Verabschiedung im Dezember 2022 zunächst am Bundesrat gescheitert. Jetzt kam es Anfang Mai zu einer Einigung über die Änderungen am Gesetz, die der Bundesrat für erforderlich hielt.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Durch das Gesetz werden Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten verpflichtet, sichere interne Hinweisgebersysteme zu installieren und zu betreiben, an die sich Hinweisgeber ("Whistleblower") wenden können. Während kleinere Unternehmen, die zwischen 50 und 249 Beschäftigte haben, für die Umsetzung bis 17. Dezember 2023 Zeit haben, müssen alle größeren Unternehmen die entsprechenden Meldesysteme mit dem Inkrafttreten des Gesetzes (also voraussichtlich ab Mitte Juni 2023) zur Verfügung stellen. Wer sich in größeren Unternehmen bis jetzt noch nicht um entsprechende Meldewege und -einrichtungen gekümmert hat, sollte dies jetzt in die Wege leiten. Sollte im Betrieb ein Betriebsrat bestehen, ist dieser einzubeziehen. Das HinSchG lässt dem Unternehmen als Arbeitgeber zwar durchaus Gestaltungsspielräume. Die konkreten Gestaltungen können im Einzelfall aber der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen.

Das HinSchG gilt umfassend für die Meldung oder Offenlegung von Verstößen gegen geltendes Recht, unabhängig ob es sich um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten handelt. Ursprünglich sollte jede Person, die auf Verstöße hinweist, durch das Gesetz geschützt werden. Im Vermittlungsausschuss wurde dieser Schutz eingeschränkt. Voraussetzung ist jetzt, dass sich die Hinweise auf den Arbeitgeber des Whistleblowers oder ein Unternehmen in seinem beruflichen Kontext beziehen.

Das Gesetz geht davon aus, dass die Unternehmen ihre Meldesysteme in der Regel mit einer internen Meldestelle aufbauen. Der Zugang zu dieser muss dem Hinweisgeber mündlich, schriftlich oder auf Wunsch auch persönlich möglich sein. Anders als in der ursprünglichen Gesetzesfassung muss die Möglichkeit für anonyme Meldungen nicht mehr gegeben sein. Nach dem Gesetz sollen diese nur noch bearbeitet werden; es besteht keine Verpflichtung mehr. Der Whistleblower wird gesetzlich angehalten, seine Mitteilungen bevorzugt an die interne Meldestelle zu machen.

Eigentlicher Zweck des HinSchG ist der Schutz des Whistleblowers. Zu diesem Zweck enthält das Gesetz eine Beweislastumkehr. Wird der Whistleblower im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt, wird gesetzlich vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. Repressalien können nach dem Gesetz Handlungen oder Unterlassungen sein, die eine Reaktion auf die Mitteilung sind und zu einem ungerechtfertigten Nachteil für den Whistleblower führen oder führen könnten. Diese gesetzliche Vermutung soll jetzt nur noch gelten, wenn der Whistleblower dies geltend macht. Wie sich diese Einschränkung praktisch auswirken wird, bleibt abzuwarten. Das betrifft beispielsweise die Anforderungen, die der Whistleblower erfüllen muss, wenn er die Repressalie darlegt. Verstöße gegen das HinSchG sind bußgeldbewehrt. Die maximale Höhe des angedrohten Bußgeldes beträgt nur noch 50 000 Euro, statt der ursprünglich geplanten 100 000 Euro

Im Umgang mit Whistleblowern ist Umsicht geboten: Wird ihre Identität bekannt, kann es eine Repressalie im Sinne des HinSchG darstellen, wenn man sie bei einer in Aussicht genommenen Beförderung nicht berücksichtigt, sie versetzt werden oder eine Befristung nicht verlängert wird. Das interne Meldesystem sollte daher sicherstellen, dass die Identität eines Whistleblowers nicht den Entscheidern über personelle Maßnahmen bekannt wird oder werden kann.

Sorgfältig dokumentieren

Ist dies nicht möglich, sollten die Entscheidungsprozesse sachlich dokumentiert werden. Damit sollen die Entscheidungen nachvollziehbar gestaltet werden und zumindest die Möglichkeit geboten werden, die laut Gesetz vermutete Repressalie zu widerlegen. Kann das Unternehmen die Vermutung nicht widerlegen, drohen neben Bußgeldern auch Schadenersatzansprüche des Whistleblowers. Dass kein Anspruch auf Abschluss eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses oder eines sonstigen Vertrages besteht, ist vor diesem Hintergrund nur eine geringe Erleichterung für die Betriebe.

Autor/in: 

Dr. Michael Au

Rechtsanwalt Dr. Michael Au ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Fries Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Nürnberg (www.fries.law).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2023, Seite 31

 
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